Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/96      Seite 10
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Radio-Frequenzen für Oldenburg

Die Themen:


Abschaffung der Männerquote

Beim Sozialgericht Oldenburg wurde am 12. 6. 96 die Klage der Biologin und Arbeitslosenhilfeempfängerin Eva Sassen gegen die Bundesanstalt für Arbeit auf Gleichbehandlung mit Zeitsoldaten der bundeswehr verhandelt. Die Klägerin führte aus, daß sie allein auf Grund ihres Geschlechts nicht die Möglichkeit erhalte, sich für 12 Jahre für den Dienst an der Waffe zu bewerben. Artikel 12a Grungesetz sagt, daß Frauen "auf keinen fall Dienst mit der Waffe leisten dürfen". Der Rechtsausschuß des Bundestages begründete 1956 den Ausschluß der Frauen vom Waffendienst mit der "Natur und Bestimmung" der Frau.

Dieser angeblichen Bestimmung ist Frau Sassen nachgegangen. 1981 gebar sie eine Tochter, welche sie allein großzog. Mit vollem körperlichem Einsatz und im ersten Jahr Dauerdienst verglich sie nach 12 Jahren ihr Leben mit dem eines Zeitsoldaten.

Nach der auch gesetzlich verankerten gesellschaftlichen Norm, gebären und erziehen Frauen Kinder, während Männer das 'Land verteidigen'. Soldaten, die sich für 12 Jahre der Bundeswehr verpflichten, bekommen die Möglichkeit, sich nach 10 Jahren von der Kaserne zu verabschieden und in eine Aus- oder Weiterbildung zu gehen. Nach ihrem 12. Jahr bekommen sie eine Abfindung in Höhe ihres 6-fachen Bruttogehaltes in allen Fällen, plus 36 Monate 75% ihres Bruttogehaltes, es sei denn, sie gehen auf eine für sie freigehaltene Stelle im öffentlichen Dienst.

"Ich habe mich mit der Entscheidung zur Schwangerschaft für mindestens 16 Jahre 'Dienst am Kind' verpflichtet", sagt Frau Sassen. "Ich bekomme weder eine Abfindung, noch eine vergleichbare Wiedereingliederung, noch eine entsprechende Berücksichtigung bei der Rente. Ich hatte eine Arbeitgeberin gefunden, welche mich unter der Bedingung, daß ihr ein Arbeitsplatz vom Bund eingerichtet und ein Jahr finanziert wird, eingestellt hätte. Als ehemaliger Zeitsoldat hätte ich diese Stelle antreten können!"

Das Gericht, unter dem Vorsitz von Richterin Dürr lehnte die Klage im Namen des Volkes als unbegründet ab. Weil nicht alle Männer Wehrdienst leisteten, läge hier keine geschlechtsspezifische Bevorzugung vor. Die Wiedereingliederung der Zeitsoldaten sei ein Geschenk des Staates.

Ob solche großzügigen Geschenke Frauen weiterhin vorenthalten werden dürfen, wird möglicherweise erst das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Eva Sassen sucht Mitstreiterinnen und UnterstützerInnen für den weiteren Instanzenweg, wie für die Finanzierung zur 'Abschaffung dieser Männerquotierung'.

(Aktenzeichen: S 4 AR 40 272/94)

Kontaktadresse:

Eva Sassen, Masurenstr. 76, 26127 Oldenburg


Neues von K14: "Wir machen weiter"

Wie sich wahrscheinlich herumgesprochen hat, mußte der Mietvertrag von Seiten der Deutschen Bahn AG bis Oktober 96 verlängert werden. Die befristete sowie die unbefristete Kündigung sind somit hinfällig geworden.

Selbst der Kulturausschuß hat das K14 als "Soziokulturelles Zentrum" anerkennen müssen und unterstützt es ggf. bei einer neuen Haus- bzw. Räumesuche. In der Zwischenzeit hat sich so manches getan und verändert. Zwei Gruppen haben sich aus dem Hausprojekt verabschiedet, die anderen Initiativen und Vereine (Musik, Photo, Theater, Tanz, Medienbüro, Medienbus, Initiative für offene Grenzen gegen Abschiebung und Sondergesetze, Karla - Sprachkurs- und Unterstützungsgruppe für selbstbestimmte Räume für asylsuchende Frauen, Graswurzel, Jub) machen in ihren Bereichen weiter. Achtet auf die Hinweise in den bekannten Blättchen.

Am Sonntag, den 30.6.96 gibt es einen Aktionstag gegn Asylpolitik anläßlich des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes: ab 16 Uhr Ausstellung zur Geschichte des Asyl(un)rechts 16.30 Uhr Bericht einer mittlerweile vom Bundesamt anerkannten Iranerin über ihre Erfahrung in der BRD, u.a. in der ZAST Oldenburg ab 18 Uhr Frauenküche, evtl. Film übers Asylverfahrensgesetz; anschließend die Möglichkeit die Stadt zu verschönern


Infobroschüren für binationale Paare

Der Verband binationaler Famileien und Partnerschaften (iaf e.V.) hat zwei neue Broschüren in der Reihe Länderinformat ionen herausgebracht: Marokko und Polen.

Die Hefte informieren über Eheschließung, Famileienzusammenführung, Aufenthalt und Arbeit, Staatsangehörigkeitsfragen, Scheidung und Ausbildung sowie Tips und Adressen. Sie sind für 10 bzw. 8 DM bei der iaf-Bremen, Buntentorsteinweg 182-186, 28201 Bremen, Tel/Fax 0421/55 40 20 erhältlich.


Frauengesundheitszentrum schließt

Das Feministische Frauengesundheitszentrum im Frauenprojektehaus, Cloppenburger Str. 35, schließt zum 1.7.96. Die Initiative Frauen lernen gemeinsam übernimmt die Räumlichkeiten und will sie heilkundlich arbeitenden Frauen zur Verfügung stellen.


Das Leben wagen - im Wagen leben

Wagenburgen sind ein Zusammenschluß von Menschen, die in ausgebauten Bau-, Zirkuswagen oder in LKWs leben. In den Wagenburgen haben sich dorfähnliche bzw. kollektive Strukturen entwickelt. Hierarchische Strukturen (aufgrund von Geld, Status, Geschlecht, Bildung) werden abgelehnt.

Bundesweit gibt es um die 100 Plätze, auf denen Menschen sich ihren Wohnraum selber schaffen. Da der Großteil dieser alternativen Wohnform der illegalen Landnahme beschuldigt wird, stehen die meisten Plätze unter dem permanenten Druck von Räumungsbedrohung und Kriminalisierung.

Seit Mai 1995 steht die Oldenburger Wagenburg "Blöder Butterpilz", nach drei Jahren Kampf legal auf einem von der Stadt gepachteten Gelände am Stau. Die Verhandlungen mit der Stadt waren schwierig und an ihrem Ende stand ein Vertrag, dem unter politischem Druck zugestimmt wurde. So hat das Gelände den stolzen Preis von 1000 DM im Monat. Im Mai 96 ist nun der Vetrag ausgelaufen. Es wurde versucht, mit der Stadt in Verhandlungen zu treten mit der Forderung nach angemessener Miete.

Die Investitionen der Stadt (Strom- und Wasseranschluß, Zaun!) sind mittlerweile ausgeglichen. Der Mietpreis ist auch mit den Maßstäben des Marktes (ungenutzte Gewerbefläche) nicht gerechtfertigt.

Die Menschen der Wagenburg werden weiterhin dafür kämpfen, ihre Freiräume, die ihnen so keine andere Wohnform bietet, verwirklichen zu können: "Wir wollen im Wagen leben - das Leben wagen!!"

Wagenburg Party: Freitag, 28. Juni, Stau 117a

19:30 Uhr Theater "Viel Lärm um Nichts" von W. Shakespeare gespielt von "Creatives Chaos" aus OL; danach Bands und Party


"Wir sind die Chaoten!"

Die Bauern im Wendland sind entsetzt, in welch diffamierender Weise ihr Widerstand in den Medien dargestellt wurde. Als sei alles das Werk - so Kanther - von zugereisten Chaoten und Berufsdemonstranten. Daß die Mehrheit der einheimischen Bevölkerung "den Schiet nicht haben will" wird genauso totgeschwiegen wie der hartnäckige Widerstand der Bauern. Wieder mal findet in den Medien nur Beachtung und Erwähnung, was militant brennend oder blutrünstig erscheint.

Gerhard Schröder, damals im Hüttendorf 1004 in der ersten Reihe des Widerstandes, läßt heute die Castor-Transporte mit Polizeigewalt durchprügeln. Von den verantwortlichen Poltikern im Stich gelassen, sehen sich die bauern gezwungen, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Seit 1979 kämpft die Bäuerliche Notgemeinschaft um den Erhalt ihres Lebensraumes, die Existenz ihrer Höfe: "Wir nehmen nicht hin, daß 10.000 Besatzer wie eine fremde Armee hier in unseren Landkreis einfallen, ihre todbringende Fracht hier abstellen und wie ein Spuk binnen Stunden scheinbar wieder verschwinden, um mit dem nächsten Transport wieder hier einzufallen."

Die Notgemeinschaft hat ca. 170 landwirtschaftliche Betriebe mobilisiert, mit 200 Traktoren an der Transportstrecke zu demonstrieren. Viele von ihnen wurden bei dem massiven Polizeieinsatz schon fernab der Strecke gestoppt und fahruntüchtig gemacht. Dabei wurden auch Fahrzeuge von Polizeiiknüppeln demoliert, die längst platt und führerlos waren. Die Reparaturkosten von ca. 30.000 DM werden von der Notgemeinschaft solidarisch getragen. (Spenden sind willkommen, es können auch Solidar-Aktien, illustriert von W. Marunde in limitierter Auflage erworben werden.)

Immer mehr Bauern haben begriffen, daß es um ihre Existenz geht, noch nie gabes eine so breite Unterstützung und Sympathie aus der Bevölkerung.

"Wir fordern von den verantwortlichen Politikern den sofortigen Stopp aller Atommülltransporte, sowohl nach Gorleben als auch anderswohin.

Nur der konsequente Ausstieg aus der menschenverachtenden Atomindustrie eröffnet den Weg in eine menschenwürdige, lebensfrohe Zukunft.

Helfen sie mit, diesen Weg gemeinsam zu gehen."

Bäuerliche Notgemeinschaft; Kontakt 05844- 1694 (Tel), -414 (Fax); Spendenkonto: Kreissparkasse Dannenberg, BLZ 258 513 35, Kto.-Nr. 8904


Immer mehr Lkw im deutschen Transitverkehr.

1995 wurden 27,9 Mio Tonnen im Straßenverkehr durch Deutschland transportiert, was rund 17,9 Prozent mehr sind als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte aller Güter werden damit auf der Straße transportiert.

Zwar verbuchte auch die Binnenschiffahrt mit 19,1 Mio Tonnen Fracht ein Plus von 13,4 Prozent, die Bahn verzeichnete mit 8,6 Mio Tonnen ebenfalls eine Zunahme von 6,4 Prozent, was im Vergleich zum Straßenverkehr eher ein kleiner Anteil ist.

Der Bundesverkehrswegeplan prognostiziert bis zum Jahr 2010 einen Wachstum von 78 Prozent im Güterverkehr. Davon wird ein Großteil von den "Brummis" transportiert werden, wenn es weiter geht wie bisher.


Abbau von Überstunden = Arbeitsplätze

Trotz hoher Arbeitslosenzahlen leisten noch 45 Prozent der ArbeitnehmerInnen regelmäßig Überstunden. Nur noch jedeR siebte Beschäftigte hat eine normale Arbeitszeit.

Durch den Abbau dieser Überstunden könnten rund 640 000 Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden.


Erneuter Unfall an der Eichenstraße

Auch die Neugestaltung der Kreuzung Eichenstraße/ Bloherfelder Straße hat die Gefahr nicht beseitigt, beim Überqueren der Kreuzung zu Fuß oder per Rad während der Grünphase schwer verletzt oder gar getötet zu werden. Diese Erfahrung mußte am 4.6. eine Frau machen, die von einem abbiegenden LKW angefahren wurde. Laut BildWestZeitung kam es zu schweren Verletzungen.

Erst vor wenigen Jahren war auf der nächstgelegenen Ampelkreuzung Eichenstraße ein 6-jähriges Kind bei Grün von einem abbiegenden Bus getötet worden. Die Initiative für menschenfreundliche Verkehrsgestaltung bekräftigt deshalb ihre Forderung nach Sicherheit vor Querverkehr bei Grün.

Hält es oder hält es nicht

Wir möchten nicht mehr länger eine Kreuzung überschreiten unter der ständigen Spannung: Hält das Fahrzeug oder hält es nicht. In Gesprächen mit der Stadtverwaltung fielen eigenartige "Argumente". Bei Rundum-Grün würden viele während Rot rübergehen. Hat sich die Verkehrsbehörde sonst schon einmal darum geschert, daß es Rotlicht-Sünder gibt und deshalb z.B. Ampeln abgebaut? Die Erfahrung lehrt: Bei jeder Ordnung gibt es Verstöße. Und doch gibt es bei mancher Regelung weniger Konflikte als bei anderen.

Weiterhin sei mit Rundum-Grün kein Schutz vor Autos, die bei Rot durchfahren, gegeben. Rundum-Grün verändert die Verkehrsregelung für Autos dahingehend, daß Abbiegevorgänge einfacher ablaufen können, weil sich zum Zeitpunkt der Grünphase für Autos nur noch Autos auf der Kreuzung befinden sollen.

Für die Zufußgehenden erhöht sich die Sicherheit doppelt: Es gibt keinen Abbiegeverkehr. Grundsätzlich stehen alle Fahrzeuge VOR der Kreuzung. Fährt ein Fahrzeug doch, ist dies leichter zu erfassen und der rettende Sprung zur Seite kann schneller und mit mehr Entfernung zum Verkehrssünder eingeleitet werden.

Weitere Infos: Tel. 0441 52333 (9-13 Uhr)

Gerold Korbus


McDonalds wirbt bei Ferienpaß

McDonalds ist neben anderen Firmen an der Ausrichtung der Ferienpassaktion beteiligt und wirbt dort, wie in Kindergärten und Schulen (wir berichteten) für die Wegwerf- und Mangelernährungsgesellschaft. Doch nicht nur die Beteiligung des Bulettenkonzerns sollte zu denken geben, auch die Bundeswehr darf dieses Jahr bei den Kleinen agieren.


Sommerpausen

Wir sind alle weg: Erstmal wir selbst, der Stachel. Unser nächstes Heft erscheint am 23.8., Redaktionsschluß ist 13.8. Unsere Redaktionstreffen sind prinzipiell dienstags, in welchen Wochen, ist aber jetzt noch nicht vorherzusagen, am besten unseren Anrufkasten befragen, der sagt's oder wir rufen zurück.

Weiterhin machen Pause: Der KDV-Treff der DFG/VK bis einschließlich 6.8., wenn's drängt Tel.: 384756, Amalgam-Selbsthilfegruppe im Juli und der Arbeitskreis Elektrosmog im Juli und August.

Wir wünschen gute Erholung von ...


Billiglohnland Europa?

Der südkoreanische Daewoo-Konzern eröffnet sein drittes französisches Fertigungswerk. Dort sollen Bildschirmröhren für Farbfernseher hergestellt werden. Grund für den Neubau in Westeuropa ist nach Konzernangaben die Tatsache, daß die Fertigungskosten in Europa mittlerweile niedriger als in Südkorea seien. Und der Konzern ergänzt Unglaubliches angesichts der Propaganda des "zu teuren Standortes" Deutschland: Insgesamt betrachtet lägen selbst in China die Produktionskosten über denen in Europa. Neben besserer Arbeitsqualität gehörten eine solidere Infrastruktur, zinsgünstigere Kredite sowie eine effektivere Bürokratie zu den Ursachen dafür.

Zu dieser Einschätzung paßt die Entwicklung des deutschen Exportes: Der konnte auch 1996 trotz starker Konkurrenz und hochbewerteter DM weiter gesteigert werden. Ebenfalls paßt dazu der Weg, den das deutsche Kapital ins Ausland nahm: Der deutsche Kapitalexport nach Westeuropa und Nordamerika verdoppelte sich 1995 gegenüber dem Vorjahr auf 42,6 Milliarden DM. "Nur" 4,3 Mrd. DM gingen nach Osteuropa und Rußland, 3,6 Mrd. DM in sogenannte Billiglohnländer Asiens, Mittel- und Südamerikas. Angesichts dieser Entscheidungen der deutschen Kapitalisten sollte mensch ihre Worte von den zu hohen Lohnkosten hierzulande nicht zu ernst nehmen.


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Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.

 

 
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