Telekom: Böse KundInnen, Gute KundInnen
Ich bin zu Besuch in einem kleinen Ort. Ich versuche, innerorts bei einer Telefonnummer mit vier Ziffern anzurufen. Das habe ich schon oft erfolgreich getan. Doch heute klingelt das Telefon fünf Mal, denn folgt die Ansage: "Sehr geehrter Anrufer, Rufnummern, die mit der Vorwahl 0130 beginnen, sind nicht mehr gültig. Wenn die neue Service-Rufnummer der Auskunft mitgeteilt wurde, können sie diese unter 11833 erfahren." Ich wiederhole meinen Versuch mehrmals, immer mit dem gleichen Mißerfolg. Dann gebe ich auf und rufe nicht die teure Auskunft, sondern die Störstelle an. Später berichte mir Bekannte von erfolglos Anrufen bei der Auskunft. Fünf Minuten kosten fast 10 DM.
Zum Jahreswechsel wurden die kostenlosen Nummern 0130xx abgeschaltet. Da es zum Ersatz die kostenfreien Nummern national 0800xx bzw. international 00800xx gibt, handelt es sich eigentlich um einen wenig berichtenswerten Routinevorgang. Doch der Spaß kann teuer werden.
Beispiel 1: Mit Hilfe der 0130xx organisierte die Telekom bisher die Telefonnetz-gestützten Anrufbeantworter, die sogenannte T-Net-Box. Auf den Wegfall von 0130xx seien diejenigen, die mit so etwas arbeiten, rechtzeitig hingewiesen worden, so Telekom. Doch manche KundInnen haben die Programmierung der Änderung nicht oder nicht richtig durchgeführt. Wenn jetzt jemand anruft, jedoch niemand zu Hause ist, meldet eine Automatenstimme - je nach Einstellung dieser Netz-Box - daß der Service 0130xx weggefallen sei und mensch evtl. Informationen bei der Auskunft bekommen könnte. Die genannte Nummer ist - wie war es anders zu erwarten - die der Telekom-Auskunft.
Doch keine Hilfe
Bei der Auskunft zeigten sich die MitarbeiterInnen sehr uninformiert in dieser Frage. Da die Auskunft viel Geld kostet - annähernd 2 DM in der Minute - hat die Telekom hier Einnahmen zu verzeichnen, die ihr nicht gebühren. Denn der angerufene Anschluß ist erreichbar, existent und mensch verfügt über die richtige Nummer. Nur der Netzanrufbeantworter, der bei der Telekom gemietet wurde, hebt nicht ab. Doch das kann die Auskunft nicht beheben. Obwohl die Kosten für die hilfeheischende Person bei der Auskunft teilweise sehr hoch sein können, sieht die Regulierungsbehörde für Post- und Telekommunikation keinen "Regulierungsbedarf". Denn die Mieter der Boxen könnten ja richtig programmieren. Dann wäre der Anruf bei der Auskunft nicht nötig. Daß der Anruf getätigt wird, weil die Automatenstimme dazu aufforderte, hat die Behörde bislang nicht zur Veränderung ihrer Position veranlaßt.
Beispiel 2: Sämtliche 0130xx Servicenummern sind abgeschafft. Wer die Ansage der Netzbox noch einmal hören möchte, braucht nur vorne im großen Telefonbuch eine auszusuchen und zu wählen. Zum Schutze der Einnahmen via Auskunft wurde vor der Abschaltung nicht viel Wirbel gemacht. Denn sonst hätte alle noch einmal bei der von ihnen benötigten 0130xx anrufen können und die neue Nummer erfragen. Möglicherweise liegt ein Wettbewerbsverstoß vor, da Telekom nur die eigene Auskunft nennt, die sogenannten 0130-Mehrwertdienste aber nicht ausschließlich von Telekom angeboten wurden..
Hätte Telekom stufenweise die Änderung durchgeführt - z.B. die Netzboxen zuerst abzuschalten - hätte je nach Verwendungsgebiet ein angepaßter Spruch einprogrammiert werden können. Richtig wäre es auch heute, ohne Benennung einer speziellen Nummer auf die verschiedenen Möglichkeiten hinzuweisen, damit sich nicht wieder die Menschen von der Auskunft die Nummer ihrer Freund und BekanntInnen sagen lassen müssen, die sie schon lange kennen.
Ach ja, der Titel ... gute KundInnen sind natürlich diejenigen, die brav tun, was ihnen gesagt wird. Also bitte: Fleißig die Auskunft anrufen. Ich bezweifle jedoch, daß davon die Aktien steigen werden. Denn die wesentlichen Gewinne erzielt Telekom mittlerweile über die Börse. Ketzer unken, die Bereitsstellung von Kommunikationsmitteln sei für Telekom nunmehr unbeliebter Kostenfaktor. Das stimmt die MitarbeiterInnen dort auch nicht fröhlicher.
Gerold Korbus