Oldenburger STACHEL Ausgabe 8/96      Seite 5
 
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Anti-Atom-Demo in Ahaus am 10.8.

Anlaß zu der Demonstration, an der über 300 Menschen teilgenommen haben, ist die geplante Erweiterung des Brennelementezwischenlagers Ahaus. Die Halle, die mit 305 Castoren bereits zu einem zehntel gefüllt ist, soll demnächst auf das dreifache erweitert werden, ein Genehmigungsverfahren ist bereits im Gange. Die Behälter stammen aus dem nie richtig in Betrieb gegangenen und abgeschalteten Hochtemperaturreaktor in Hamm. Eine weitere Leichtbauhalle, dreimal so groß wie die bestehende Castorhalle für leicht und mittelradioaktiven Müll soll dazugebaut werden. Weiter ist zu befürchten, daß in Ahaus auch eine Konditionierungsanlage, die zur Behandlung des z.B. in CASTOR-Behältern angelieferten Atommülls zur "Endlagerung" dient, gebaut werden soll. Die Vorbereitung zur Endlagerung bedeutet dabei das Zerkleinern, Einschmelzen und Umverpacken des Atommülls in andere Behälter.

Gegen die Erweiterung des Lagers sprechen, genau wie bei dem Zwischenlager in Gorleben, gravierende Sicherheitsmängel.

Die CASTOR-Behälter, die in Ahaus oberirdisch gelagert werden, entsprechen nicht einmal dem Stand von Wissenschaft und Technik, der zum Schutz der Umwelt vor radioaktiver Verseuchung eine "Doppelbarriere", d.h. zwei separate Hüllen, vorsieht. Diese Doppelbarriere, die sonst in der Kerntechnik Standard ist, besitzen die CASTOR-Behälter nicht. Es wurden auch noch nie realistische "Sicherheitstests" mit den CASTOR-Behältern durchgeführt. Sämtliche Tests, die als Nachweis der Haltbarkeit der CASTOR-Behälter dienen, wurden mit Modellen durchgeführt, die sowohl von der Materialstruktur als auch von der Konstruktion her von den Originalen abweichen. Aussagen über das Verhalten eines gefüllten Castors, der zusätzlich selbst eine große Hitze in seinem Inneren entwickelt, sind deshalb z.B. für einen 800 oC heißen, 30 Minuten langen Brand, den er nach den Richtlinien unbeschädigt überstehen können muß, unmöglich. Und diese Rahmenbedingung können bei einem tatsächlichen Unfall ohne weiteres überschritten werden. Die Leichtbauzwischenlagerhalle in Ahaus liegt unter einem militärischen Tieffluggebiet. Unfälle bei einem Transport oder bei der Lagerung können katastrophal enden; alleine die Freisetzung von nur 1% des unter vielen anderen radioaktiven Stoffen in einem CASTOR enthaltenen Cäsium 134 würde ausreichen um die Umgebung im Umkreis von 50 km langfristig zu verseuchen.

Die CASTOR-Behälter sind für die hier vorgesehen Langzeitlagerung (vierzig Jahre) ungeeignet und ein geeignetes Reperaturkonzept für undicht werdende existiert ebenfalls nicht.

Die Demonstration begann um 11.00 Uhr am Rathausplatz in Ahaus. Ein großer Teil der über 300 Personen kam von der Anti-Atom-Radtour "Gegenwind", die an diesem Wochenende in Ahaus Station machte. Entsprechend viele Fahrräder prägten dann das Bild der Demonstration. Um halb zwölf startete der Demonstrationszug und ging auf der gleichen Strecke, auf der am letzten Tschernobyltag über 3000 Menschen gegen das Brennelementezwischenlager Ahaus (BZA) und die tödlichen Konsequenzen der Atomenergie demonstriert hatten, zum BZA.

Abgesehen von wenigstens einer dummen Provokation durch einen motorradfahrenden Polizisten kam die Demonstration ungestört am Zwischenlager an. Vor dem äußeren Tor des BZA fanden dann kleineren Malaktionen und Spaßaktionen statt, später wurde das Tor von einigen AtomkraftgegnerInnen überstiegen, ein Teil von ihnen schaffte es dann auch noch, über das innere Tor zu gelangen. Nach einer halben Stunde wurde diese Aktion wieder beendet um ein massiveres Vorgehen der Polizei zu verhindern. Den bis zum inneren Tor mitgenommenen eigenen Castor, nahmen die AtomkraftgegnerInnen wieder mit.

Im Anschluß daran zog die Demonstration zum Gleisanschluß auf der anderen Seite des Zwischenlager, wo eine symbolische Gleisbesetzung stattfand. Ein Teil der AtomkraftgegnerInnen spielte diesmal Polizei und forderte die BlockiererInnen auf, den Weg für den mitgeführten CASTOR freizumachen. Als auch nach der letzten Räumungsaufforderung, die Schienen für den CASTOR nicht frei waren setzte die "Polizei" auch "Wasserwerfer" ein. Bei dem herrschenden Wetter war das ausnahmsweise mal sehr schön, zumal das Wasser nur mit Kohlensäure statt mit CS-Gas versetzt war.

Nachdem sämtliche Mineralwasserflasche geleert und die Schienen geräumt waren, sollte der CASTOR ins Zwischenlager gebracht werden. Leider wurde das dann von der tatsächlichen Polizei verhindert. Die Hoffnung, daß die Polizei auch in Zukunft CASTOR-Transporte in das Zwischenlager Ahaus oder nach Gorleben verhindern wird, verdrängte die Enttäuschung über den nicht gelungenen eigenen Transport.

Nach dem Abschluß der Aktion ging es wieder zum Straßentor des Zwischenlagers, wo die Abschlußkundgebung stattfand.

R. Meinsen

Neben der Kapazitätzerweiterung der genehmigten Halle und dem geplanten Neubau einer zusätzlichen Leichtbauhalle wurde in einem Redebeitrag auch das Verhalten der NRW-Landtagsgrünen bei diesen Genehmigungsverfahren stark kritisiert. Eine Vertreterin der dortigen Grünen rechtfertigte den Kurswechsel der Grünen und die Zustimmung zur Kapazitätserweiterung. An dem Angebot zu einer offene Diskussion in großer Runde nach den Redebeiträgen bestand kein allgemeines Interesse, so daß nach dem Ende der Abschlußkundgebung im kleinen Kreisen weiterdiskutiert wurde.


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