Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/99      Seite 1
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Unterwegs mit dem Verkehrsausschuß

Am 19. Mai begab sich der Verkehrsausschuß aufs Rad. Man wollte vornehmlich in Osternburg ein paar Problempunkte in der Straßenverkehrsführung beäugen. Somit traf man sich zwei Stunden vor der eigentlichen Sitzung vor dem Oldenburger Schloß an der Kreuzung des Innenstadtrings mit dem Damm. Der Grund für diese Unternehmung lag ursprünglich in einem Streit zur Novellierung der StVO: der Vertreter des ADFC hat mehrfach auf eine konsequentere Umsetzung im Sinne der Novelle gedrängt, nämlich der Fahrradverkehrsförderung. Den aufmerksamen Teilnehmern dieser Gruppenfahrt sind sicherlich auch Probleme, die nicht explizit angesprochen wurden, aufgefallen. Daß trotz der öffentlichen Ankündigung in der Tageszeitung praktisch nur der Ausschuß erschienen war, zeigt jedoch ein geringes Interesse an den radspezifischen Verkehrsverhältnissen. Es erschienen lediglich ein weiterer Vertreter des ADFC, ein junger Mann mit Kind und ich. Auch der Ausschuß selbst war nicht in seiner üblichen Zusammensetzung da: es fehlten etwa die Hälfte der Politiker, wohingegen von der Verwaltung auch die nicht ständig an den Ausschußsitzungen beteiligten Personen erschienen.

Los geht's

Die zirka 20 Teilnehmer, die vor dem eigentlichen Start schon den Fußweg an der Ecke des Treffpunktes komplett belegten und dann beim Losfahren auch die vom Damm kommenden Radfahrer behinderten, trafen schon bei der Überquerung des Schloßwalls auf das erste Problem: gelten auf der zweiten Hälfte die beiden Fußgängerampeln auch für den Radfahrer oder muß er sich an die Radfahrerampel halten. Ordnungsamtsleiter Ramin hielt sich an die Fußgängerampel, die eher Rot zeigt und ließ sich erst durch die von hinten drängenden, die sich an der grünen Radfahrerampel orientierten, dazu bringen, doch weiterzufahren. Nun ging es auch schon den Damm entlang. Vor der Cäcilienbrücke dann die erste Situation, die andere Radfahrer dazu veranlaßte, auf die Straße auszuweichen: Aufgrund der nicht vorhandenen Aufstellflächen und der Unachtsamkeit der Mitradelnden blockierten wir den Radweg und Fußweg Richtung Westfalendamm.

Hinter der Brücke war dann der erste Haltepunkt. Herr Klostermann (Amtsleiter des Referats für Verkehrskonzepte), der die Route ausgearbeitet hatte, erläuterte die Unübersichtlichkeit der Kreuzung und die daraus entstehenden Konflikte. Es ging schließlich weiter. Die Bremer Straße entlang bis zur Ampel am Osternburger Marktplatz. Dort wurde die ungünstige Ampelschaltung erläutert (durch lange Wartezeiten bis zu 64 Sekunden werden Rotlichtmisachtungen provoziert). Der kurze Halt an der Ecke Schützenhofstraße ließ uns leider das Hauptproblem, die Rückstaus der in der Bremer Heerstraße stadteinwärts fahrenden Autos durch die Ampelschaltung, nicht erkennen. Es ging weiter durch die Schützenhofstraße. Ziel war nun die Burmesterstraße. Kurz hinter der Rudolf-Diesel-Straße sammelte man sich erneut. Vor dieser jedoch mußte ich erstmal halten, da ein Auto von rechts kam. Ich wurde aber noch überholt, so daß der Autofahrer dann doch anhalten mußte. ÄHerr Ramin (Leiter des Ordnungsamtes) hatte wohl Angst, etwas zu verpassen.Ü Am Sammelpunkt wurde erläutert, daß hier starker Schulverkehr und in Hinblick auf den Autoverkehr ein Radweg zur Sicherung notwendig sei. Das Verkehrsaufkommen ließ sich um etwa 16.30 natürlich nicht nachprüfen.

Die Schwerpunkte

Interessant war der Zwischenstop zwischen den Bahnschienen. Herr Klostermann beschrieb, daß sich viele Radfahrer offenbar sicherer fühlen, wenn sie die Ampel an der Ecke Bahnhofsallee zum Überqueren der Straße nutzen und dann auf der falschen Seite bis zum Leffersweg fahren. Das konnte gut beobachtet werden. Es rief dann Heiterkeit hervor, als eine Person widererwarten nicht in den Leffersweg einbog und stattdessen weiterfuhr. Angesprochen wurde auch der mangelhafte Platz für den Rad- und Fußverkehr, der zudem oft von parkenden Autos zusätzlich vermindert wird (auch dies war zu sehen). Bei der Weiterfahrt machte Stephan Popken (Vorsitzender des ADFC und beratendes Mitglied im Verkehrsausschuß) auf die schlechte Situation in der Straße Am Bahndamm aufmerksam. Dort ist ein ziemlich schmaler Streifen als Zweirichtungsrad- und Fußweg ausgeschildert, bei dem Leitpfosten eine zusätzliche Verengung bewirken. Die Bremer Straße ist ab den Bahnschienen extrem eng für Radfahrer, da Autos direkt angrenzend an den nicht gerade breiten Radweg parken. Dennoch blieb das Feld geschlossen und zumeist zu zweit nebeneinander. Kurz vorm Herrenweg hielt man an, um sich zu sammeln. Auch hier blieb dem normalen Verkehr nichts anderes übrig, als auf die Fahrbahn auszuweichen, da man sowohl einen Parkplatz als auch den Radweg und den Fußweg daneben versperrte. Dann querte man die Straße, um den wohl schmalsten Oldenburger Radweg zu betrachten. (So etwas kann man sicher nur an einer Hauptvekehrsstraße finden.) Herr Malten (Leiter der Verkehrsabteilung des Ordnungsamtes) machte die Beobachtung, daß ja keine Fußgänger da seien - der Verkehrsausschuß, in dem Moment zu Fuß, stand ja auch in seinem Rücken - und schlug scherzhaft vor, daraus einen reinen Radweg zu machen (Fußgänger frei — sprich untergeordnet, wobei dies vermutlich rechtlich problematisch sein dürfte, da sonst bei gemeinsamen Wegen aus gutem Grunde durchweg dem Fußgänger der Vorrang gewährt wird). Nicht gesehen hatte er leider, daß auch die Fahrbahn stadteinwärts frei war: daraus könnte man sicher auch etwas viel Schöneres machen.

Radfahrer absteigen!

Weiter geht es auf der linken Seite stadtauswärts. Und da dies fahrend erst ab dem Herrenweg erlaubt ist (noch ca. 100m) wurde gefragt: "Schieben wir?". Ramin meinte "Ein Radfahrer und schieben; das gibt's doch nicht." Später in der Ausschußsitzung verteidigte er jedoch (laut Stephan) die an vielen Baustellen (mehr oder minder bewußt) angebrachten Schilder "Radfahrer absteigen". Halt am Ostweg: Da zur Zeit die Autos immer nur aus einer Richtung kamen, konnten sie an der Menschentraube vorbei. Problematik des Schülerverkehrs wurde erläutert und die Markierung der Überschneidung von Radweg und Fahrbahn mit roter Farbe angeregt. Dann weiter zum Helmsweg. Für die Fußgänger und Radfahrer (vorwiegend die Schüler) existiert dort eine Ampel. Nach einem kurzen Ausflug in den Helmsweg ging es wieder zurück durch den Ostweg in den Sandweg. Es ging nun gemütlich weiter zur Eisenbahnbrücke, die überquert wurde. Auf dem kleinen Parkplatz vor der Brücke erklärte Herr Klostermann, daß die Verwaltung eine hohe Bedeutung der Brücke für den Zweirad- und Fußverkehr ermittelt hat, und daß dementsprechend ein Ausbau erfolgen soll, um die Benutzung zu erleichtern.

Fazit

Was war mein Eindruck? In einem Wort: Chaos. Zumindest in der Gruppe schien es nicht möglich zu sein, nicht permanent gegen Regeln zu verstoßen. Problematisch daran ist neben den Gefahren, daß ein derartiges Verhalten immer wieder angeprangert und auf alle Radfahrer verallgemeinert wird. Man liest dann immer wieder über Forderungen nach härterer Bestrafung oder gar Nummernschildern. Diese Forderungen finden leider einen ähnlich guten Anklang wie die ständigen Forderungen nach Radwegen. Zur Problematik des Radverkehrs als Teil des gesamten Verkehrs werden jedoch nur selten wissenschaftlich fundierte Argumente gesucht. Stattdessen werden die Ängste der Menschen instrumentailisert, um eine in sich unlogische Ordnung des Straßenverkehrs zu schaffen, die nicht nur Zeit- und Komfortnachteile für den Radverkehr mit sich bringt, sondern auch neue Gefahren erst entwickelt (Beispiel der neue Kreisverkehr in Bloherfelde: es gibt mehr Konfliktpunkte als bei der Variante, die den Radverkehr auf der Fahrbahn im Kreis vorsieht).

Fragt sich nun, ob die Mitglieder des Verkehrsausschuß etwas gelernt haben. Sie haben zumindest eindrucksvoll demonstriert, daß die Oldenburger Radwege für ein hohes Radverkehrsaufkommen nicht geeignet sind (in diesem Fall reichten etwa 20 Personen, um den Verkehr (außerhalb der rush hour) stellenweise gehörig zu blockieren). Da aber auch während der Fahrt vielfach radverkehrsverlangsamende und somit Kfz-fördernde Maßnahmen (z.B. Ausbau der Schützenhofstraße mit benutzungspflichtigem Radweg) gefordert wurden, ist zu bezweifeln, daß sich schon etwas grundlegendes verbessert hat. Natürlich ist alles auch eine Abwägungsfrage. Dabei ist nur leider noch nicht einmal eine Wende erkennbar, die den Trend der steigenden Automobilisierung durch Förderung und Besserstellung gegen Alternativen abbremst. Die StVO-Novelle kann für eine solche Wende genutzt werden.

Marco

 

 
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