Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/00      Seite 7
 
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Zum Tod von Jan Moed

Noch immer unfassbar ist der plötzliche Tod von Jan Moed. Noch vor wenigen Tagen führten wir ein intensives Gespräch über einen Artikel im STACHEL. Während der Artikel über die verunglückten Kinder bei haltenden Schulbussen in der vergangenen Ausgabe des STACHELs gerade gedruckt wurde, rief mich Günter an und berichtete mir vom Verkehrsunfall. Es gibt Hinweise darauf, daß es sich um Raserei als Unfallursache gehandelt haben kann. Doch die Polizei ist nicht sicher. Jan soll sofort tot gewesen sein, so ein Gutachter. Das ist allenfalls ein schwacher Trost.

Ich habe Jan als Vater eines Schulkameraden kennengelernt. Meine Eltern hatten ein gutes Verhältnis zu ihm. In den vergangenen Jahren hat sich eine gute Freundschaft zwischen uns entwickelt.

Bereits vor Jahrzehnten hat er sich um die Organisation von Treffpunkten für Jugendliche in der Gemeinde Wardenburg gekümmert. In diesem Bereich wird fast überall selbst heute noch viel zu wenig getan. So hatte ich immer wieder Gelegenheit, von seinem Leben zu erfahren.

Schon als Jugendlicher wurden Jan wegen seiner Ansichten und Meinungen während der Nazizeit Schwierigkeiten bereitet. Er nahm z.B. Anstoß an der schlechten Behandlung der Zwangsarbeiter, die auf Höfen Wardenburgs eingesetzt wurden. Er äußerte sich auch kritisch anderen gegenüber hinsichtlich der schlechten Barackenunterkunft, wo sie hausen mußten. Heimlich steckte er den Zwangsarbeitern Verpflegung zu.

Er verweigerte in dieser Zeit ihm aufgezungene Arbeiten. Jugendamt und politische Polizei ließen ihn deshalb mit siebzehn Jahren abholen. Monatelang mußte er 1944 im Arbeitserziehungslager in Wunstorf unter Bewachung und Gängelung schwere Arbeiten an Deichen und Bahnanlagen leisten. Ihm gelang die Flucht. Er versteckte sich bis Kriegsende im Wald in der Nähe der elterlichen Wohnung.

Diese Erlebnisse haben Jan lebenslang geprägt und sein politisches Denken und Engagement - wie überhaupt sein Verhältnis zu Menschen - wesentlich bestimmt. Er war als einfacher Mensch nie überheblich und immer möglichst gerecht gegenüber anderen, immer freundlich und hilfbereit den Menschen gegenüber.

Nach dem Krieg prägten sich seine antifaschistischen, politischen und sozialen Einstellungen weiter aus. Er wurde Mitglied in der KPD, später in der DKP, zuletzt in der PDS. Über ein Jahrzehnt gehörte er auch der "Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten - VVN/BdA" an. Auch hier lernte man ihn als guten und treuen Mitmenschen kennen.

Politisch wachsam zu sein war für ihn in unserer Gesellschaft von großer Bedeutung. Neonazistisch eingestellte Personen haben ihn in den letzten Jahren mehrfach attackiert. Doch das hielt Jan von seinen Aktivitäten nicht ab. Bis zu seinem letzten Tag ist Jan ein politisch denkender, fühlender und handelnder Mensch gewesen. In ihm waren erstaunliche Kräfte zu entdecken.

Sein Engagement als Mitglied eines "Selbsthilfevereins" war ihm eine ebenso große Herzensangelegenheit. Bei Wind und Wetter war er mit seinem Rad über Land oder in der Stadt unterwegs, um alten, schwachen, auf Hilfe angewiesenen Menschen Medikamente zu bringen. Dadurch wurde er auch Sorgenträger in vielen anderen Angelegenheiten für diese Leute. Trotz seiner in den letzten Jahren stark angeschlagenen Gesundheit und gegen das Verbot seines Arztes verrichtete er diese Dienstleistung. Jan hat seine Treue zu den Menschen absolut gehalten. Wir alle haben Jan viel zu verdanken und werden ihn wirklich vermissen. Er war einer der Unscheinbaren in dieser Gesellschaft, von dem eine große Kraft ausging, die von so manchem unterschätzt blieb. Er war ein Mensch, den man nicht gern weggehen sieht.

Bei aller Trauer ist die Freude erlaubt, daß es ihn zwischen uns gab. Für ihn war solidarisches Handeln Lebensziel. Die Trauergemeinde der bis zum letzten Platz besetzten Andachtskapelle des Wardenburger Friedhofs wußte davon wohl mehr als die Pastorin, die nur berichten konnte, daß er ständig mit seinem Fahrrad unterwegs war.

Gerold Korbus

unter Verwendung wesentlicher Textpassagen von Günter Heuzeroth sowie Hans-Henning Adler

ps: Da es viele gibt, denen die Teilnahme an der gut besuchten Trauerfeier aus verschiedenen Gründen nicht möglich war, gibt es die Überlegung, noch eine solche durchzuführen. Bei Interesse bitte unter Tel. 04407,424 (Q) oder 0441,84726 melden.

 

 
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