Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/97      Seite 7
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Monströse Autostampfer-Show

Unter Titeln wie Big Foot, Monster Truck, Car Killer, Monstershow, Les Arranis werden derzeit Oldenburgs Umlandgemeinden heimgesucht.

Der Veranstalter sammelt Schrottautos, mit denen während der Vorführung jeweils kurze Zeit mit martialischem Fahrverhalten rumgekurvt wird. Nachdem die Fahrzeuge so ruiniert sind, daß sich nichts mehr tut, werden sie von einer überdimensionierten Maschine überrollt. Angeblich riskieren die Artisten ihr Leben - die größere Gefahr liegt jedoch beim Publikum - durch unzureichende Absicherungen.

Was spricht dagegen, wenn eines der größten Mitweltdesaster unserer Zeit sich gewissermaßen selbst beseitigt. Kriterien für eine Entscheidung können die Sicherheit der Mitmenschen, der AkteurInnen, der Mitwelt oder auch inhaltliche Aspekte sein.

Wenn mehrfach Verwaltungen nichts gegen diese Vorführungen hatten, dürfen wir daraus schließen, daß Gewalt gegen Sachen nunmehr up to date ist? In der Gemeinde Großenkneten bestand der größte Teil des Publikums aus Kindern bis Jugendlichen. Sind das die Crash-Kids von morgen? Wie werden die Straßenrennen der Zukunft aussehen, wenn die Kinder durch solche Vorbilder geprägt sind?

Nicht einfach Schrott

Die Zeichen der Zeit stehen auf Ressourcenschonung. Nach Ansicht eines Teil des Publikums ist diese Schrottstampferei ein Frevel: "Die Teile sind doch noch gut! So eine Motorhaube hätte ich gebraucht. Ich mußte mir eine fabrikneue kaufen." Ein anderer zeigte auf einen fast fabrikneuen Auspuff.

Aus dem Blick...

In Großenkneten wurde der Umweltschutz mit den Füßen getreten: So lief Benzin aus dem Schrott in Sand und in Straßendrainage, möglicherweise auch noch andere Flüssigkeiten - wie dies zu erwarten war.

Heute spielen wir Kinder anzünden

Besonders schlimm war, daß nach der Veranstaltung Kinder und Erwachsene in den Lachen der verschiedenen Flüssigkeiten herumstapfen durften - was nicht nur ein gesundheitlich zweifelhaftes "Vergnügen", sondern zudem extrem gefährlich war. Hinzu kam, daß die Elektrik in dem Schrott nach wie vor aktiv war und Funken sprühte. Niemand versuchte das Publikum an dieser Stelle zu schützen, kein Hinweis verbot das Rauchen.

Das aktuelle Recht überträgt die Verantwortung hierzu auf die jeweilige VeranstalterIn. Jedoch muß sich eine Gemeindeverwaltung fragen lassen, warum sie eine solche Veranstaltung auf einem unzureichend gesicherten Gelände zuläßt und trotz der monströsen Ausrichtung niemand anwesend ist, etwaige Auflagen zu überprüfen. "Die waren schon mal da und es war nichts zu bemängeln" ist eine leichtfertige Aussage, wenn niemand da war, der hätte bemängeln können. Wo z.B. sind die Meßwerte, mit denen die Einhaltung der Richtlinie zum Freizeitlärm belegt werden könnten.

Positive Tendenzen

Die Gemeinden Wardenburg, Hatten, Elsfleth sagten die Veranstaltungen nach starken BürgerInnenprotesten ab - teilweise waren bereits Genehmigungen erfolgt. Zur Zeit des Redaktionsschlusses zeichnete sich ebensolches in Hude ab. In Ganderkesee war die Verwaltung noch unschlüssig. Bad Zwischenahn fährt solche Veranstaltungen zurück (dafür geht es jetzt in Karibischen Nächten im Doppeldecker-Flugzeug über "Wald und Flur"). Westerstede wird es nicht genehmigen. In Varel gibt es sowas schon lange nicht mehr. Einzig im Luftkurort Rastede wurde sich seitens der Verwaltung eindeutig FÜR die Veranstaltung ausgesprochen: Es handele sich um eine objektive, juristisch fundierte Entscheidung. Nach Informationen dortigen politischen Kreisen läßt sich jedoch für zukünftige Veranstaltungen ebenfalls prognostizieren, daß diese nicht mehr stattfinden sollen.

Wachsam bleiben

Dennoch bleibt Wachsamkeit angesagt: In den genannten Gemeinden hat sich ein positiver Umdenkungsprozeß gezeigt. Wie kann diese Tendenz ausgeweitet werden? Die vergangenen Wochen haben gezeigt, daß sich der Einsatz einzelner BürgerInnen durchaus lohnen kann. Hilfreich ist für alle Fälle, wenn die Politik Nutzungsrichtlinien für öffentliches Gelände erläßt, die bestimmte Nutzungen ausschließt. Problematisch bleiben solche Vorführungen auf Privatgelände (z.B. Edewecht) - sicherlich läßt sich aber auch hier ein Weg finden.

Als sehr bedauerlich

empfinde ich, daß ich wesentliche Teile der Lebensart und Darbietung ausgesprochen gut finde und mich trotzdem dagegen aussprechen muß. Zirkus, Artistik, fahrendes Volk usw. sind für mich Ausdruck lebendiger Lebensart. Umso erschreckender war für mich bei der Veranstaltung in Großenkneten, was daraus geworden ist.

Vielleicht werden irgendwann auch die Mitglieder der Monster Truck Firma verstehen, daß sich die Kritik nicht gegen sie, sondern gegen ihr mitweltschädliches Tun richtet.

Gerold Korbus


Diese Veröffentlichung unterliegt dem Impressum des Oldenburger Stachel. Differenzen zur gedruckten Fassung sind nicht auszuschließen.
Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum