Oldenburger STACHEL Ausgabe 9/98      Seite 1
 
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Greenpeace träumt von "Stromwechsel"

"Ohne Risiken und Nebenwirkungen" soll er sein, der Strom, der aus der Steckdose kommt. Der Atomausstieg läßt noch auf sich warten, das von der Bundesregierung propagierte Klimaschutz-Ziel, bis 2005 25 Prozent weniger Kohlendioxid (CO²) auszustoßen, ist noch in weiter Ferne. Aber durch den Fall der Strommonopole seit Ende April 1998, die sogenannte "Liberalisierung des Strommarktes", hat sich für die Herbeiführung einer Energiewende ein neues Handlungsfeld aufgetan.

Erzeuger von ökologischem Strom aus Wind, Wasser, Biomasse und von der Sonne können die geneigten Kunden jetzt direkt beliefern, bzw. diese können auf dem jetzt freien Markt ihren Lieferanten frei wählen. Also EWE ade´, scheiden tut nicht weh, statt Atomstrom jetzt nur noch Sonnenstrom?

Im Netz der Stromkonzerne

Aber leider gibt es auch in diesem Paradies der Marktwirtschaft eine Schlange, nein, ein ganzes Netz: das Leitungsnetz nämlich gehört immer noch den "bösen" Stromkonzernen. Die erlauben zwar großzügig (weil vom Gesetzgeber so gewollt) die Mitnutzung ihres Leitungsnetzes durch andere Anbieter, aber nicht, ohne dafür saftige "Wegezölle" bzw. Netzgebühren zu erheben. Und nicht nur das: Damit ihnen auch nichts entgeht, müssen der Mitbewerber auf dem Strommarkt wie auch seine Kunden genau nachweisen, wieviel Strom sie in das Netz eingespeist bzw. gleichzeitig daraus abgezapft haben. Die Gleichzeitigkeit ist den Energieversorgungsunternehmen sehr wichtig, denn sie verlangt vom alternativen Stromproduzenten und seinen Kunden einen hohen meßtechnischen Aufwand, um damit die abrechnungstechnische Seite für das Versorgungsunternehmen kontrollierbarer zu machen. Das ist zwar machbar, aber für kleine Strommengen nicht lohnend.

Die Ökostrom-Anbieter

Trotzdem gibt es schon eine Reihe von regionalen und auch bundesweit organisierten Unternehmen, die Ökostrom anbieten wollen, und zwar ab Januar 1999, ganz konkret. Beispielsweise haben neun Organisationen, zu denen die Umweltverbände BUND und NABU ebenso gehören wie der Bundesverband Windenergie die Naturstrom AG (NATAG) gegründet, die ihren Sitz in Düsseldorf haben wird. Ein anderes Unternehmen aus Hamburg, in dem sich mehrere Energiemarktspezialisten mit Insider-Kenntnissen aus der Stromwirtschaft zusammengeschlossen haben, nennt sich "Grüner Strom AG". Da aber auch konventionelle Energieversorgungsunternehmen über regenerative Energiequellen verfügen. z.B. Windkraftanlagen oder Wasserkraftwerke, die außerdem nicht das Handicap mit der Stromdurchleitung haben - ihnen gehört das Netz - hat die Europäische Sonnenenergievereinigung EUROSOLAR Kriterien für umweltfreundlich erzeugten Strom aufgestellt: Mindestens 50 Prozent des Stroms eines Anbieters müssen aus regenerativen Energiequellen stammen, Atomstrom ist außerdem tabu.

Greenpeace startet "Aktion Stromwechsel"

Um die Benachteiligung für die Anbieter von umweltfreundlichem Strom zu beseitigen und möglichst vielen Verbrauchern den Zugang zu alternativen Stromanbietern zu ermöglichen, hat Greenpeace die "Aktion Stromwechsel" gestartet. Der erste und wichtigste Schritt dabei ist es, Absichtserklärungen der Verbraucher mittels einer Postkartenaktion zu sammeln. Der zweite Schritt ist es, den Politikern und Stromversorgern "Dampf zu machen", damit sie die Benachteiligung für sauberen Strom aus der Steckdose aufheben - wie das die Stromversorger für den Telekommunikationsmarkt selbst als "Branchenneulinge" für sich eingefordert haben, um das Monopol der Telecom zu brechen. Jetzt müssen sie sich daran messen lassen: Was für das Telefonnetz gilt, muß auch für die Stromnetze Wirklichkeit werden.

Allein der Gesetzgeber kann durch klare gesetzliche Regelungen und eine entsprechend ausgestattete Aufsichtsbehörde dafür sorgen, daß kurzfristig die Markterschwernisse für neue, unabhängige Produzenten beseitigt werden, indem er die Gebühren für den Netzzugang staatlich regelt.

Verbraucher werden aktiv

Greenpeace hat das Ziel, viele Stromkunden zum Mitmachen bei der "Aktion Stromwechsel" zuz animieren, d.h. zu erklären, daß sie sauberen Strom beziehen und zu einem "grünen Stromversorger" wechseln wollen.

Die Greenpeace Gruppe Oldenburg unterstützt diese Kampagne mit einer Aktion auf dem diesjährigen Ökomarkt. Aktions-Postkarten und Informationsmaterial werden dort verteilt. Wer diese Gelegenheit verpaßt hat, muß nicht auf eine Teilnahme an der Aktion verzichten. Greenpeace Hamburg hilft mit einem Service-Telefon weiter (040 30618 120). Wer weiß, wo das Umwelthaus ist (im PFL), kann sich dort die Postkarte abholen und bei weitergehendem Interesse mit der Oldenburger Greenpeace Gruppe Kontakt aufnehmen.

tog

 

 
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