Oldenburger STACHEL Ausgabe 12/98      Seite 10
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Radio-Frequenzen für Oldenburg

Die Themen:


Schuldsuche=Entschuldigung?

Der Verein "Männer gegen Männergewalt" wendet sich in einer Presseerklärung anläßlich des Rieken-Prozesses dagegen, die Morde des Angeklagten als Ausdruck einer abnormen Form der Sexualität anzusehen und eine "eigentliche Schuld" im Umfeld Riekens zu suchen. Der Verein schreibt: "Sexualisierte Gewalt hat nichts mit Lust oder Erotik zu tun, der Täter erlebt in den seltensten Fällen eine sexuelle Erfüllung. Ihm geht es um die Verletzung und Demütigung der anderen Person. ... Der Mann benutzt seine Sexualität als Vehikel, um gewalttätig zu werden. Grundsätzlich werden durch sexualisierte Gewalt nichtsexuelle Motive kompensiert. Der Täter will damit eigene, ihm unangenehme Gefühle abwehren."

"Die Verantwortung für die sexualisierte Gewalt und die Folgen hat der Täter. Statt von Verantwortung zu sprechen, die auf Veränderungsmöglichkeiten verweist, reden jedoch alle Beteiligte von Schuld, die nur gesühnt werden kann.

Der Täter erklärt das Opfer für verantwortlich, z.B. indem er behauptet, verführt worden zu sein. Gutachter sollen Prognosen erstellen, ob der Täter im späteren Leben wieder gewalttätig wird. Die Aufgabe der Gutachten besteht darin, peinlich genau die Lebensgeschichte des Täters zu durchforsten, um entschuldigende oder strafmildernde Umstände zu finden. Dieses wird vom Täter nach Kräften unterstützt, stellt es ihn doch als Opfer dar, das nicht so viel Schuld hat. Seine Verantwortungsabga be wird mit Strafminderung belohnt.

Typisch für die Gewaltdynamik ist, daß versucht wird herauszufinden, wer jetzt die "eigentliche Schuld" daran hat, daß der Mann (wiederholt) gewalttätig geworden ist. Die Verantwortung für seine Tat hat jedoch immer der Täter. ... Jede Suche nach weiteren "Schuldigen" dient letzten Endes der Entschuldigung des Täters. ...

Voraussetzung (für Unterstützung bei der Überwindung der Gewalttätigkeit) ist, daß sich der Mann veträndern will. Therapie und Strafe müssen strikt getrennt sein. Das wesentliche Element ... ist die Übernahme von Verantwortung für seine Taten durch den Mann. Sexualisierte Gewalt kann nur durch die therapeutische Arbeit mit dem Täter wirklich und dauerhaft verhindert werden. Täter suchen sich ansonsten wieder ein neues Opfer."


Geheimgehalten: Raucher-Werbung verführt Jugendliche

Das Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung kommt in einer Studie zu dem Ergebnis, daß besonders Jugendliche durch Werbung dazu verführt werden, das Rauchen anzufangen. In der "Phase der Identitätsbildu ng" der Jugendlichen wirkten die "suggerierte Unabhängigkeit" und die Symbole der Erwachsenenwelt besonders stark. Die Untersuchung bestätigt die Aussagen anderer internationaler Studien, daß der Tabakkonsum nach einem Werbeverbot sinkt. In Norwegen, Finnland, Neuseeland und Frankreich ist Tabakwerbung zum Teil schon seit Jahrzehnten verboten. Dort nahm der Tabakverbrauch stärker ab als in Deutschland.

Die Raucher-Studie war vom CSU- Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben worden. Dort wurde sie dann "über Monate unter der Decke gehalten", so Reiner Hanewinkel, einer der Autoren. Schon im Dezember 1997 lag die Studie vor, trotzdem klagte die alte Bundesregierung im letzten Jahr beim Europäischen Gerichtshof gegen ein geplantes Tabakwerbeverbot der Europäischen Union.


Ecstasy-Folgen

Der Konsum von Ecstasy kann zu nachhaltigen Schäden führen. Das haben Wissenschaftler des National Institute of Mental Health in Bethesda und der Johns Hopkins Medical Institiutions in Baltimore herausgefunden. Bei Tierversuchen war bereits festgestellt worden, daß ein Ecstasy-Wirkstoff die Wiederaufnahme des Botenstoffes Serotonin in die Nervenzellen verhindert. Serotonin verursacht Euphorie-Gefühle, es koordiniert auch die Aktivität benachbarter Gehirnbereiche. Ecstasy-Konsum bewirkt eine Verengung von Blutgefäßen, das wiederum erzeugt Sauerstoff- und Glukose-Engpässe. Folge: Nervenenden sterben ab. Die amerikanischen Wissenschaftler haben nun nachweisen können, daß ehemalige Ecstasy- Konsumenten über weniger "Serotonin- Transporter" verfügen als Menschen, die nie Ecstasy geschluckt haben. Die Transporter sitzen an den Enden der Nervenzellen und sorgen dafür, daß Serotonin wieder in die Zelle aufgenommen wird. Das Ausmaß der Schädigung hängt von der individuellen Anfälligkeit ab. Diskotheken- Klima und Erschöpfung durch Tanzen können das Absterben der Nervenenden beschleunigen.


Internationale Workcamps

Der Service Civil International (SCI) sucht CampleiterInnen für die Leitung internationaler Workcamps, die im Sommer in Deutschland stattfinden. Politisch und gruppenpädagogisch interessierte junge Menschen werden in einem einwöchigen Frühjahrsseminar auf diese freiwillige Leitungstätigkeit vorbereitet. Die CampleiterInnen sind an der inhaltlichen Vorbereitung und Gestaltung des Camps beteiligt. Eine Bescheinigung über ein pädagogisches Praktikum wird ausgestellt.

Für TeilknehmerInnen an internationalen Workcamps in gemeinnützigen Projekten in Asien, Afrika und Lateinamerika bietet der SCI noch freie Plätze an. Aufforstungsarbeite n in Panama, Renovierung von Schulen in Simbabwe oder Hilfe in einem Flüchtlingslager in Sri Lanka: In über 20 Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas können junge Menschen ab 21 in zwei- bis achtwöchtigen Workcamps Eindrücke und Erfahrungen in enger Zusammenarbeit mit der Bevölkerung sammeln. Die Vorbereitungsseminare finden im Mai 1999 statt.

Infos, Anmeldeunterlagen bei: Service Civil International, Blücherstr. 14, 53115 Bonn, Tel. 0228-212086/7, e-mail: sci-infoAFFEtronet.de, Homepage: http://home.tron et.de/sci-d


CASTOR: erneutes Sicherheitsloch

Zwei Arten von CASTOREN sind erneut als unsicher einzustufen. So ist bei dem Typ 440-84 ein Leck aufgetreten, dessen Ausmaße bei Redaktionsschluß noch nicht abzusehen waren. Diese Typ wird nicht nur für den Transport, sondern zum Teil auch zur Lagerung in Ahaus und Gorleben verwendet.

Außerdem kam heraus, daß die französische COGEMA bereits seit längerem von Defekten am Typ NTL 10 wußte. Dies hat sie der PREAG mitgeteilt, die am 20.11.98 die Niedersächsische Landesregierung unterrichtete. Weitere Informationen: Oldenburger Energierat (OL,52333) oder OLgA.


Zur Kaffeefahrt in die Uni?

An sich ist Mental-Training nichts Schlechtes. Völlige Ignoranz gegenüber strukturellen Bedingungen und sozialen Belastungen jedoch betete Thorsten Schröter vor ca. 150 (!) Menschen herunter. Diese waren gekommen, um etwas über den "Weg zum Inneren und Äußeren Reichtum" zu erfahren. Tatsächlich wiederholte er ständig mit leichten Variationen die Neuauflage des Sprichwortes, dasz jeder seines Glückes Schmied sei. Da ist sicher ein Kern Wahrheit dran. Doch auch durch gehirnwäscheartige Wiederholungen wird es nicht der Weisheit letzter Schluß. Bleibt festzustellen, dasz z.B. die Gedächtnisfunktionen von Frederik Vester besser beschrieben werden ("Denken, Lernen und Vergessen").

Selbst vor Kindern wird nicht Halt gemacht: Beim Kinder-Mental-Training (nur 380 DM plus 40 DM für Essen) lernt das Kind "unliebsame Gewohnheiten wie Lernschwächen, Desinteresse, Aggressivität, Über- und Untergewicht kontrolliert zu verändern." Denn es wird ihnen ein "... unfehlbarer Erfolgsplan für ihr Leben aufgezeigt."

Warum sich die Universität als Veranstaltungsort dazu hergibt, für solches den Schein der Wissenschaftlichkeit zu bieten, bleibt ein offenes Rätsel. Es ist Mißbrauch, wenn in Zeiten verbreiteter Verunsicherung Patentrezepte verkauft werden.


Diskriminiertes Alter

An der Universität, die sich anmaßt, den Namen Carl von Ossietzkys zu tragen, wird alles Alter über 60 teuer. Denn nunmehr müssen alle Student-inn-en über 60 Jahre Studiengebühren bezahlen. Da es sich beim Alter um ein unveräußerliches Merkmal wie Geschlecht, Hautfarbe oder sexuelle Neigung handelt, beinhalten die Altersgebühren nach verbreiteter Auffassung einen Verstoß gegen das im Grundgesetz festgelegte Diskriminierungsverbot. Hoffentlich bringen die älteren Kommiliton-inn-en die Energie auf, sich gegen diese Diskriminierung zu wehren.


"Natur"-Watt?

Die Eine Will Einnehmen (EWE) hat ein Subunternehmen mit Namen Naturwatt gegründet. EWE "Natur"-Watt trägt stolz den Namen EWE in jede Öko-Diskussion. Selbst wenn direkt kein Geld an die EWE fließen sollte, lohnt sich diese Image-Werbung. Lange wurden seitens der EWE regenerative Energiequellen verteufelt. Mal kritisierte ausgerechnet die EWE Belastungen für die Natur, dann wieder war der eingespeiste Strom zu teuer. Jetzt soll der wachsende Markt mit eigener Firma beackert werden.

Ein weiterer Kritikpunkt liegt darin, daß das EWE-Unternehmen nach eigener Aussage im Wesentlichen "Bio"-Gas zur Stromherstellung verwendet bzw. einkauft. Dieses stammt zum großen Teil aus der konventionellen Landwirtschaft. Wer also bei "Natur"-Watt kauft, fördert damit indirekt die Massentierhaltung. Was ist daran noch "Natur"?


Ostermarsch 1999

Kaum ist Weihnachten vorbei, geht es schon wieder verschärft auf Ostern zu ! Deshalb lädt der Arbeitskreis Friedenswoche alle interessierten Frauen und Männer zum 1. Vorbereitungstreffen für den Ostermarsch 1999 ein, das am Dienstag den 19.1. um 19.30h im Gemeindehaus Peterstraße 27 stattfindet.


Musikerportraits

Noch bis zum 31.1.1999 lassen sich im Jazzclub Alluvium Fotografien mit Musikerportraits von M.Zimmermann bewundern. Die Besichtigung ist zu den Veranstaltungen und nach Vereinbarung unter Tel. 0441/7775778 möglich.


Aktion konkrete Unterstützung

An vielen Orten haben sich Gruppen gebildet, die zum einen öffentlich gegen die rassischtische Politik auftreten und zum anderen Strukturen aufbauen, die es Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltstatus ermöglichen soll, hier zu (über-)leben. In Oldenburg baut zur Zeit die Initiative für offene Grenzen ein Netzwerk zur Unterstützung Illegalisierter auf. Ziel des Netzwerks ist, die konkrete Unterstützung für Illegalisierte durch möglichst viele Menschen zu tragen. Damit verbunden ist die Hoffnung, durch diese breit getragene Gegenstruktur das Klima in Oldenburg dahingehend zu verändern, daß das Thema "Illegalisierung" in der größeren Öffentlichkeit zu Gunsten der Illegalisierten diskutiert wird. Die herrschende Repression und Ausgrenzung soll nicht mehr reibeungslos funktionieren. Konkret bedeutet das Netzwerk, in verschiedenen Bereichen Gruppen und Einzelpersonen zu kennen, die sich mit den Illegalisierten solidarisieren und nach ihren Möglichkeiten Geld, Wohnraum, Arbeitsplätze, Ausbildung oder medizinische Versorgung bereitzustellen.

Kontaktadresse: Aktion konkrete Unterstützung- netzwerk für Menschen ohne Papiere/ c/o Initiative für offene Grenzen - gegen Abschiebung und Sondergesetze! /Kaiserstr. 24 /26122 Oldenburg /Tel.: 0441/248175

 

 
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