Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/00      Seite 5
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Wenn sich plötzlich Blechwände aufbauen

Die Radwegsituation am Theaterwall

Die "Stadt der Radfahrer", wie Oldenburg gern von Auswärtigen genannt wird, ist alles andere als radfahrerfreundlich. Ein Beispiel dafür ist die Strecke zwischen Gartenstraße und Julius-Mosenplatz am Theaterwall.

Aufmerksamkeit am Anfang

Beginnen wir unsere Beispielfahrt zum Julius-Mosen-Platz an der Ecke Theaterwall/Gartenstraße. Bereits an der Bushaltestelle "Am Schloßwall" ist besonders Obacht zu geben auf Fahrgäste, die in der Ferne (hinter dem Radfahrer) ihren Bus sehen und zur Haltestelle stürzen. Die Situation kann gemeistert werden, wenn man vorsichtig ist. Notfalls, wenn Leute aus den stehenden Bussen kommen, muß angehalten werden, wie in Hannover Autos nicht an Straßenbahnen vorbeifahren dürfen, wenn diese auf der Straße halten.

Hat man die Haltestelle hinter sich gelassen, geschieht es nicht selten, daß Autos vom Parkplatz kommen und den Radweg versperren, um in die Straße einsehen zu können. Weshalb die Autos nicht über die Straße "Schloßplatz", über die sie auch gekommen, heruntergeleitet werden, ist unklar.

Es wird eng

Langsam wird es holprig, denn die Fahrt geht weiter auf großen Gehwegplatten, die nicht natlos aneinanderliegen. Zudem muß man sich den von Hauswänden abgegrenzten, viel zu engen Weg mit Fußgängern teilen. Fußgänger sind genervt, weil sie aus dem Weg geklingelt werden, Radfahrer sind genervt, weil sie nicht weiterfahren können.

Der nächste Gefahrenpunkt ist die Kreuzung Theaterwall/Gaststraße. Radfahrer können nicht sehen, ob Fußgänger aus der Gaststraße kommen und an der Fahrbahnkante auf Grün warten wollen. Das grüne Ampellicht für die Radfahrer sagt also nichts aus.

Diese Kreuzung weist noch ein Kuriosum auf: Ein Fußgänger, der an der Kreuzung die Gaststraße überqueren will, muß auf die Ampel achten, obwohl die Gaststraße verkehrsberuhigt ist und andere Fußgänger die Gaststraße in ihrer vollen Breite nutzen...

Hinter jeder Mauer liegt wer auf der Lauer...

Lassen wir nun die Kreuzung hinter uns und radeln weiter. Doch vorsicht! Nein, Vorsicht reicht hier nicht mehr: Wer sich an die Verkehrsregel hält, am Theaterwall den ausgeschilderten Radweg zu benutzen, kann unter Umständen mit dem Leben bezahlen. Rechts neben dem holprigen, kombinierten Rad- und Fußweg (auf dem sich Bushaltestellen und gehende Menschen befinden) sind hohe Hauswände, die unterbrochen werden durch Parkplatz-Ausfahrten aus der Burgstraße, bzw. der Handelskammer. Um die anderen Verkehrsteilnehmer sehen zu können, muß ein Autofahrer, der aus einer der Ausfahrten kommt, so weit vorfahren, daß die Schnauze des Autos den "Radweg" versperrt. Auf eine Kurzformel gebracht: Um Radfahrer nicht zu gefährden, ämüssenü die Autofahrer die Radfahrer gefährden. Böse Unfälle sind geradezu vorprogrammiert: Unverhofft rollt das Bug des Autos vor das Fahrrad, so daß der Radfahrer Gefahr läuft, angefahren zu werden, vor Schreck auf die Straße auszuweichen (um dort unter die Räder zu kommen) oder nach einer Kollision einen Überschlag zu machen. Beinaheunfälle gibt es hier sicherlich sehr häufig. Man kann hier einfach nicht langsam genug fahren. ä(Kann man die Stadt eigentlich wegen versuchten Totschlags verklagen? d.S.)ü

Keine Sicherheit ohne Verkehrsverstöße?

Aus großer Angst vor derartigen bösen Überraschungen weichen manche Radler auf die Busspur aus, sofern dort keine Busse kommen, und kehren beim ADAC wieder auf den Radweg zurück, um die nächste unproblematischere Gefahrenstelle an der Bushaltestelle Julius-Mosen-Platz zu bewältigen. (Das machen sie nicht, wenn sie an der Kreuzung Theaterwall/Gaststraße Rot haben.)

Es bleibt die Frage, ob die Stadt Oldenburg, die für Verkehrssicherheit auf ihren Verkehrswegen zuständig ist, nicht den Gesetzesverstoß (das Benutzen der Busspur ist Bussen vorbehalten) geradezu provoziert. Andererseits gibt es eine neue gesetzliche Regelung, die Kriterien festlegt, nach denen zu bewerten ist, ob ein Radweg eigentlich ein Radweg sein darf. Dieser "Radweg" gehört hoffentlich nicht dazu und dann dürften Radfahrer auch auf der Straße fahren.

Die Stadt in der Pflicht

Unverständlich bleibt, weshalb die Stadt vor einigen Jahren so viel Geld in die Verschönerung der anderen Theaterwall-Straßenseite investiert hat, anstatt die Sicherheit zu erhöhen. Fakt ist, daß mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer am Theaterwall geschaffen werden muß. Und das geht wahrscheinlich nur, wenn dem Autoverkehr eine Spur genommen wird - ein Argument für eine Einbahnregelung, die Abschaffung der Busspur oder ein Radfahrverbot auf der Strecke.

muh

 

 
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