Oldenburger STACHEL Nr. 236 / Ausgabe 8/02      Seite 14
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Keinen Krieg gegen den Irak!

Dies ist ein Vorschlag für offene Briefe mit einem Appell an PolitikerInnen, sich gegen einen Krieg zu wenden:

Die Bundesregierung hat sich gegen einen Angriff der USA auf den Irak ausgesprochen, eine Haltung, die zu begrüßen ist. Es ist jedoch noch mehr notwendig, um die Politik der US-Regierung wirksam zu blockieren. Es wurde uns im Wahlprogramm der Grünen und der SPD 1998 Gewaltfreiheit zugesichert. Dann wurden mit deutscher Unterstützung zwei Kriege geführt. Dies ist als ein Betrug zu bezeichnen, der zu der Frage berechtigt, ob die jetzige Antikriegshaltung echt ist.

Bereits die früheren Kriege waren mit einer immensen Gefahr der Eskalation und der Verschlechterung der Weltbeziehungen verbunden, die von den Beteiligten nicht realisiert wurde.

Schon im September planen die USA den nächsten Krieg gegen den Irak, "um Saddam Hussein zu stürzen und die Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu verhindern". Da dies mit konventionellen Waffen nicht zu erreichen ist, ist u.a. zu befürchten, daß die USA "kleine" Atomwaffen einsetzen, die Bunkeranlagen sprengen können, in denen chemische oder biologische Waffen hergestellt oder gelagert werden.

Die Anschläge in den USA vom 11. September stellen einen Teil einer Eskalationsspirale dar, die mit den Kriegen der 90er Jahre zusammenhängt. Es sind die Folgen einer Militarisierung der Außenpolitik, nach deren Machtkonzept der Westen überall auf der Welt mit beliebigen Mitteln eingreifen kann. Im Irak wurden jahrelang - bis heute - immer wieder Ziele bombardiert. Im Golfkrieg 1991 haben die USA im Irak bereits unvorstellbar gewütet. Bei 100.000 Einsätzen von Kampfflugzeugen wurden 49.000 bis 76.000 Zivilpersonen und 100-120.000 Soldaten getötet (Zahlen nach Elmar Schmähling). Die USA bombardierten Städte und zerstörten systematisch die Wasserversorgung und die Kläranlagen. Eine Million Kinder starben, auch durch das Handelsembargo, das sogar Milchpulver umfaßte. Wie im "Jugoslawien"- Krieg 1999 wurden auch Krankenhäuser bombardiert. Die Menschen, die dies miterleben mußten, haben eine für uns kaum faßbare Wut auf die USA.

Das massive Bombardement konnte nicht ohne Folgen bleiben. Bekanntlich feuerte der Irak Raketen auf Israel ab, und jedeR befürchtete einen Giftgasangriff. In frei zugänglichen Medien (Spiegel) wurde später aufgedeckt, daß israelische Atomraketen auf den Irak ausgerichtet worden waren.

Das Beispiel ultimativer militärischer Gewalt wurde im Krieg der NATO gegen Jugoslawien gezeigt. Zerstört wurden 33 Einrichtungen des Gesundheitswesens in 18 Orten, 47 Schulen und Hochschulen in 12 Orten, 23 Klöster, 32 Kirchen, 15 Museen und Gedenkstätten, 61 Brücken, davon 7 über die Donau, 34 Straßen, davon 5 Transitstraßen, 19 Eisenbahnstrecken, davon 4 Transitstrecken, 5 Bahnhöfe, 121 Industriebetriebe, 23 Raffinerien und Tanklager, 28 landwirtschaftliche Betriebe, 19 diplomatische Vertretungen. Kein NATO-Befehlshaber ist für die Bombardierung des Klinikums "Dr Misovic" in Belgrad (mind. 5 Tote) am 20. Mai 1999 und des Lungensanatoriums Surdulica (mindestens 18 Tote) verurteilt worden, oder für die Vernichtung eines Flüchtlingstrecks am 14. April 1999 bei Prizren (73 Tote). Auch die Zerstörung der Petrochemie in Pancevo mit massiver Verseuchung des bewohnten Gebiets ist als Greueltat zu werten. Die Absicht der USA war, zivile Einrichtungen zu zerstören. Daß in einem Krieg so etwas passieren kann, ist seit jeher der Grund, Kriege abzulehnen.

In Afghanistan erleben die Menschen die Fortsetzung dieses Prinzips der direkten Kriegführung gegen jede lebensnotwendige Einrichtung. "Die Berliner Zeitung vom 24. Oktober erwähnt die Bombardierung eines Krankenhauses in Herat, des Büros einer UN-Partnerorganisation, des Dorfes Kadam, eines Wohnviertels in Kabul, eines Krankenhauses und Wohnviertels in Kandahar, einer Schule in Kabul, einer Nomadensiedlung nahe Kandahar und einer Lagerhalle des Welternährungsprogramms. Mittlerweile sind laut FAZ vom 28.10. vier von fünf Lagern des Roten Kreuzes in Kabul durch Bomben zerstört worden." (Zeitung "Voran") Noch vor kurzem wurde "versehentlich" eine Hochzeitsgesellschaft bombardiert und 40 Menschen getötet.

Was den Kurden passieren wird, die diesmal anstelle eigener Bodentruppen verheizt werden sollen, ist ungewiß. Es wird befürchtet, daß sie als erstes vom Irak angegriffen werden und daß sie ihren Status des Autonomiegebiets verlieren. Auch das "Öl für Lebensmittel Programm" wird gestoppt werden. Daß der Irak sich passiv verhält, ist unwahrscheinlich.

Seit den Kriegsdrohungen der USA kaufen die Menschen in Israel wieder Gasmasken. War der sogenannte "Krieg gegen den Terror" schon verwerflich, dient der nun unmittelbar bevorstehende Angriff ausschließlich wirtschaftlichen Interessen. Das vage Bürgergefühl, im September stehe uns Armageddon bevor, könnte den Tatsachen entsprechen. Außerdem ist der Krieg ein weiterer Schlag gegen die muslimische Welt, während der zum Zerreißen gespannten Situation zwischen den extremistischen Muslimen und dem Westen. Was wird während oder nach diesem Krieg geschehen?

Der Angriff auf den Irak könnte schwerwiegende Folgen für Israel haben. Nie wieder Golfkrieg! Wenn jetzt, nach der Konfrontation mit Gegnern, die zu allem entschlossen sind, die erneute Eskalation der Weltlage durch einen völllig unkontrollierten Einsatz der USA wissentlich in Gang gesetzt werden soll, kann die Antwort der europäischen Verbündeten nur ein entschlossenes Nein sein. Dabei ist es von unschätzbarem Wert, daß die Bundesregierung bzw. Kanzler Schröder bereits vor einiger Zeit die USA für ein solches Vorhaben kritisiert hat.

Die USA haben bereits im letzten Krieg angedroht, "jede erforderliche Waffe" einzusetzen. Auf einer Kundgebung in Oldenburg (2.10.01) wurde von den VeranstalterInnen der "amerikanische Kriegsminister" zitiert, es sei notwendig, "schwach radioaktive Nuklearwaffen" einzusetzen. Ein solches Land darf überhaupt nicht Krieg führen.

Es werden voraussichtlich wieder Streubomben und radioaktive Munition verwendet. Diese müssen endgültig geächtet werden.

Das angebliche Wiederaufbau-Konzept der USA wird im Irak nicht aufgehen. Die Bevölkerung ist gegen die USA eingestellt und wird dies auch nach einem möglichen Sturz Saddam Husseins sein. Wahrscheinlicher ist, daß er im Amt bleibt.

Die Bedrohung durch die USA, die die ganze Welt in Atem hält, muß ein Ende haben.

In diesem Sinne bitten wir Sie, mäßigend auf den Bündnispartner USA einzuwirken und sich weiterhin gegen einen Krieg mit dem Irak auszusprechen.

Mit freundlichen Grüßen

 

 
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