Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/01      Seite 5
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Tour de bleu

entführte die BesucherInnen in die Welt der »blauen Kunst«

Das Autonome Referat für behinderte und chronisch kranke Studierende an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg veranstaltete am 22. Mai einen bunten, kulturellen Abend in der Aula.

Unter dem Motto "Tour de bleue" wurden Musik, Maskentheater, Kabarettistisches und Politisches dargeboten.

KünsterInnen des Blauschimmel Ateliers präsentierten ihre blaue Kunst, gezeigt von Menschen unabhängig davon, ob sie eine sog. geistige oder seelische Behinderung und/oder ein anderes Handicap haben. Eindrucksvoll führte die Band blue screen mit Farben, Gesten, Geräuschen und Tönen durch die vier Jahreszeiten. Diesem zugleich visuellen und auditivem Stück konnten die gehörlosen und blinden ZuschauerInnen bzw. ZuhörerInnen gleichermaßen folgen. Ein wahres Gesamtkunstwerk der Sinne! Die Maskengruppe des Ateliers zeigte ein Stück mit lauter (sprachlosen) Putzfrauen. Hinter den vordergründigen amüsanten Putzszenen verbarg sich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Ausgrenzung von Minderheiten.

Fritz Storim aus Bremen hielt einen Vortrag nicht ganz gewöhnlicher Art. Er setzte sich mit der provakativen These auseinander: Möchten Sie Ihre Oma und Opa sozialverträglich und ökologisch entsorgen lassen? Da konnte den ZuhörerInnen schon mal das Lachen im Halse stecken bleiben, da viele seiner ironisch gemeinten Provakationen der Wirklichkeit inzwischen allzu nah sind.

Walter Koch, der Mitinitiator des Blauschimmel Ateliers, verkörperte in einer wunderbaren kabarettistischen Rede einen Arzt, der seine Patienten gutmeinend vor behinderten Kindern bewahren wollte. Besonders gelungen war hierbei das spontane Zusammenspiel mit der Gebärdendolmetscherin. Sie war auch sonst durch ihre ausdruckstarke und impulsive Art des Übersetzens ein beliebter Blickfang auch für das hörende Publikum.

Überhaupt war es ein sehr gemischtes und buntes Publikum. Von Bremen und sogar Hamburg reisten Interessierte an. Zu den über 100 Besuchern gehörte auch eine Gruppe aus einem Wohnheim für behinderte Frauen und Männer. Leider mußten sie bereits zur Pause die Aula verlassen. Die knappe Personaldecke der Wohneinrichtung schien nur ein Freizeitprogram bis 21.30 Uhr zuzulassen, eine traurige Realität, die auch vor einer Tour de bleue nicht haltmacht.

Im Vorfeld der Veranstaltung gab es an drei Tagen sog. Walking acts in der Mensa der Universität. Großes Aufsehen erregte dabei die Maskierung als Exhibitionist. Interessen der freien Kunst gerieten hier schon einmal mit denen besorgter Eltern aneinander.

VeranstalterInnen und Akteure sind sich einig, das dieses gelungene Kulturereignis der besonderen Art nicht einmalig in Oldenburg bleiben sollte. So darf mensch für die Zukunft gespannt sein.

 

 
  Differenzen zur gedruckten Fassung nicht auszuschließen. Dieser Text ist urheberrechtlich geschützt. Siehe auch Impressum dieser Ausgabe und Haupt-Impressum