Oldenburger STACHEL Nr. 236 / Ausgabe 8/02      Seite 6
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Die Karawane kommt!

Die "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" kommt Mitte August nach Oldenburg

Sie ist ein bundesweit einzigartiger, selbstorganisierter Zusammenschluß von Flüchtlingen und MigrantInnen, die ihre Lebenssituation in der BRD thematisieren. Im Rahmen bzw. im Schatten des Bundestagswahlkampfes wird die Karawane vom 17.8.-21.9. eine Tour durch das gesamte Bundesgebiet machen, um die Inhalte und Auswirkungen der bestehenden Gesetzgebung und des neuen Zuwanderungsgesetzes aus der Sicht der Betroffenen darzustellen. Am 18./19.8. wird die Karawane in Oldenburg halt machen.

Aus Anlaß der diesjährigen Tour der Karawane hat sich auch in Oldenburg ein Bündnis zusammen geschlossen, um die Karawane zu unterstützen und mit Veranstaltungen auf die Situation von Flüchtlingen und MigrantInnen in Deutschland sowie insbesondere in der Region Oldenburg hinzuweisen.

Was heißt hier "Zuwanderungs"gesetz?

Im laufenden Bundestagswahlkampf nimmt die Debatte um das Zuwanderungsgesetz breiten Raum ein. Ausgehend von deutschen Interessen wird dabei über die Nützlichkeit von Flüchtlingen bzw. über ihre angebliche "Gefährlichkeit" für die BRD diskutiert. Die Debatte um den sogenannten Internationalen Terrorismus nach dem 11.9. hat dieser neuen Anti-Flüchtlingspolitik Auftrieb verliehen. Die Repression seitens des Staates gegen Flüchtlinge und MigrantInnen haben seitdem noch zugenommen: Mit Rasterfandung, massiver Kontrollpolitik und forcierten Abschiebungen werden permanent Menschenrechte außer Kraft gesetzt. Dadurch wurde das rassistische Klima der Gesellschaft verstärkt.

Das ist nicht unerträglich

Die "Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen" setzt dieser repressiven Politik Widerstand entgegen. Sie hatte sich ursprünglich 1998 im Vorfeld der damaligen Bundestagswahl formiert. Unter dem Motto "Wir haben keine Wahl, aber wir haben eine Stimme" reisten Flüchtlinge, MigrantInnen sowie deutsche UnterstützerInnen in 35 Tagen durch 44 deutsche Städte. Sie machten mit vielfältigen Aktionen auf die Situation der Flüchtlinge aufmerksam und forderten ein entschiedenes Eingreifen gegen staatlichen und gesellschaftlichen Rassismus.

Die Karawane hat seitdem AktivistInnen aus den verschiedensten Ländern zusammengebracht und den Grundstein gelegt für die Vernetzung von Flüchtlingen und MigrantInnen. Auf Kongressen und in verschiedenen Kampagnen tritt die Karawane seitdem immer wieder an die Öffentlichkeit.

Der Aufruf der Flüchtlinge lautet:

"Asylrecht ist Menschenrecht!

Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört!"

Die Ausbeutung der sogenannten Dritten Welt wurde auch von der globalisierungskritischen Bewegung attac und der Entschuldungskampagne Erlaßjahr 2000 thematisiert.

In verschiedenen Städten, Dörfern und Flüchtlingsheimen in ganz Deutschland sollen neue Netze geknüpft werden, um die Rechte von Flüchtlingen zu stärken und, die Zusammenarbeit unter den Flüchtlingsorganisationen zu intensivieren und sie zu unterstützen.

Die Tour soll vor allem die untragbaren, inhumanen Zustände in den deutschen Flüchtlingsheimen in die Öffentlichkeit bringen. Viele Lager und Heime befinden sich in abgelegenen Gebieten, tief im Wald oder am Rand kleiner Dörfer. Die sogenannte Residenzpflicht verbietet Flüchtlingen zudem, den zugeteilten Landkreis zu verlassen. AsylbewerberInnen werden auf diese Weise von der deutschen Gesellschaft abgesondert und isoliert.. Sie werden einerseits als Menschen unsichtbar gemacht, anderseits wird in der Öffentlichkeit ein Bild der Bedrohung von ihnen gezeichnet.

Der Kampf gegen Abschiebungen, Sondergesetze wie die Residenzpflicht oder die Auszahlung der gekürzten Sozialhilfe in Gutscheinen statt Bargeld und die bundesweiten Verschärfungen der Migrationspolitik durch das neue sogenannte Zuwanderungsgesetz sind Schwerpunktthemen der Karawane.

Veranstaltungen in Oldenburg und im Umland

Die "Karawane für die Rechte von Flüchtlingen und MigrantInnen" wird am Samstag, den 17. August, in Bremen starten. Um 13 Uhr wird eine große Auftaktkundgebung am Bahnhof stattfinden. Anschließend wird es eine zentrale Demonstration mit mehreren Zwischenstopps, Reden und Aktionen in der Bremer Innenstadt geben und ab Spätnachmittag ein Kulturfestival im Schlachthof mit Auftritten von Musikgruppen verschiedener Länder und andere kulturelle Aktionen.

Am Sonntag, den 18.August, zieht die Karawane nach Bramsche-Hesepe. Das dortige Abschiebelager - im neuen Zuwanderungsgesetz zynisch als "Ausreisezentrum" bezeichnet - ist Ziel einer Demonstration. In solchen Lagern werden Flüchtlinge gezwungen, an ihrer eigenen Abschiebung mitzuwirken. Mit dieser Aktion soll die Öffentlichkeit über die isolierende und unmenschliche Situation innerhalb dieser Lager informiert werden und die Solidarität mit den internierten Flüchtlinge zum Ausdruck gebracht werden. Am Abend geht es dann nach Oldenburg, wo im Kommunikations- und Aktionszentrum Alhambra (Hermannstr. 83) ab 20 Uhr ein kleines Fest statt findet, bei dem es ein Abendessen, Getränke, Musik und Videos geben wird. Zu diesem Abend sind alle herzlich eingeladen.

Nach der Übernachtung in einer Turnhalle geht es am Montag, den 19.8. weiter. An diesem Tag werden in Oldenburg und Westerstede Aktionen statt finden, mit denen vor allem die sogenannte Residenzpflicht für Flüchtlinge thematisieren wird. Ziel ist es auf die Existenz dieses diskriminierenden Sondergesetzes aufmerksam zu machen, welches Flüchtlinge zum Aufenthalt in dem zugewiesen Landkreis verpflichtet. Für den Besuch bei FreundInnen und Verwandten, für eine Fahrt zum Arzt oder zum Sprachkurs in die nächst größere Stadt oder für die Vernetzung mit anderen Flüchtlingen muß die - oft willkürlich vergebene oder verweigerte - Erlaubnis der Ausländerbehörde eingeholt werden.

Im Zuge dieser Aktionen werden die regional Verantwortlichen aufgefordert, Flüchtlinge nicht länger an der Wahrnehmung ihres Rechts auf Bewegungsfreiheit zu hindern. Wir fordern, daß die Residenzpflichtgrenze zwischen umliegenden Landkreisen z.B. dem Ammerland und der Stadt Oldenburg abgeschafft wird, so daß sich Flüchtlinge ohne Extra-Erlaubnis in der Region bewegen können.

Mit einem weiteren Abendessen und einer Übernachtung endet der Aufenthalt der Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen in Oldenburg. Am Dienstag, den 20. August, zieht die Karawane weiter nach Hannover.

Karawane-Aktionen in Oldenburg

Sonntag, den 18. August 2002

8:30 Uhr Alhambra (Hermannstr. 83): Bus Abfahrt; 9:00 Uhr ZASt Blankenburg: Bus-Abfahrt nach Bramsche; 10:00 Uhr Bremen ZOB (hinter dem Hauptbahnhof): Bus-Abfahrt nach Bramsche; ab 12:00 Uhr Demo und Aktionen am Abschiebelager Bramsche-Hesepe und in der City von Bramsche; ca. 17:00 Uhr Rückfahrt nach Oldenburg; ab 20:00 Uhr Fest im Alhambra (Hermannstr. 83)

Montag, den 19. August 2002

8:30 Uhr Frühstück; 10:00 Uhr Uni-Brücke (Ulhornsweg) Bus-Abfahrt nach Westerstede; 11:00 Uhr Demo am Kreishaus in Westerstede; nachmittags Aktionen in der Oldenburger Innenstadt; 20:00 Uhr gemeinsames Abendessen

Dienstag, den 20. August

vormittags: Nach dem Frühstück zieht die "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" weiter in Richtung Hannover, wo eine Demonstration am Abschiebeknast Langenhagen stattfindet.

Rahmenveranstaltungen

Zur Situation der von Abschiebung bedrohten Roma- Frauen in und um Oldenburg.

Bei allen Diskussionen über die Bevölkerungsgruppen im ehemaligen Jugoslawien gerät eine immer in Vergessenheit. Viele Roma in der BRD sollen in den Kosovo abgeschoben werden, obwohl sie dort nicht gewollt und von rassistischen Übergriffen bedroht sind und ihnen keine Möglichkeit gegeben wird eine neue Existenz aufzubauen. Eine Frau, die fast ihr gesamtes Leben in Deutschland verbracht hat und nun von Abschiebung bedroht ist berichtet.

In Zusammenarbeit mit dem Autonomen Frauenhaus Oldenburg.

Do, 15. Aug., 20 h, PFL, Peterstr. 3

Überleben in der Illegalität - der Arbeitsmarkt für Ausländer ohne Aufenthaltsstatus

Wer ohne Aufenthaltsstatus in Deutschland überleben will, muß in der Regel illegal arbeiten. Dita Vogel berichtet, wie Ausländer ohne Aufenthaltsstatus ihren Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt beschreiben und welche Bedeutung die Bekämpfung illegaler Ausländerbeschäftigung für kontrollierende Behörden hat. Dazu nutzt sie Interviews und Beobachtungen aus einer Fallstudie in Berlin, die sie gemeinsam mit Norbert Cyrus im Rahmen eines europäischen Forschungsprojektes am Institut für Bildung und Kommunikation in Migrationsprozessen der Universität Oldenburg durchgeführt hat. Die Diskussionteilnehmer werden eingeladen, Oldenburger Erfahrungen einzubringen und mit den Berliner Ergebnissen zu vergleichen. Abschließend geht es um Wege zur Verbesserung des Schutzes von Ausländern ohne Aufenthaltsstatus im Arbeitsmarkt.

Eine Veranstaltung mit Dr. Dita Vogel (Universität Oldenburg).

Mi., 21. Aug., 20 h, ALSO, Kaiserstr. 19

Berichte von Flüchtlingen aus der ZAST Blankenburg und dem Umland Oldenburgs.

Einkaufen mit Gutscheinen, Leben fast ohne Bargeld, Freunde besuchen nur mit Erlaubnis. Was wissen wir wirklich über den Alltag von Flüchtlinge in diesem Land? Auf dieser Veranstaltung werden Flüchtlinge darüber berichten, wie es für sie ist hier zu leben.

Mo., 26. Aug., 20 h, PFL, Peterstr. 3

Was bringt das neue Zuwanderungsgesetz?

Alle haben davon gehört, aber kaum jemand weiß wirklich was drin steht: Das mittlerweile vom Bundespräsidenten unterzeichnete Zuwanderungsgesetz, das ja genau genommen "Gesetz zur Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung (...)" heißt. In dieser Veranstaltung wird der Rechtsanwalt Günter Werner aus Bremen erläutern was sich gegenüber der bisherigen Gesetzgebung verändert hat und was dies für die betroffenen Flüchtlinge und MigrantInnen bedeutet. Mit RA Günther Werner (Bremen)

Mo., 2. Sep., 20 h, PFL, Peterstr. 3

Weitere Informationen: Tel./Fax: 0441,776777, 0441,14402

http://www.alhambra.de

http://www.erlassjahr2000.de/

http://www.attac-netzwerk.de

 

 
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