Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/01      Seite 6
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Entschädigung für Zwangsarbeit nicht in Sicht

Rechtliche Verantwortung bleibt in Oldenburg ein Fremdwort - komunale Entschädigung für ZwangsarbeiterInnen steht weiter aus.

Bei Helmut Kohl in die Lehre gegangen sind offensichtlich Oldenburger Unternehmer und ParteienverterInnen. In der Frage der Entschädigung von in Oldenburg während der NS-Zeit versklavten ZwangsarbeiterInnen orientieren sie sich an der vom Altkanzler bis heute vorgelebten Maxime. Dieses Problem "sitzen wir aus", bis niemand sich mehr dafür interessiert oder niemand der Geschädigten mehr lebt. Dieser Eindruck drängt sich zumindest auf, wenn man das Verweisen dieser Thematik von A nach B und zurück durch die Politik oder die absolute Ignoranz von Seiten der Wirtschaft in den vergangenen Monaten verfolgt. Anfang Dezember 2000 erklärten alle Parteien im Stadtrat ihre moralische Betroffenheit und betonten pauschal die Notwendigkeit, daß "etwas geschehen" müsse, doch beschäftigen wollten sie sich in der Sitzung mit der ganz an das Ende der Tagesordnung plazierten Entschädigungsfrage nicht, stattdessen wurde sie in den Ausschuß für Arbeit, Wirtschaft und Finanzen verwiesen, wo sie seither nicht mehr auftauchte. Als Argument für die Nichtbeschäftigung wurde angeführt, erst einmal solle die Gründung eines Vereins "Zwangsarbeit in Oldenburg" abgewartet werden, zu dessen Bildung Kulturdezernent Seeber für Mitte Dezember Deligierte vonKirchengemeinden, Bildungsträgern, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Parteien eingeladen hatte. Die Vereinsgründung wurde jedoch nach zwei vergeblichen Versuchen ebenfalls vertagt. Vertreter der Arbeitgeber wie der IHK und der Handwerkskammer und großer Firmen wie Pekol, Stalling, der Fleischwarenfabrik oder der Bauunternehmen Freytag, Lieke und Husmann, die während des Zweiten Weltkrieges viele ZwangsarbeiterInnen in Oldenburg versklavten, blieben dem Treffen fern und demonstrierten damit, daß sie nicht annähernd bereit sind, ihrer rechtlichen und moralischen Verantwortung nachzukommen. Auch die Stadtverwaltung wich dieser Verantwortung aus. Dem Kulturdezernenten ging es darum, ohne jegliche Diskussion einen Verein von BürgerInnen zu initiieren, dem die Stadtverwaltung nicht angehören sollte. Dieser Verein sollte Spenden für offizielle Besuche von ehemaligen ZwangsarbeiterInnen in Oldenburg sammeln; das Ziel eines komunalen Entschädigungsfonds war im Konzept des Dezernenten nicht vorgesehen. Da sich Stadtverwaltung und Stadtrat nicht einmal bereit finden, die geringen Kosten für Besuchsprogramme alleine zu tragen, war die Sammlung der Hälfte des Geldes durch den Verein eingeplant. Als sich VertreterInnen der Kirchen und Gewerkschaften nicht auf dieses Entlastungs- und Verdrängungsmanöver einließen und die Vereinsgründung nach Gusto der Stadtverwaltung platzte, zeigte sich der Kulturdezernent tief beleidigt. Hatte er doch Mitte Dezember nach einigem Hin un Her im zuständigen Ausschuß im Arbeitsamt die Bewilligung einer ABM-Kraft erreicht, die ausschließlich die Durchführung von Besuchsprogrammen ehemaliger ZwangsarbeiterIn nen organisieren, diese aber keineswegs bei der Durchsetzung von Entschädigungsleistungen unterstützen soll. Da jetzt nicht einmal die Kosten dieser Besuchsprogramme gesichert sind, wird die ABM-Kraft auf unabsehbare Zeit ohne Aussicht auf Realisierung ihrer Aufgabenstellung arbeiten müssen. Am Ende der beiden gescheiterten Vereinsgründungssitzungen stand allein das Vorhaben, einen Initiativkreis zu gründen, der durch das Verschicken einer mittlerweile formulierten Satzung eine breitere Basis für einen Verein "Zwangsarbeit in Oldenburg" erreichen soll. Die Stadtverwaltung hat ihre Mitarbeit in diesem Kreis aufgekündigt. Ob dieser Initiativkreis, dem neben Einzelpersonen VertreterInnen von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen angehören, öffentlichen Druck ausüben und versuchen wird, den Stadtrat und die Oldenburger Unternehmen endlich zur Annerkenneung ihrer rechtlichen Verantwortung für die Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen zu bewegen, bleibt zweifelhaft.

Klaus

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum