Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/01      Seite 6
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Kriege verhindern - Einsatzkräfte auflösen

Wer den Frieden will, muß was tun gegen Krieg!

Es steht schlecht um den Frieden. Die Bereitschaft, Konflikte gewaltfrei zu regeln, schwindet, und die Bedrohung wächst. Die Militarisierung der Politik nimmt zu. Krieg als Mittel der Politik soll wieder akzeptabel gemacht werden. Belege dafür sind die grundgesetzwidrige mediengestützte deutsche Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien, die kostspielige Umwandlung der Bundeswehr in eine auch in entlegenen Weltgegenden einsetzbare Interventionsarmee und der Ausbau der Europäischen Union (EU) zu einem angriffsfähigen Militärbündnis. Zusätzlich heizt das US-Raketenabwehrsystem schon im Stadium bloßer Planung das atomare Wettrüsten an. Parallel zu alledem brutalisiert sich die Gesellschaft: Die Gewalt gegen Minderheiten nimmt zu. Die NATO hat alle Fesseln abgestreift, wie nicht erst der Einsatz verbotener plutoniumhaltiger Geschosse gezeigt hat. Die neue völkerrechtswidrige Angriffsstrategie der NATO ist im Krieg gegen Jugoslawien, als "humanitäre Intervention" bemäntelt, der Welt vorgeführt und auf dem NATO-Gipfel vom April 1999 als künftig verbindlich förmlich beschlossen worden. Seitdem maßen die NATO-Staaten sich an, nach ihrem Gutdünken, im Wege dreist so genannter Selbstmandatierung, überall auf der Welt Militär einzusetzen. Die EU beeilt sich, als eigenständige Militärmacht diesem Beispiel zu folgen; und Deutschland ist dabei treibende Kraft.

Wer den Frieden will, muß den Frieden vorbereiten!

Ohne öffentliche Debatte soll die Bundeswehr zu einer Angriffsarmee umgebaut werden. Zwar soll ihre Kopfstärke von 340.000 auf 277.000 schrumpfen. Allerdings sollen die "Krisenreaktionskräfte" von 53.000 auf 150.000 annähernd verdreifacht werden. So sollen zwei Kriege gleichzeitig für NATO und EU geführt werden können. Verteidigungsminister Scharping: "Die Bundeswehr muß in der Lage sein, sich gleichzeitig an zwei Operationen mittlerer Größe zu beteiligen..." (Quelle: Eckpunkte für die Bundeswehr Juni 2000). Deutschland bereitet sich darauf vor, jederzeit und überall in der Welt seine wirtschaftliche Interessen militärisch durchsetzen zu können (Regierungspresse-Bulletin Nr. 24). Nach amtlicher bundesdeutscher Statistik wurden die Kriegswaffenexporte 1999 gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt (von 1,338 Mrd. DM auf 2,844 Mrd. DM). Mögliche Krisenräume und Einsatzkriterien bei der Krisenbewältigung: "...Balkan - Randzonen und Nachbarn Russlands - Kaukasus (Ölpipelines) - NATO-Grenze Osttürkei (Öltransportwege) - Asiatische Nachfolgestaaten der Sowjetunion (Ressource Öl) - Naher Osten - Golfregion - Nordafrikanischer Gürtel ... Die Entfernungen betragen zwischen 2000 und 6500 km." (Quelle: Wehrtechnischer Report - Zukunft Bundeswehr 2000)

Militär schafft keinen Frieden!

Die Aufrüstung zu struktureller Angriffsfähigkeit mit Offensivwaffen wird in den nächsten 15 Jahren mindestens 210 Milliarden Mark verschlingen. Auf der einen Seite gehen die Menschen im Landegegen die Rentenkürzungen auf die Straßen, auf der anderen Seite steigen die Ausgaben für Rüstung jährlich fast unbemerkt, weil in verschiedenen Haushaltstiteln versteckt. Optisch wird der Verteidigungshaushalt von 45,3 Milliarden Mark im Jahr 2000 auf 43,7 Milliarden Mark im Jahr 2003 gesenkt. Aber diese Zahlen entsprechen nicht der Wirklichkeit. Nach NATO-Kriterien belaufen sich die deutschen Militärausgaben im Jahr 2000 auf 59,6 Milliarden Mark, d.h. 24% der Ausgaben werden auf andere Etats verteilt. Die Kosovoausgaben (2 Mrd. DM) wurden in den allgemeinen Haushalt verschoben wie andere noch in den Forschungsetat. Allein der Anteil der Waffenkäufe steigt im Militärhaushalt von 25% auf 30%. Unter anderem sollen beschafft werden: der, vom Bundesrechnungshof Anfang Dezember als weit überteuert kritisierte, "Eurofighter 2000", der Kampfhubschrauber "Tiger", der Marschflugkörper "Taurus", die Kampfdrohne "Taifun", Fregatten und Korvetten sowie der Militär-Airbus und ein eigenes Satellitenaufklärungssystem. Eine in dieser Weise auf Angriff getrimmte Militärmacht verliert ihre verfassungsrechtliche Legitimation (Art. 87a GG) und gefährdet die Demokratie. In Deutschland galt in der Vergangenheit stets der Grundsatz des Grundgesetzes: Die Streitkräfte dienen ausschließlich der Verteidigung. Die Bundeswehrführung und die ihr zuarbeitenden Medien lassen keine Gelegenheit aus, diese Entwicklung als notwendig und unbedenklich hinzustellen, als etwas, das sich von selbst verstehe. Auch sonst scheint im öffentlichen Raum die Umstrukturierung zur Angriffsfähigkeit, obwohl die Wähler sich doch von Rot-Grün eine andere Politik versprochen hatten, "kein Thema" zu sein. Die Friedenskräfte, wir alle, müssen alles daran setzen, diese Sprachlosigkeit aufzubrechen. Die Debatte um die Umwandlung der Bundeswehr in eine Angriffsarmee muß endlich beginnen.

Militär bedeutet nicht Schutz der Bevölkerung, sondern deren Bedrohung!

Mit militärischen Mitteln sind politische Probleme nicht zu lösen. Das Beispiel des NATO-Angriffs auf Jugoslawien im Jahr 1999 hat erneut gezeigt, daß die Verteidigung einer modernen Industriegesellschaft durch eine Armee nicht Schutz, sondern Bedrohung bedeutet. Der NATO-Angriff hat die Probleme vielmehr potenziert: Die Infrastruktur des Landes wurde zu großen Teilen zerstört. Gas-, Wasser- und die Stromversorgung sowie auch die Straßen-, Schienen- und Kommunikationsnetze funktionieren nicht mehr. Chemische, biologische oder gar atomare Fabriken werden zu tödlichen Waffen gegen die Bevölkerung, wenn sie von einem Gegner angegriffen werden. Im Kosovo sind heute nahezu alle nichtalbanischen Volksgruppen vertrieben, Serben können nur in Schutzburgen leben, und die Kfor-Verwaltung selbst spricht davon, daß sie auf unabsehbare Zeit zur "Friedenssicherung" im Kosovo stationiert bleiben müsse. Ob in Somalia, in Bosnien oder im Kosovo - überall hat sich gezeigt, daß das Militär keinen wirklichen dauerhaften Frieden bringen kann. Dies können nur zivile und nichtmilitärische Konfliktlösungsstrategien. Darum ist es eine bewußte Täuschung, wenn die Existenz der Bundeswehr, mit der angeblichen Notwendigkeit "friedensschaffender" Militäreinsätze im Ausland gerechtfertigt wird. Die Waffen und das Militär sowie die Bereitschaft zur Anwendung militärischer Gewalt sind eine Kriegsursache. Militärische Strukturen funktionieren nach dem Prinzip von Befehl und Gehorsam und sind grundsätzlich undemokratisch. Sie stehen im Gegensatz zu freiheitlichen und selbstbestimmten Lebensformen. Erst wenn die Mittel der Kriegsführung, Waffen und Soldaten abgeschafft sind, können keine Kriege mehr geführt werden.

Ohne Militär keinen Krieg!

Unser langfristiges Ziel ist eine Welt ohne Militär, weswegen wie eine "Bundesrepublik Deutschland ohne Armee" (BoA) ansteuern. Nachdem die Schweizer Initiative "GSoA" bei einer ersten Volksabstimmung schon 35% der Bürgerinnen für ihre Abschaffung ihrer Armeen gewinnen konnte, entstand 1989/90 auch in die Deutschland die Kampagne "BRD ohne Armee". Die wirksamste Kriegsprävention besteht im Aufbau einer gerechten Wirtschaftsordnung in einer solidarischen Welt. Friedenspolitik benötigt keine Interventionsarmeen. Für eine wirkliche Friedenspolitik brauchen wir Diplomatinnen, Friedensforscherinnen, zivile Friedensarbeiterinnen, Fachleute für gerechte Wirtschaftsentwicklung, und Angehörige von zivilen Hilfsorganisationen. Friedenspolitik braucht keine Milliarden für Aufrüstungsprogramme, sondern einen Bruchteil davon für die Beseitigung von Hunger und Armut, sozialer Ausgrenzung und Diskriminierung, die häufigsten Konfliktursachen in der Welt. Friedenspolitik braucht vor allem die politische Bereitschaft für die Herstellung gerechter politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den Ländern und Menschen und nicht die Bereitschaft zur Gewalt.

Darum fordern wir: Schrittweiser Abbau der Bundeswehr Auflösung der NATO Verbot aller Rüstungsexporte Umbau der Rüstungsindustrie zu gesellschaftlich nützlicher Produktion Abschaffung aller atomarer, biologischer und chemischer Waffen

"Mischen Sie sich ein! Leisten Sie Widerstand! Schämen Sie sich nicht, über Dinge mitzureden, die Sie nicht ganz verstehen! Alles Wesentliche ist nicht verstanden!" (Peter Kafka)

Der diesjährige Oldenburger Ostermarsch findet am Ostersamstag, den 14.04.01, statt. Auftakt ist um 11.00 Uhr am Artilleriedenkmal an der Ofener Straße (neben der Fachhochhschule). Gegen 12.30 Uhr ist die Abschlußkundgebung am Lefferseck in der Fußgängerzone geplant.

 

 
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