Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/97      Seite 7
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

"Menschenwürde ins Spiel bringen"

Der 2. Europäische Weltladentag am 3. Mai 1997

Zum zweiten Mal findet am ersten Samstag im Mai der äEuropäische Weltladentag“ statt. Ein Tag, an dem die Weltläden (gleich, ob sie sich äDritte Welt“-, äEine Welt“- oder schlicht äWeltladen“ nennen) europaweit ihre Arbeit und ihr Engagement im entwicklungspolitischen Bereich präsentieren werden. Und ein Tag, der zugleich Auftakt für eine einjährige Kampagne zum Thema äSozial- und Umweltstandards im Welthandel“ ist.

Die Vorgeschichte

äWeltläden“ liegen im allgemeinen Bewußtsein oft nur knapp oberhalb der Wahrnehmungsgrenze. Der alternative, solidarisch-partnerschaftliche Handel -und mit ihm viele äDritte Welt“-Läden- führte jahrelang ein Nischendasein (bzw. führt dieses mancherorts heute immer noch). Anfang der 90er Jahre gab es deshalb mehrere Bestrebungen, dies zu ändern: zum einen wurde der Verein äTransFair“ ins Leben gerufen. Ziel war es, Produkte aus dem äFairen Handel“, wie der äDritte Welt“-Handel heute meistens genannt wird, auch über die Supermärkte zu verkaufen. Zur Abgrenzung zu den änormalgehandelten“ Produkten dieser Supermärkte wurde eigens ein Gütesiegel entworfen, daß die weitreichenden Kriterien der äAktion Dritte Welt Handel“ jedoch nicht voll erfüllte. Dementsprechend stand die äDritte Welt“-Bewegung äTransFair“ nicht kritiklos entgegen. Dennoch: Wenngleich der Marktanteil von z.B. äTransFair“-gesiegeltem Kaffee 1996 weiterhin deutlich unter 5% lag, so ist das Thema äFairer Handel“ doch öfter ins Blickfeld der KonsumentInnen geraten. Auch zum Vorteil vieler Weltläden...

Zum anderen führte die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt Läden (AG3WL) eine äProfilierungskampagne“ durch: so wurden u.a. ein gemeinsames Ladenlogo entwikkelt, um den Wiedererkennungseffekt zu steigern und bundesweite Plakataktionen durchgeführt.

Auf europäischer Ebene schließlich organisierten sich 1994 die nationalen Dachverbände zur besseren Außendarstellung und engeren Zusammenarbeit im Netzwerk NEWS! (Network of European Worldshops).

Die Idee des äeuropäischen Weltladentages“

Um mindestens einmal im Jahr im Rampenlicht der Öffentlichkeit zu stehen und um die Stärke der Weltläden eindrucksvoll und medienwirksam zu demonstrieren, wurde 1996 in einer Art europäischen Kooperation der Weltläden der ä1. Europäische Weltladentag“ mit dem Themenschwerpunkt äAfrika“ durchgeführt. Für die AG3WL ein unerwarteter Erfolg: nach ihren Angaben beteiligten sich ca. 1.500 Läden und Gruppen in 16 europäischen Ländern am äFrühstück mit Afrika“ und mehr als 150.000 Unterschriften mit der Forderung nach äFairem Handel mit Afrika“ konnten dem Europäischen Parlament übergeben werden.

äMade in Dignity - Hergestellt in Würde“...

...ist das Motto für eine einjährige Kampagne auf europäischer Ebene und zugleich Leitmotiv für den diesjährigen Weltladentag.

Der europaweite Aktionstag ist dabei der Auftakt zu der Kampagne, die mit einer gemeinsamen politischen Aktion, gerichtet an das Europäische Parlament und an multinationale Konzerne, am ä3. Europäischen Weltladentag“ im Mai 1998 enden wird.

Thematischer Schwerpunkt der Kampagne und des Weltladentages ist dabei die äSozial- und Umweltverträglichkeit des Fairen Handels“. Am Beispiel einiger Produkte (Textilien, Lederwaren, Spielwaren, Teppiche), soll gezeigt werden, was der alternativ-partnerschaftliche Handel für die ProduzentInnen in der sogenannten Dritten Welt bedeutet: u.a.

- Ausschaltung des Zwischenhandels in den Erzeugerländern

- bessere Arbeitsbedingungen,

- angemessene Mindestlöhne,

- garantierte Mindestpreise und langfristi- ge Abhnahmegarantien

- keine ausbeuterische Kinderarbeit,

- Zugang zu Bildungs- und Gesundheits- einrichtungen,

- Frauenförderung sowie

- Förderung von umweltfreundlichen Pro- duktionsweisen und Produkten.

Anders als im letzten Jahr wird es diesmal jeodch kein einheitliches Thema geben. Die jeweiligen nationalen Vorbereitungsgruppen entscheiden autonom, an welchem Produkt sie die Problematik verdeutlichen möchten. So hat sich die deutsche Gruppe für den Schwerpunkt äKinderspielzeug“ entschieden. Die deutschen Weltläden werden sich somit an diesem Tag besonders mit den Arbeitsbedingungen in der Spielzeugproduktion befassen.

Weltweiter Spielzeughandel

Spielzeug aus äFairem Handel“ ist ein typisches Weltladenprodukt: Handwerk von KleinproduzentInnen, aus natürlichen Rohstoffen und nur im Weltladen zu haben. Im konventionellen Handel dagegen gehören Spielwaren zu den Produkten, die häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen in Freihandelszonen in -zumeist asiatischen- Entwicklungs- und Schwellenländern für den Weltmarkt hergestellt werden: In Deutschland, dem größten Spielwarenmarkt Europas, stammt über die Hälfte der Spielwaren-Importe aus China. Niedrige Arbeitslöhne, mangelnder Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz, Zwangsarbeit und Gewerkschaftsverbot sind, so die AG3WL, einige der Bedingungen, unter denen die Plüschtiere und die knallig-bunten Plastikspielwaren für unsere kleinen Liebsten produziert werden.

Am 2. Europäischen Weltladentag...

...sollen daher am Beispiel Spielzeug die schlechten Arbeitsbedingungen angeprangert und die Einhaltung von sozialen Mindeststandards eingefordert werden. Das soll u.a. in einer Postkartenaktion an die zwei größten Spielzeuganbieter in Deutschland, VEDES und TOYS´R´US, geschehen. Außerdem wollen sich die Weltläden mit Spielzeug aus äFairem Handel“, das unter sozial- und umweltverträglichen Bedingungen hergestellt wird, als das positive Gegenbeispiel profilieren.

Und was passiert in Oldenburg & Umzu?

Für den Weltladentag sind auch in Oldenburg & Umzu lokale Aktivitäten geplant: Wenngleich nichts spektakuläres zu erwarten ist, so werden der äEine Welt“- Laden der KHG in Oldenburg, die Weltläden in Wardenburg, Westerstede, Edewecht und Falkenburg sowie der Initiativkreis in Rastede neben den vorgedruckten Protestpostkarten sicherlich spannende Informationen zum Thema äKinderspielzeug“ und über ihre anderen Produkte und Projekte bereithalten. An speziellen Angboten für Kinder und Jugendliche wird derzeit noch fieberhaft gearbeitet - nähere Informationen bitte in den entsprechenden Weltläden nachfragen!

Ausblick der Kampagne

Damit die Kampagne äMade in Dignity“ bis zum nächsten Weltladentag im Mai 1998 nicht in Vergessenheit gerät, ist für Anfang Oktober eine bundesweite Bananenkampagne geplant. Ziel dieser Aktion soll dann sein, analog zum Weltladentag, in einen äkritischen Dialog mit dem Fruchthandel“ (Rundschreiben der AG3WL) zu kommen und diesen zu bewegen, Bananen anzubieten, die unter Beachtung sozialer und ökologischer Mindeststandards produziert worden sind.

Mehr dazu zu gegebener Zeit. Jetzt heißt es ersteinmal: Augen auf für den ä2. Europäischen Weltladentag“!

Marco Klemmt


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