Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/02      Seite 14
 
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Abschied von der D-Mark?

Bis vor kurzem habe auch ich geglaubt, daß nun der Abschied von der D-Mark gekommen sei. Doch ich wurde eines besseren belehrt, als ich an einem kalten Dezembermorgen einsam und verlassen an einer Bushaltestelle stand und eine D-Mark in der Hand hielt. So kamen wir ins Gespräch, das sich natürlich um die bevorstehende Euro-Einführung drehte und um die Abschaffung der D-Mark. Die Münze wies diese Aussage heftigst zurück, wie ich denn dazu käme, zu behaupten, sie würde abgeschafft. Ich müsse es anders sehen, erklärte sie mir:

1950 wurden viele D-Mark-Münzen geprägt und wie es sich für Münzen gehört, wurden Prägejahr und Alter eingeprägt, das erste klein, das zweite groß - also klein "1950" und groß "1" für "ein Jahr alt". Als dann 1954 und die Folgejahre weitere 1-DM-Münzen geprägt wurden, bildeten die Münzen einen Interessenverband, dem sofort und später alle Mark-Münzen beitraten. Hauptforderung des Verbandes war, daß nicht nur die Jahreszahl als Prägejahr geändert werden solle, sondern bitte auch entsprechende Alter der D-Mark, also 1954 die "5", statt der "1". Die Parole schrieben Münzen selbst verschlüsselt ihren den Rand (also dort, wo auf der 2-DM, 2-€- und 5-DM-Münze "Einigkeit und Recht und Freiheit" zu lesen ist, was soviel bedeutet wie: "Wir solidarisieren uns mit der Forderung der 1-DM-Münzen). 1996 dann kam endlich der erhoffte Durchbruch. Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland gab nach und beschloß dann zum 50jährigen nicht mehr die "1" auf die D-Mark aufzuprägen, sondern die 50. Ein Hurra-Schrei ging durch die Geldbörsen. So wurden dann zum Geburtstag in den Jahren 1999 bis 2001 lauter D-Mark-Münzen mit einer großen 50 ausgestattet.

Bis hierhin hörte ich mir die Geschichte ruhig an, aber nun warf ich ein, daß die 50er-Münze ja ganz anders aussehe. Der Grund sei, erklärte mir die Münze, daß die Münzvereinigung beobachtet habe, wie sehr die Menschen grau werden, je älter sie werden. Die Münzen selbst wollten hier einmal eine Alternative aufzeigen und Farbigkeit im Alter demonstrieren. "Wir tragen außerdem die Europa-Karte, weil sich aufgrund dieses großen Erfolges die Münz-Verbände aus 12 europäischen Ländern zusammengetan haben, um gemeinsam den Regierungen die Stirn bieten zu können (deswegen auch die Kurzform ,Euro`). Jedes Sternchen steht für eine Münze aus dem jeweiligen Land.", erklärte sie sichtlich erfreut. Die Freude wandelte sich in Verlegenheit, als ich fragte, warum die Mark denn dabei so dick geworden sei. Nach etwas Herumdrucksen gestand sie, daß alle Münzen ein großes Fest gegeben hatten mit viel kaltem und heißen Buffet und sie alle noch nie so gut gegessen hätten. Leider sei dieses nicht spurlos an ihrer Figur vorübergegangen - aber an der Größe der Münze habe sich fast nichts geändert.

Nun war eigentlich alles klar, doch - halt, da war ein Fehler! - die 50er-Münzen kommen erst 2002 und nicht pünktlich zum 50. Geburtstag. "Alles richtig!", beruhigte mich die Münze, bevor ich den Gedanken zuende ausgesprochen hatte, "Wir sind nun eigentlich schon 51 Jahre und ein paar Tage alt, haben aber beschlossen zu diesem Durchbruch, eine runde Jahreszahl zu tragen. Wie sähe es denn aus, wenn wir die Zahl 51,12918 tragen würden? Nein, unser wahres Alter verbergen wir in unserem Wert!"

Der Bus kam, ich stieg ein. Während der Fahrt rechnete ich: 1 € entspricht 1,95583 DM, also entspricht 1 DM genau 51,12918 Cent. Ich lächelte und fuhr erfreut in den schönen, sonnigen Morgen hinein...

muh

 

 
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