Oldenburger STACHEL Ausgabe 8/96      Seite 13
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Vielfalt auf dem Ökomarkt

Über 90 Stände werden auf dem Schloßplatz aufgebaut sein, und es ist hier unmöglich, über alle zu berichten. Ohne Bewertung kurz genannt seien nur der Energierat Oldenburg, der Initiativkreis "Wohnen ohne Auto", der BUND, der u.a. über Kriterien beim Computerkauf informiert, Greenpeace, Demeter- Höfe, die ihre Konsequenzen aus der Einseitigkeit der ökonomischen Beurteilung der Landwirtschaft darstellen, die BSH, die u.a. ihre Baumpatenschaften zum Schutz der Obstwiesen und zur Erhaltung der heimischen Obstsorten vorstellt, die Stillgruppe Oldenburg, die zur Frage der gesundheitlichen Unbedenklichkeit des Stillens Stellung bezieht, ein Naturfarbgeschäft, das ausführlich über herkömmliche Lacke und Farben sowie über die Alternativen informiert, eine Imkerei und auch ein Stand, der uns ausführlich vor Elektrogeräten mit Stand-by-Schaltung warnt und einer, der viel über die Ringelblume zu berichten weiß, die wundheilend, desinfizierend, entzündungshemmend wirkt, Narbenwucherungen verhindert und Wundschmerzen stillt...

Die Landwirtschaft...

ist naturgemäß ein Hauptthema der Stände. Auch Bioland ist vertreten, und dieser Landesverband kann stolz auf 25 Jahre Tätigkeit zurückblicken! Landwirtschaft im Einklang mit der Natur, artgerechte Tierhaltung und die Produktion gesunder Lebensmittel haben sich die mittlerweile rund 3000 Bioland-Betriebe zur Aufgabe gemacht. Ihr organisch-biologischer Anbau ist gekennzeichnet durch den Verzicht auf mineralischen Stickstoffdünger, Pestizide und Importfuttermittel zugunsten ökologischer Kreisläufe und kurzer Wege in Verarbeitung und Vertrieb. Die Bioland-Höfe bewirtschaften derzeit eine Fläche von rund 100.000 Hektar nach ökologischen Richtlinien. Ein strenges, amtlich geprüftes Kontrollsystem überwacht die Einhaltung der Richtlinien. Der Bioland-Anbauverband ist Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft ökologisch wirtschaftender Betriebe" in Deutschland, in der neben Bioland in Niedersachsen noch Demeter, Naturland und Ökosiegel organisiert sind und ihre Erfahrungen regelmäßig austauschen. Zusätzlich zu den Landwirten gehören dem Verband 400 Verarbeiter an, die deren Produkte zu Käse, Brot, Wurst, Säften und anderen Lebensmitteln verarbeiten.

Fleisch...

ist ein wichtiges Produkt der landwirtschaftlichen Betriebe. Doch nicht nur diese nehmen dazu Stellung, auch die Verbraucherberatung informiert zu diesem und zu anderen Themen der Ernährungsgrundlagen. Die Beratungsstelle definiert gute Markenfleischprogramme durch folgende Kriterien:

- Das Futter stammt überwiegend aus heimischer Produktion und wird regelmäßig auf Schadstoffe und Rckstände kontrolliert. - Leistungsförderer - meist Antibiotika - zur Förderung des Fleischansatzes sowie prophylaktische Beigaben von Medikamenten oder Beruhigungsmittel sind tabu.

- Artgerechte Tierhaltung, das bedeutet Bewegungsfreiheit im Stall mit Auslaufmöglich keit im Freien oder im Stall, Gewährleistung von Tageslicht sowie Stroheinstreu auf dem Stallboden.

- Richtlinien für schonenden Transport und Schlachtvorgang, denn ohne ausreichende Ruhezeiten vor der Schlachtung verschlechtert sich die Fleischqualität. Fleisch, das bei ph-Wert oder Leitfähigkeitsmessungen durchfällt, wird aussortiert.

Diese Anforderungen werden nach Ansicht der Verbraucherberatung nur von wenigen Programmen wie "Neuland" oder durch ökologische Tierhaltung erfüllt. Aus ökologischer Produktion mit einiger Bedeutung stammten nur Bioland-, Demeter-, Naturland- und Ökosiegel-Erzeugnisse.

Stauden...

waren auch bei Bioland zwei Jahrzehnte lang kein Thema. Topfpflanzenzucht, Rosenanbau und Bodendeckervermehrung blieb sehr lange Privatsache einzelner GärtnerInnen. War es dort egal? Sind die Chemiefabriken zu weit weg, in denen sich Unfälle mit Pestizide ereignen? Gibt es bei uns keine GärtnerInnen, die über sonderbare Atembeschwerden oder Berufsunfähigkeit klagen? Gibt es in den Zeitungen keine regelmäßigen Artikel über Nitrate im Trinkwasser?

Der Apfel fällt nicht weit vom Staudenbeet. Die Diskussion um ökologische Herstellungsweg e auch von NonFood ist nicht neu. Neu ist sie nur dort, wo sie erstaunlicherweise so naheliegend wäre. Den Oldenburger Ökomarkt hat sie längst erreicht, hier sind entsprechende Stände vertreten.

Denn mit dem Aussterben der "guten alten Gemischtwaren-Gärtnerei" verschwanden Gärtnereien wie Bauernhöfe aus unserem Erlebnisalltag. Hinter vielen Gewächshaussche iben bestimmen Terminkulturen und Handel das Bild: weltweit mit Schnittblumen, europaweit mit Stauden sowie Beet- und Balkonware. Die ohnehin hart konkurrierenden Preise für Baumschulgehölze sind in den letzten Jahren leerer Kommunalkassen und voller Überproduktion beständig gesunken. Regionale Pflanzen sind auch mit gutem Willen allenfalls im Teilsortiment erhältlich. Auf diesem Markt versuchen einige ökologische Betriebe ihre Ware feilzubieten. Sie verkaufen den weitaus größten Teil ihrer Produkte zu Preisen, die den Mehraufwand an Arbeit und Risiko nicht bezahlen. Ihre Richtlinien sind:

- ökologische Jungpflanzenproduktion, Reduzierung nicht ökologisch erzeugter Sortimentsbereiche,

- Verringerung des Torfeinsatzes z.B. durch lokale Komposte,

- Wiederverwendbarkeit von Kulturgefäßen,

- Wassereinsparung, geringe Flächenversiegelu ng,

- effektiver Energieeinsatz z. B. bei der Gewächshausheizung,

- Verzicht auf mineralische Dünger und chemisch-synthetische Gifte.

Kritik...

an Naturkostläden und einen Appell an deren KundInnen richten "Dritte Welt"- Informationszentrum und -laden in Oldenburg. Die KundInnen sollten sich beim Einkauf näher mit den Produkten in den Naturkostläden beschäftigen und Informationen darüber einfordern. Obwohl nicht wenige Waren das Etikett "alternativer, fairer Handel" tragen, seien jedoch kaum Produkte aus den Regalen dieser Läden bekannt, die diese Kriterien auch nur annähernd erfüllen. Unter "fairem Handel" versteht das Zentrum, daß für Produkte bestimmte soziale und ökonomische Kriterien erfüllt werden müssen:

- Ausschaltung des Zwischenhandels in den Erzeugerländern,

- Abnahme von Projekten und/oder Genossenschaften,

- Mindestpreisgarantie und längerfristige Abnahmeregelungen, Vorfinanzierung der Ernte,

- Unterstützung von lokalen Projekten u.a. aus den Bereichen Soziales, Gesundheit, Ökologie,

- sozial- und umweltverträgliche Produktionsweisen,

- Informationsarbeit.

Unsere Kleidung...

ist ebenfalls ein Thema des Ökomarktes. Denn unsere Eitelkeit ist einer der größten Umweltverschmutzer. Unsere Kleidung ist das Ergebnis eines ungeheueren Gifteinsatzes: 30.000 t Spritzmittel werden jährlich in der deutschen Landwirtschaft eingesetzt; für das Fünfzehnfache an Giftverbrauch und Chemieabfall ist die Textilindustrie verantwortlich, 500.000 t jährlich allein in der BRD! Die Textilindustrie ist einer der Hauptverbraucher an Wasser. Doch heutzutage haben wir Möglichkeiten, erstklassige, weiche und gute Materialien herzustellen - ohne zu kleben, ohne krebserregende und allergieauslösende Chemikalien und Farben zu benutzen! Bedenke: Alles, was in der Kleidung steckt, gelangt über die Haut in unseren Körper...

Neue Technologien...

sind nicht nur daran beteiligt, daß die Menschheit wie Lemminge immer schneller den ökologischen Katastrophen zustrebt, sie sind auch die Hoffnungsträger für die Alternativen dazu. Eine besondere Bedeutung haben die neuen Techniken bei der Erzeugung der Solarenergie. Und zu diesem Thema haben Betriebe, die sich damit beschäftigen, auf dem Ökomarkt viel zu berichten: Bisher wurde bei der Aufnahme der Sonnenstrahlen (Absorption) ein Ergebnis von 96 % erreicht, dem standen 12 % Abstrahlungsverluste (Emissionswerte) gegenüber. Jetzt ist an der Uni München ein neues Verfahren zur Herstellung von Absorberschichten entwickelt worden, das Emissionswerte von nur ca. 5 % möglich macht. Das führt je nach Anwendungsfall zu bis zu 15 % Mehrertrag in Solaranlagen. Eine weitere Neuheit auf dem Solarmarkt ist ein Speicher, der die Solarwärme temperaturgeschichtet in Heizungswasser ablegt. Es wird kein Warmwasser mehr bevorratet, sondern es wird nur noch direkt beim Warmwasserzapfen Frischwasser erwärmt. Überschüssige Sonnenergie kann in das Heizsystem eingespeist werden. So übernimmt die Sonne nicht nur ca. 60 % der Warmwasserbereitung, sondern auch ca. 5 bis 15 % der Raumheizung.

Dieser nicht repräsentative Ausschnitt weckt hoffentlich Lust auf mehr. Auf mehr Information direkt bei den Fachleuten! Auf dem Ökomarkt erwarten sie euch.

achim


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