Oldenburger STACHEL Ausgabe 5/97      Seite 16
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Anti-Atom Maifeier in Ahaus

Frühlingserwachen des Widerstand und heißer Herbst?

Nach der Darstellung des Anti-Atom-Camps vom 30.4. bis 4.5. in Ahaus, das auch im letzten Stachel angekündigt wurde, möchte ich noch eine Ausblick auf mögliche Entwicklungen im Anti-Atom-Widerstand in der kommenden Zeit geben. Doch zuerst zu der neuen Entwicklung des Widestands gegen das Atommüllzwischenlagers in Ahaus.

Für einen Bus von Oldenburg nach Ahaus hat es dann doch nicht gereicht, aber auch so war Oldenburg gut vertreten. Die Mehrzahl der OldenburgerInnen kam am 30.4., passend zum Beginn des "Rock gegen Atom", in dem von der Ahauser UWG-Jugend organisierten Camp an. Von der angereisten Wendländischen Volxküche gabïs Brote und Eintopf, die Bands aus dem Münsterland spielten mit einer klasse PA und bei prima Wetter umsonst und draußen, es gab Stände mit Infomaterial, Essen und Trinken; insgesamt feierten um die 500 Leute gegen Atommüll in den 1. Mai.

Rund ums BZA

Im Laufe des Abend sollten noch mehrere Spaziergänge um das Zwischenlager stattfinden, aber schon beim ersten sollten wir zu dritt ab der Hälfte der Strecke unseren Privat-Polizisten gewinnen, der im folgenden die OldenburgerInnen in der Nähe des Zwischenlager immer freundlich begleitete. Auch bei dem späteren Nachtspaziergang um das BZA mit deutlich mehr Leuten war er wieder dabei. Bei einer Pause vor den Toren des BZA, wo am nächsten Tag der offiziell Endpunkt der Demo war, kam es dann noch zu einer längeren Diskussion mit einigen weiter Polizisten aus der Gegend. Interessant dabei war, daß auch die gewalttätigen Ausschreitung von Seiten Polizei während des letzten CASTOR-Transports von den Ahauser Polizisten nicht geleugnet wurden.

Der Morgen des 1. Mai begann dann mit Brot, frischen Brötchen und Kaffee aus der Volxküche. Ab 10:00 gabïs Live-Musik. An noch mehr viel Ständen als am Vortag gab es Infos zu Ahaus, Gorleben, ...., von und zu vielen Anti-Atom-Gruppen. Unter anderem hatte auch die Aktionskonferenz Umweltschutz Gronau einen Stand, an dem es Material u. a. zur Atom-Euregio, in der Ahaus zusammen mit Lingen, Almelo und Gronau, alles nahe beieinandergelegene Standorte von Atomanlagen, liegt, gab. Da es für Atommmülltransporte auf den Schienen nach Ahaus nur zwei Möglichkeiten gibt, nämlich über Coesfeld und über Gronau, kann Gronau beim nächsten Tag X in Ahaus sehr wichtig werden. Aus diesem Grund fand am Nachmittag des 1. Mai auch ein Gepräch zwischen einigen OldenburgerInnen und dem AKU Gronau statt, um eine "Städtepartnerschaft" zur Vorbereitung des Widerstands gegen nächsten CASTOR-Transport zu schließen. Schon bei den letzten beiden CASTOR-Transporten nach Gorleben hat sich die Oldenburger "Städtepartnerschaft" mit Hitzacker bewährt, mit Schlafmöglichkeiten für viele, günstig gelegenen Häusern, ortskundiger Beratung und vielfältiger Hilfe lassen sich gelungene Aktionen gegen den Transport viel leichter durchführen. Ergebnis des Gesprächs war, daß der Aufbau der Partnerschaft in der kommenden Zeit begonnen werden soll. Doch zurück zum Vormittag.

Gut gelaunt und gemeinsam gegen Castor

Allmählich fanden sich nach dem Frühstück viele Leute aus Ahaus und Umzu am Camp ein. Aber auch aus vielen anderen Städten waren zahlreiche angereist. Alleine aus dem Wendland sind insgesamt 350 Leute zum 1. Mai nach Ahaus gekommen; am Zelt der BI Ahaus wurden Fotos vom Widerstand im Wendland ausgestellt, die BI Gorleben, die IDAS, die Bäuerliche Notgemeinsachaft, ... - alle Gruppen des Wendlands waren vertreten. Gegen 11:00 fand dann eine Treckerparade der örtlichen Bauern am Brennelementezwischenlager entlang statt. Anstelle der erwarteteten 10 nahmen gut 30 Traktoren an der ersten Treckerdemo seit über 18 Jahren gegen das BZA teil. Im Anschluß zog die mit "X hoch 4 - auch nicht in Ahaus" und selbstgemalten Schildern und Transparenten geschmückte Treckerparade noch am Camp vorbei und leitete die offizielle Demo ein, an der gut 1500 Personen teilnahmen.

Nach der Aufstellung des Maibaums wurde der Eingangsbereich des BZA mit hübschen Anti-Atom-Sonnen und anderen Zeichnungen geschmückt während mehrere Rede- und Showbeiträge stattfanden. Bei der symbolischen Blockade des BZA erklärte unter anderem die BI Lüchow-Dannenberg Ihre Unterstützung auch gegen CASTOR-Transporte nach Ahaus, und eine Gruppe von Bergleute der Zeche "Fürst Leupold" wandte sich gegen die Verknüpfung der Kohle- mit der Atompolitik. Nach dem offiziellen Ende der Blockade fand im Camp das geplante Maifest statt, viele AtomkraftgegenerInnen zogen aber von der Vorderseite der BZA zu dem an der Hinterseite gelegenen Gleisanschluß und begannen dort, den Schotter unter den Gleisen nicht nur symbolisch wegzuscharren. Die anfangs nur 3 Polizisten waren von dieser Entwicklung völlig überfordert und selbst als noch weitere 3 und eine Kameramann hinzukamen, wurde die Situation für die Polizei nicht besser. Der Kameramann wurde schnell von 30 Leute mit Schildern, Transparenten und Fahnen umringt. Die Atmosphäre bei der ganzen Aktion war sehr nett, die Sonne war auf unserer Seite und schien kräftig, viele buddelten wie selbstverständlich, der Schotter flog überall nach links und rechts von den Schienen und die 6 Polizisten beschränkte sich darauf, zusammen am Rand zu stehen oder am Gleis auf- und abzugehen. Nach gut einer Stunde hörte das Gebuddele auf und alle gingen zurück ins Camp. Die Mehrzahl der OldenburgerInnen reiste am selben Nachmittag noch ab, auch ich kann über die für die folgenden Tage nur aus Schilderungen berichten.

Neben den Arbeitskreisen im Camp in den Tagen nach dem 1. Mai. fand am folgenden Freitag noch eine Fackelzugdemo um das BZA statt. Für den Fackelzug waren letztendlich 5 FackelträgerInnen genehmigt worden, tatsächlich waren es dann doch deutlich mehr. Insgesamt wurde das Camp und die Aktionen von den TeilnehmerInnen als Erfolg bewertet.

Insgesamt markiert dieses Anti-Atom-Camp eine völlig neu Qualität des Widerstand gegen das BZA in Ahaus. Schon die letzten monatlichen Sonntagsspaziergänge um das zeigten das Anwachsen des Widerstands, die TeilnehmerInnenzahl hat sich in den letzten Zeit von 50 über 100, 200 auf über 500 monatlich mehr als verdoppelt. Die Demo mit gut 1.500 AtomkraftgegnerInnen, die verstärkte lokale Unterstützung des Widerstands gegen die BZA, die gut an der Treckerdemo sowie der großen Teilnahme am Maifest deutlich wird, all das zeigt eine Entwicklung , die mit dem Wendland noch lange nicht vergleichbar ist, aber geeignet ist, alle Befürchtungen der Atomlobby in den Schatten zu stellen. Die Atomindustrie wird massive Probleme haben, Ahaus als Alternative für Gorleben zu etablieren.

Und was kommt in Zukunft ....

Als nächstes steht in Ahaus wieder ein Sonntagsspaziergang am 18.5 um das BZA auf dem Programm, der diesmal unter dem Motto "Schraube locker" steht. An diesem Sonntag wollen einige OldenburgerInnen auch noch einen Abstecher nach Gronau unternehmen, um die schon oben erwähnte Städtepartnerschaft auszubauen. Die OlgA plant, zu jedem zukünftigen Sonntagsspaziergang in Ahaus, jeweils am 3. Sonntag im Monat, mit mindestens einem Auto zu fahren. InteressentInnen an den Sonntagsspaziergäng können sich unter 0441-7775455 melden.

Am 23.5 - 25.5. wird in Münster die Anti-AKW-Frühjahrskonferenz stattfinden, auf der der Themenkomplex CASTOR-Transporte, auch speziell nach Ahaus, und die Organisation des Widerstands dagegen den Schwerpunkt bilden wird. Anmeldung und Infos über Tel. 0251-521 112.

Um die Dynamik der Anti-Atom-Bewegung zu zeigen, jetzt eine nicht vollständige Auflistung der zukünftigen Termine:

Für diesen Sommer sind mehrere Anti-Atom-Radtouren geplant, Anmeldung zur gRADwanderung von Bonn, 19.7. nach Gorleben 30.7. - 3.8. ist über 0102-910623 möglich. Parallel finden weitere Radtouren statt, die ebenfalls am 1. Augustwochenende in Gorleben enden. Vom 31.5. bis 1.6 findet eine große Demonstration gegen eine geplanten AKW-Neubau an der Loire-Mündung statt, für den Juli ist ein Anti-Atom-Camp in Temelin (Tschechien) vom 6.7. - 14.7. geplant, vom 1.8. bis 3.8. findet ein Anti-AKW-Camp in Biblis statt. In Morsleben ist vom 8.8. - 17.8. ein Anti-Atom-Camp geplant, Hauptaktionstag soll dort der 16.8. werden. Aber auch schon in den Monaten vorher sollen verschiedene Aktionen und Blockaden stattfinden. Für den Sommer sind weiter, noch ohne Termin, ein X-tausendmal-quer Nachbereitungscamp sowie ein Festival im Wendland in Vorbereitung. Und in Ahaus soll im Sommer wohl auch noch ein Camp stattfinden. Weiter finden Vorbereitungen für eine Campagne statt, einen CASTOR-Transport in eine WAA außerhalb Deutschlands zu stoppen. Auch diese Campagne wird auf der Anti-AKW-Frühjahrskonferenz in Münster ein Thema sein.

Für Oldenburg ist das vom 8.8.-10.8. geplante Anti-AKW-Camp in Esensham an der Unterweser besonders wichtig, da Esensham das AKW vor unserer Haustür ist.

Die Anti-Atom-Bewegung entwickelt momentan eine völlig neue Dynamik, die einen starken Widerstand im Herbst gegen einen CASTOR-Transport nach Ahaus sicher macht.

Weitere Infos zu oben aufgelisteten Terminen gibt es über Tel. 0441-7775455, oder beim nächsten Oldenburger-Anti-Atom-Plenum, das sich am 20.5. um 20:00 im Beppo trifft. Alle Interessierten sind zu diesem Treffen herzlich eingeladen.

Richard Meinsen


Diese Veröffentlichung unterliegt dem Impressum des Oldenburger Stachel. Differenzen zur gedruckten Fassung sind nicht auszuschließen.
Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum