Oldenburger STACHEL Ausgabe 3/02      Seite 1
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Die Zerschlagung sozialer Strukturen beenden!

Offener Brief an die Ratsfraktionen der SPD und FDP, sowie BFO und OB Schütz

Sehr geehrte Damen und Herren, wir wenden uns noch einmal öffentlich an Sie, weil wir uns vor den Kopf gestoßen fühlen. Auf der Ratssitzung eine Abstimmung über den Haushalt 2002 statt, aber es hat keine öffentliche Diskussion darüber gegeben!

Wenn der Haushalt so abgestimmt wird, wie jetzt unter Ihnen abgesprochen, dann wird es gravierende Einschnitte in der sozialen Versorgung für die BürgerInnen der Stadt Oldenburg geben. Trotzdem hatte keine BürgerIn die Chance, mit Ihnen über Ihre Positionen und Ziele zu diskutieren. Sie haben Ihre weitreichenden Entscheidungen für die Entwicklung Oldenburgs bis jetzt vor keiner BürgerIn inhaltlich oder politisch gerechtfertigt.

Mehrfach haben wir uns bemüht, mit Ihnen über unsere Arbeit und die sozialpolitische Entwicklung der Stadt Oldenburg zu diskutieren. Das endete jedesmal damit, daß Sie Ihre sozialpolitischen SprecherInnen mit dem Vorbehalt vorschickten, nichts Verbindliches sagen zu können.

Dieses Verhalten setzten Sie in der Sozialausschußsitzung am 28. Februar fort. Die Fachausschüsse sind Gremien der parlamentarischen Demokratie auf kommunaler Ebene, in denen Entscheidungen des Rates für die interessierten BürgerInnen der Stadt öffentlich, politisch und inhaltlich-fachlich vorbereitet und diskutiert werden sollen. Doch sowohl die Verwaltung als auch Sie verweigern jegliche Begründung oder Rechtfertigung für Kürzungsvorgaben und sozialpolitische Weichenstellungen auf dieser Sitzung. Sie verweisen auf interne Fraktionssitzungen und Koalitionsverhandlungen, in denen die wesentlichen Entscheidungen getroffen werden; vorher könnte nichts gesagt werden.

Wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind, findet keine Fachausschußsitzung mehr statt. Die wesentlichen Entscheidungen wurden hinter verschlossener Tür getroffen. In der Ratssitzung am 18. März werden fertige Ergebnisse präsentiert. Der Ausgang der Abstimmung steht bereits vorher fest.

Wir halten dieses Vorgehen nicht nur für eine Aushebelung demokratischer Entscheidungsprozesse. Wie sollen wir es anders interpretieren als einen Ausdruck der Mißachtung unserer Arbeit, die wir teils seit zwanzig Jahren mit hohem persönlichen Einsatz für die Lebensqualität in der Stadt Oldenburg leisten? Mit Ihren Beschlüssen gefährden Sie die Existenz einer ganzen Reihe von Einrichtungen. Das Therapiezentrum für Frauen schließen Sie mir-nichts-dir-nichts gleich ganz, nachdem auch städtische Einrichtungen fünfzehn Jahre lang regelmäßig auf das Angebot verwiesen haben.

Wir fühlen uns als aktive und sozialpolitisch engagierte BürgerInnen entmündigt und zu untertänigen "Entscheidungsempfängern" degradiert. Urteile, die nicht nur unsere Zukunft, sondern die sozialpolitische Entwicklung der gesamten Stadt bestimmen, dürfen wir - wieder - im Nachhinein aus der Zeitung entnehmen.

Aber noch ist keine Entscheidung gefallen. Es gibt keinen wirklichen Zeitdruck. Der Haushalt kann auch einen Monat später verabschiedet werden. Wir appellieren noch einmal an Sie:

· Vertagen Sie die Entscheidung über den Haushalt auf eine der nächsten Ratssitzungen!

· Berufen Sie Bürgerversammlungen ein!

· Diskutieren Sie mit uns, mit den Betroffenen und mit interessierten BürgerInnen der Stadt Oldenburg über so weitreichende politische Weichenstellungen öffentlich!

· Lassen Sie uns und anderen Zeit, Alternativen zum blindwütigen und einseitigen Sparen zu entwickeln!

Die öffentliche Ratssitzung findet am 18. März findet um 18 Uhr im PFL statt und soll lt. Presseamt der Stadt live vom OK OL im Fernsehen übertragen.

Für "Oldenburg 2000"

Michael Bättig

 

 
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