Oldenburger STACHEL Ausgabe 4/01      Seite 6
 
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Recht und Gesetz?

In den Medien war im Zusammenhang mit den CASTOR-Transporten viel von "gewaltbereiten" Menschen zu lesen. Mindestens einen konnte ich bei der Ausübung von Gewalt beobachten. Während der CASTOR-Transport den Medienberichten zufolge den Dannenberger Verladekran erreichte, richteten die Medien ihren Focus auf diesen Vorgang. Die Polizeileitung nutzte diesen Moment der Abwesenheit öffentlicher Aufmerksamkeit zur Einkesselung des Camps an der "Esso-Wiese".

Ich stand am Rande in einer kleinen Seitenstraße, beobachtete und dokumentierte die Vorgänge. Dabei fiel mir ein älterer Mann auf, der über den gesamten Zeitraum an der Einmündung dieser kleinen Straße stand. Er schien wie ich die Vorgänge zu verfolgen. Plötzlich rannte ein Trupp auffällig dunkelblau bis schwarz uniformierter durchtrainierter Polizisten über die angrenzende Hauptstraße. Im Vorbeilaufen bekam der ältere Mann einfach mit dem Knüppel einen Schlag auf den Kopf, daß er hinterher eine große Beule hatte. Wir tauschten später die Adressen aus. Es stellte sich heraus, daß er Anwohner aus Dannenberg ist. Als der CASTOR mit viel Lärm und Hubschraubern anrollte, wollte er sehen, was in seiner Nachbarschaft geschieht. Um allen Mißverständnissen vorzubeugen, möchte ich noch einmal betonen, daß dieser Mann sich über die gesamte Zeit nicht bewegt hat. Auch gab es keine Aufforderung wie etwa, sich aus diesem Bereich zu entfernen.

Bei der Durchsetzung seiner berechtigten Interessen aus diesem Ereignis wird er große Probleme bekommen, da es sich bei den eingesetzten Polizisten gleich welcher Uniformfarbe im wesentlichen um Vermummte handelte. Der ordentliche Sitz der Vermummung dieser staatlich bezahlten Täter und Täterinnen wurde übrigens regelmäßig durch die Vorgesetzten kontrolliert. Ich befragte nach dem Abzug der Polizisten den Einsatzleiter zu diesem Vorgang. Leider hatte kurz vorher ein Schichtwechsel stattgefunden, so daß der bei dem beobachteten Geschehen verantwortliche Mann unerreichbar war. Dieser neue Einsatzleiter bestätigte mir ausdrücklich, daß es einen Charakter von Rechtsverweigerung hat, wenn durch die Vermummung der Beamten ohne eindeutige und nachvollziehbare Kennzeichnung solche Straftaten nicht geahndet werden können.

Den Medien war viel Verständnis für PolizistInnen zu entnehmen, denen "mal die Hand entgleitet". Hinsichtlich dieses konkreten Vorfalls ist zu bemerken, daß es sich bei den "Schwarzen" offensichtlich um eine frische Einheit handelte, die gerade erst den Dienst begann. Doch auch bei BeamtInnen, die längere Zeit im Einsatz waren, sind solch' unprofessionelles Verhalten wie die wiederholt beobachtete Gewaltausübung - immerhin während der lange trainierten Ausübung des staatlich bezahlten Berufes - nicht zu billigen.

Gerold Korbus

6pt Nachsatz: Breit in die Medien gestreut wurde die Mär der beabsichtigten Säureattentate auf PolizistInnen. Laut Agentur ap fußte diese Mitteilung auf einer größeren Menge eingekaufter Essigsäure. Der Adressat dieser Charge soll nicht klar gewesen sein. Wie sich heraus stellte, ging die Essigsäure an ein Klärwerk. Ob die Einkäufer sich angesichts der sibirischen Temperaturen schwarz vermummt hatten? Um Propaganda zu betreiben, scheint jedenfalls Einigen mit gutem staatlichem Einkommen nichts zu billig zu sein.

 

 
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