Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/97      Seite 1
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Die unendliche Geschichte

Baumschutzsatzung für Oldenburg

Längst haben sich viele Kommunen entschieden, die wertvollen Bäume unter Schutz zu stellen, zu verhindern, daß GrundstückseigentümerInnen sich bisweilen dazu entschließen, eine geldliche Wertsteigerung durch das Fällen großer Bäume, durch das Platzmachen für Betonlawinen zu erreichen. Eine ökologische Wertminderung nehmen sie dafür in Kauf. Auch in Oldenburg hat es so etwas gegeben, gibt es so etwas - und wird es hoffentlich nicht mehr lange geben. Denn sie steht wieder auf der Tagesordnung der Ratsgremien: die Baumschutzsatzung. Nicht das erste Mal, aber hoffentlich das letzte Mal.

Die städtischen Bäume

...sind vor dem verdeckten Zugriff der Kettensägenfanatiker schon weitgehend geschützt: Der Rat, und davor der Umweltausschuß, müssen der Fällung zugestimmt haben, bevor die Äxte geschwungen werden dürfen. Diese Gremien stimmen dann auch in aller Regel zu, was dem Umweltausschuß bisweilen die boshafte Bezeichnung "Baumfällausschuß" eingebracht. Doch der Spott ist nicht gerecht: Der Schutz wirkt nicht erst in den Sitzungen der Gremien, sondern im Vorfeld. Das Fällen von Bäumen, dessen Notwendigkeit man nicht klipp und klar begründen kann, wird meist gar nicht erst beantragt. Doch dieser Schutz bezieht sich bislang nur auf Bäume auf städtischen Grundstücken. PrivateigentümerInnen können ihre Bäume, sofern sie nicht durch einen Bebauungsplan ausdrücklich geschützt sind, abholzen, egal, wie alt, wie groß und wie wertvoll sie sind (gemeint sind die Bäume, wenngleich Alter, Größe und Wert der EigentümerInnen auch keinen Einfluß haben.).

Baumschutz: CDU zuerst dafür

Und eben die privaten Bäume sollen durch die Baumschutzsatzung geschützt werden. Das wollten im übrigen auch diejenigen schon einmal, die jetzt gegen die geplante Baumschutzsatzung Sturm laufen: 1979 war es die CDU-Fraktion (!), die den Anstoß gab, eine Baumschutzsatzung für die Stadt Oldenburg zu erarbeiten. Gut Ding braucht Weile, und so legte dann die Verwaltung auf die CDU-Initiative hin 1981 einen ersten Entwurf im Umweltausschuß vor. Das war dann wohl auch erstmal genug, denn der Umweltausschuß wollte nicht einmal einen Probelauf der Satzung zulassen.

Zum Zweiten

1982 beantragte die DKP eine Bürgerversammlun g zur Baumschutzsatzung, doch das ging einigen von denen, die sich bei ihrer Ablehnung einer Baumschutzsatzung so gerne auf die Bürger berufen, dann doch zu weit: Mit Mehrheit wurde dieser Antrag abgelehnt. Zustimmen mochte der Umweltausschuß jedoch einem Antrag der Grünen auf eine Sondersitzung, auf der die Verbände angehört werden sollten. Noch 1982 wurde mehrfach in Ausschüssen über die Satzung verhandelt. Ihr Inkrafttreten, das die Grünen im Oktober beantragten, wurde jedoch bei Stimmengleichhe it abgelehnt.

Zum Dritten

1984 befaßten sich die Ratsgremien erneut damit, vertagten eine Beschlußfassung aber auf Antrag der CDU, weil man erneut eine Anhörung durchführen wollte. Im September 1985 schließlich konnten sich die Gegner der Satzung im Rat nicht mehr durchsetzen: Die Auslegung der Satzung, die einer endgültigen Beschlußfassung vorausgehen muß, wurde beschlossen und durchgeführt. Einen Beschluß mochte der Rat aber nicht fassen. Das sollte dem neuen Rat vorbehalten sein, der 1986 gewählt wurde.

Zum Vierten: Lachnummer-Einlage

Und hier beginnt die Lachnummer der SPD: Unter CDU/FDP-Mehrheit noch lautstarke Befürworterin der Satzung, hatte sie die Baumschutzsatzung ausdrücklich in ihrem Kommunalwahlprogramm aufgenommen. Als es 1986 eine rot-grüne Ratsmehrheit gab, die bei der Baumschutzsatzung zudem noch auf die beiden DKP-Stimmen hätte zählen können, glänzte die SPD bei den Anträgen der Grünen auf Erlaß der Satzung durch Vertagungsanträge. Durch Daueranhörung der BürgerInnen wollte die SPD- Fraktion davon ablenken, daß sie nicht zu einer positiven Beschlußfassung in der Lage war.

Das Drängen der UmweltschützerInnen nötigte die Partei jedoch, 1987 zu sagen, daß nach acht Jahren Diskussion im Rat und in seinen Gremien nun der Zeitpunkt gekommen sei, endlich die Baumschutzsatzung zu verabschieden. Doch im September desselben Jahres stellte die SPD nach einer weiteren Bürgerversammlung fest, daß sie die Baumschutzsatzung zwar im Wahlprogramm gefordert habe, diese jedoch von einer breiten Zustimmung der BürgerInnen abhängig gemacht habe, und die sei auf der Bürgerversammlung so nicht feststellbar gewesen. Mit den Stimmen von CDU, FDP und SPD wird gegen die Stimme der Grünen das Thema Baumschutzsatzung wieder vertagt.

Zum Fünften

1989 gab es einen Vorstoß der DKP-Fraktion zur Verabschiedung der Satzung, worauf CDU und SPD erklärten, daß es keine Mehrheit in der Bevölkerung dafür gebe; so wiesen sie den DKP-Vorstoß zurück. Das hinderte die SPD jedoch nicht daran, die Baumschutzsatzung wieder als Bestandteil ihres Wahlprogrammes für die Kommunalwahl 1991 aufzunehmen. Entsprechend war diese Partei auch bereit, die Baumschutzsatzung als Bestandteil der Vereinbarungen von SPD und Grünen für die Ratsperiode 1991 - 1996 aufzunehmen.

1993 kam die Verwaltung auf Drängen der Grünen nicht mehr umhin, einen neuen Entwurf für eine Baumschutzsatzung vorzulegen. Im August beantragten die Grünen die Auslegung dieses Entwurfs. Mit den Stimmen von CDU und SPD (!) wurde das abgelehnt. Heidi Tauchert (SPD), die damalige Umweltausschußvorsitzende , mußte gegen ihre eigene Überzeugung die Ablehnung der Baumschutzsatzung organisieren. Die Zusammenarbeit von SPD und Grünen wurde schon zu diesem Zeitpunkt wackelig, sie zerbrach dann endgültig, als die SPD zusammen mit der CDU und der FDP die Verlängerung des Konzessionsvertrages mit der EWE beschloß.

Zum Sechsten?

1996 konnten die OldenburgerInnen im Programm der SPD für die Kommunalwahl dann lesen, daß diese traditionsreiche Partei endlich auch für Oldenburg eine Baumschutzsatzung durchsetzen will. Na dann.

Gernot Koch/Mechthild Tameling


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