Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/00      Seite 5
 
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Zweckentfremdung von Wohnraum

In der Theorie ist alles in Butter: Hauseigentümern in Oldenburg und 22 anderen niedersächsischen Städten und Gemeinden ist es untersagt, Wohnräume in gewerblich genutzte Fläche umzuwandeln und dort z. B. Läden, Arzt- und Anwaltspraxen, Büros oder Pensionen einzurichten. So soll dem Wohnungsmangel entgegengewirkt, Wohnraum geschützt und die Umwandlung der Innenstädte in sozial verödete, nach Ladenschluß menschenleere Gewerbebrachen behindert werden. Nach dem Inkrafttreten der entsprechenden Regelung hatte damals Stadtbaurat Schutte angekündigt, daß die Verordnung in Oldenburg streng gehandhabt werde und die Behörde sich zur Kontrolle "aller möglichen Quellen" bedienen wolle. Dem Zweckentfremdungsverbot kann mit Geldbußen bis zu 20 000 DM nachgeholfen werden, die Behörde kann verlangen, daß ein Umbau für die Umnutzung von Wohnraum wieder rückgängig gemacht wird.

So weit, so gut. Die Praxis in Oldenburg sieht allerdings anders aus. Während z.B. in Hannover vier Angestellte der Stadt allein damit beschäftigt sind, Zweckentfremdung von Wohnraum aufzudecken und rückgängig zu machen, steht in Oldenburg dafür nur eine Viertel-Stelle zur Verfügung. Mit so wenig Energie und Zeit läßt sich nicht viel bewirken. Deshalb verwundert es nicht, daß die Stadtverwaltung kaum reagiert, wenn sie auf Zweckentfremdung von Wohnraum hingewiesen wird.

Eineinhalb Jahre Warten auf Antwort

Bereits im Oktober 1997 nannte die Grünen- Fraktion im Oldenburger Stadtrat der Verwaltung drei Fälle, bei der nach ihrer Meinung eine Zweckentfremdung vorliegen könnte. In zwei Fällen (Haus Hindenburgstraße 22, in denen ein Tiefenwärmestudio eingerichtet worden war, und Haus Herbartstraße 1, in dem sich ehemals eine Apotheke und eine Wohnung befanden) sagte die Verwaltung eine Prüfung zu und kündigte Bußgeldverfahren bzw. Ordnungsverfügungen zur Wiederherstellung von Wohnraum an. Sie berichtete jedoch von sich aus nie wieder über diese Angelegenheit.

Mit einer erneuten Anfrage vom 24.2.99 bat die Ratsfraktion um eine Stellungnahme zu dem Sachverhalt. In einer Ausschußsitzung am 18.3.99 erklärte die Verwaltung schließlich zum Haus Herbartstraße 1, daß hier eine gewerbliche Nutzung von weniger als 50 % der Gesamtwohnfläche vorliege und dies unschädlich sei. Das Studium der örtlichen Zeitung brachte den Grünen jedoch andere Erkenntnisse: "Der Eigentümer wirbt mit Anzeigen, wonach auf 400 Quadratmetern eine gewerbliche Nutzung stattfindet. Lediglich 80 Quadratmeter werden zu Wohnzwecken genutzt. Demnach handelt es sich hier eindeutig um ein Vergehen nach der Zweckentfremdungsverordnung , welches der Bauverwaltung, die die Umbaumaßnahmen begleitet hat, bekannt ist." (Aus der Presseerklärung der Grünen) Die Fraktion forderte die Bauverwaltung zu einer eindeutigen Stellungnahme auf.

Zum Haus Hindenburgstraße teilte die Verwaltung ebenfalls im März 99 mit, daß nur 42,41 % der Gesamtwohnfläche gewerblich genutzt würden und eine Genehmigung auf Zweckentfremdung erteilt worden sei. Vertreter der Grünen wie der Fraktion OLLI/PDS wiesen jedoch die Verwaltung darauf hin, daß die frühere Wohnung ausschließlich gewerblich genutzt werde und nur ein Zimmer als Privatbereich abgetrennt sei. Im Januar 2000 forderten die Grünen die Verwaltung erneut zu einer eindeutigen Stellungnahme zu den genannten Häusern auf.

Präzedenzfall?

Zu dem ebenfalls benannten Haus Teichstraße 4 hatte die Verwaltung erklärt, daß das Bauordnungsamt hier im Dezember 98 eine Baugenehmigung erteilt habe. Der Eigentümer wolle die Fassade des Hauses aufbrechen und im Hochparterre eine Garage einrichten. Doch bisher ist nichts geschehen. Seit drei Jahren steht das Baudenkmal Teichstraße 4 leer, ohne daß Renovierungs- und Umbauarbeiten stattgefunden haben. Durch Leerstand ohne Beheizung der Wohnungen besteht die Gefahr der Schädigung der Bausubstanz. Die Grünen befürchten zu Recht einen gefährlichen Präzedenzfall und fragen die Verwaltung auch in diesem Fall nach den Gründen für ihre Untätigkeit. Die letzte Bauauschußsitzung befaßte sich mit diesem Thema, die Ergebnisse lagen uns zu Redaktionsschluß noch nicht vor.

Bürgerhinweise

Je mehr Menschen sich um die Zweckentfremdung von Wohnraum kümmern, desto eher kann verhindert werden, daß innenstadtnahe Wohngebiete zunehmend veröden, Gewerbemieten die Wohnmieten in die Höhe treiben und immer mehr Verkehr aus den Schlafstraßen der Vororte die City mit Lärm und Abgasen erfüllen. So ist es zu begrüßen, daß Bürger die Grünen auf weitere Häuser hinwiesen, die möglicherweise schon lange nicht mehr bewohnt werden. Die Fraktion bat die Verwaltung deshalb um Überprüfung des Hauses Haareneschstraße 51, das eventuell seit drei Jahren leer steht, und des Hauses Herbartstraße 25, das durch Gewerbenutzung zweckentfremdet worden sein soll. Dieses Mal werden wir die Fraktion beim Warten auf Antwort unterstützen. Doch vielleicht führt das öffentliche Interesse jetzt zu schnelleren und besseren Ergebnissen...

(achim)

 

 
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