Oldenburger STACHEL Ausgabe 12/97      Seite 7
 
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Der Widerstand wächst

Zur Erinnerung: an der Universität Bremen will Dr. Kreiter (Neurobiologe) Grundlagenforschung an den Gehirnen von wachen Affen durchführen. Unter völliger Mißachtung aller ethischen Aspekte sollen diese bedauernswerten Geschöpfe eingesperrt, unter Nahrungsentzug isoliert und im folgenden mehrfach am Gehirn operiert werden, um dann mehrere Stunden am Tag, eingezwängt in einen Plexiglasstuhl, Wahrnehmungsexperimente am Computer durchzuführen. Dabei werden ihnen im wachen Zustand millimeterdicke Elektroden ins offenen Gehirn eingefahren. Laut Dr. Kreiter haben die Affen es im Labor sogar besser als in der freien Wildbahn, da sie hier nicht von den Bäumen fallen können und sich Verletzungen zuziehen. Nach mehreren Jahren dieser Tortur werden die Tiere als Abschluß, falls keine weitere Verwertung möglich ist, getötet und deren Gehirn seziert.

Alles im Namen der Wissenschaft, im Namen der Grundlagenforschung, mit der offensichtlichen Scheinargumentation, die Ergebnisse können vielleicht einmal dazu beitragen, die Kenntnisse über die Vorgänge bestimmter Krankheiten zu erweitern, soweit diese überhaupt etwas mit Vorgängen im Gehirn zu tun haben. Die moderne Wissenschaft läßt grüßen.

Einige wenige Wissenschaftler wollen hier ihren Forschungsdrang austoben und ihre Karrieren vorantreiben; Tiere, auch hochentwickelte Affen, sind dabei Verbrauchsmaterial. Ethische Aspekte werden von Kommissionen geklärt, in denen sich die gleichen Wissenschafler widerfinden und ihre eigenen Experimente genehmigen.

Die Universität Oldenburg, mit sechs Professoren im Sonderforschungsbereich 517 Bremen / Oldenburg vertreten, in dessen Rahmen diese Experimente durchgeführt werden sollen, spricht (Präsident Daxner) von einer Denunziation von Professoren aus diesem SFB; es sei keiner der Oldenburger Professoren direkt an den Experimenten beteiligt.

Diese gesamte Thematik offenbart die wachsende Schizophrenie bestimmter Bereiche der Naturwissenschaft und ihrer Experimentatoren. Wissenschaft ist zu einem Selbstzweck geworden, Forschungseinrichtungen wie auch die Universitäten sind der Meinung, vor dem Hintergrund der Freiheit von Forschung und Lehre niemanden mehr Rechenschaft, geschweige denn Rechtfertigung über ihre Forschungen ablegen zu müssen, erst recht nicht der Öffentlichkeit, wie Herr Daxner verlauten ließ. Und besagte sechs Oldenburger Professoren bauen in enger Kooperation mit der Uni Bremen in jahrelanger Arbeit einen Sonderforschungsbereich auf, preisen sich durch ihren Sprecher Prof. Roth (Uni Bremen) der vollkommenen Verzahnung der einzelnen Forschungsinteressen sowie der totalen Interdisziplinarität in jedem Bereich diesen einzigartigen Forschungsverbundes, um sich dann in der Frage der Affenversuche schlagartig vollkommen zu distanzieren, aber nur hinter vorgehaltener Hand; es geschehe alles nur in Bremen, kein Oldenburger Prof. ist an den Experimenten aktiv beteiligt. Die Oldenburger Professoren sind also gänzlich unbeteiligt ?

Bei soviel scheinheiliger Logik kann man fast nur gratulieren. Hier wird jedem alles gesagt, der Öffentlichkeit immer alles verkauft, Hauptsache es kann weiter geforscht werden, im Namen der Wissenschaft.

Das aktuelle Beispiel belegt überdeutlich, daß sich Wissenschaft und Wissenschaftler vollkommen verselbstständigt haben und die Ablösung von gesellschaftlichen Interessen auch noch gesetzlich zementieren bzw. durch beratende, aber bitte nicht mitentscheidende Etikkommissionen abdecken lassen. Der Wert des Lebens verkommt zu einem Paragraphen, nicht nur der der betroffenen Tiere, sondern auch der der betroffenen Menschen, denen Heilung versprochen wird, ohne auch nur wirklich daran zu denken.

Es ist dringend Zeit, diesem Treiben ein Ende zu setzen. Wir bewegen uns auf ein neues Jahrtausend zu, das nicht nur nominell ein neues Zeitalter darstellen sollte. Wissenschaft muß wieder ethisch vertretbar sein, muß wirklich dem Lebewesen dienen, dem Fortschritt des gesamten Planeten Erde, nicht nur egozentrishen menschlichen Interessen, schon garnicht denen einiger Wissenschaftler, die sich ohne Skrupel auf dem Leiden ihres Verbrauchsmaterials Tier austoben.

Der Widerstand in Bremen sowie auch in Oldenburg wächst täglich. Erste politische Entscheidungen in Bremen könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß sich der Großteil der Uni Bremen deutlich gegen diese Experimente und Dr. Kreiter ausgesprechen; ein entsprechendes Memorandum ist in kürzester Zeit schon von über 80 Hochschulprofessoren aller Fachbereiche (!!) unterschrieben worden. Jeden Tag melden sich Personen und Organisationen aus dem gesamten Bundesgebiet und bekunden ihr Interesse am Widerstand. Große studentische Proteste sind für das kommende Jahr in Planung, Tierschutzgruppen aller Art bereiten momentan ihren Widerstand vor. Es entpuppt sich immer mehr als fataler Fehler der Universitäten Bremen und Oldenburg zu glauben, man könne einen solchen Lehrstuhl an der Öffentlichkeit vorbei einrichten oder durch eine schienheilige Verpackung als Krankheitsforschung verkaufen.

Klar ist jedoch, daß nur noch der gesammelte Widerstand aller diese Stelle verhindern und somit das Leben der Affen retten kann. Nur die Tat zählt, nur eine aktive Beteiligung kann einer solch ethisch verachtenswerten Forschung endlich Einhalt gebieten.

Beteiligt euch am Widerstand ! Wendet euch an die aktiven Tierschutzgruppen der jeweiligen Universitäten, den Tierschutzverein, die Uni - Leitungen sowie an die Politiker und ihre Parteien, allen voran Bürgermeister Scherf (Bremen) !

Noch mußte kein Affe sseinen Leidensweg beginnen, noch sind die Tierställe an der Uni Bremen nicht gebaut; der Widerstand ist schon groß, aber noch lange nicht groß und durchschlagskräftig genug !

Es ist keine Zeit mehr zu verlieren !

Es bleibt dabei: Wer schweigt, macht sich mitschuldig !

Kontaktadressen:

Arbeitsgemeinschaft für Tierrechte

AStA der Universität Bremen

Bibliothekstraße

28359 Bremen

Arbeitsgemeinschaft für Tierrechte

AStA der Universität Oldenburg

Uhlhornsweg

26129 Oldenburg

Andreas


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