Oldenburger STACHEL Nr. 240 / Ausgabe 12/02      Seite 2
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Studiengebühren? Widerspruch einlegen!

Legt Widerspruch gegen Euren Gebührenbescheid ein - oder wollt Ihr etwa zahlen?

Wenn Ihr zu den ca. 2600 Oldenburger Studis gehört, die um den 27. und 28.11.02 einen Gebührenbescheid über Langzeitstudiengebühren bekommen haben oder solche Leute kennt, solltet Ihr unbedingt diesen Artikel lesen, beachten und/oder weiterreichen!

Hier gibt's Infos zu folgenden Fragen:

· wer zahlen muß

· was Ihr machen könnt

· welche juristischen Argumente es gibt

· wie ihr Widerspruch einlegt bzw. klagt und wie so etwas abläuft

· welche Kosten entstehen können

· wo Ihr weitere Infos bekommt

· noch mal zur Übersicht: der kleine Anti-Studiengebühren-Wegweiser

Wer muß zahlen?

Letztes Jahr hat das Land Niedersachsen die Einführung von Langzeitstudiengebühren zum Sommersemester 2003 beschlossen. Zahlen sollen alle, die mehr als vier Semester über der Regelstudienzeit liegen - dabei zählen alle Semester für die Ihr jemals an einer deutschen Hochschule eingeschrieben wart. Wer Kinder hat, Gremienarbeit geleistet hat, behindert/chronisch krank ist, bekommt ein paar Semester oben drauf, Urlaubssemester werden nicht angerechnet. Alle anderen sollen zahlen, haben in Oldenburg größtenteils am 27. oder 28.11.02 einen Gebührenbescheid bekommen und haben nun einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen. Diese Frist ist eine juristische Frist und muß unter allen Umständen eingehalten werden!

Alle ab nächstem Semester Betroffenen haben außerdem bereits im September/Oktober einen Anhörungsbogen bekommen, auf dem sie die Befreiung/den Erlaß der Gebühr bantragen konnten. Dabei gelten folgende Vorschriften:

· Für Gremiensemester gibt es zwei Semester Verlängerung, an der Uni Oldenburg gibt es für zwei oder mehr Semester Gremienarbeit pauschal die Verlängerung (das Gremium ist egal, die Fachschaften können eigene Bescheinigungen ausstellen)

· Für Kindererziehungszeiten kann das Studienguthaben verdoppelt werden, dabei ist erstmal egal, wann das Kind geboren wurde.

· Bei Behinderung oder chronischer Krankheit wird die Gebühr erlassen, nötig ist ein fachärztliches Gutachten und eine persönliche Begründung über die Einschränkung der Studierfähigkeit.

· Bei "finanziellen Härten" (niedriges Einkommen) in "unmittelbarer Nähe zum letzten Abschnitt der Abschlußprüfung" (bislang ist nicht geklärt, was das genau heißt) kann die Gebühr erlassen werden. Dies dürfte mehr betreffen, als bis jetzt einen Erlaß beantragt haben!

Falls einer der Gründe auf Euch zutrifft, Ihr aber versäumt habt, den Anhörungsbogen auszufüllen, könnt Ihr dies innerhalb der Widerspruchsfrist nachholen.

Was könnt Ihr machen?

Wenn die Gründe, die Euer Studium verlängert haben, oben nicht aufgeführt sind, Ihr aber weder zahlen, noch Euch exmatrikulieren wollt, gibt es (außer Beurlaubung) nur eine Möglichkeit: fristgerecht Widerspruch einlegen und gegebenenfalls klagen.

Wichtig: Bei der Widerspruchsfrist handelt es sich um eine juristische Frist, die auf den Tag genau einzuhalten ist - das ist etwas ganz anderes als Behördenfristen, die sich ja meist irgendwie verlängern lassen. Wer am 28.11 einen Gebührenbescheid bekommen hat und erst am 29.12. Widerspruch einlegt, hat unwiderruflich verloren!

Juristische Argumente gegen Studiengebühren

Politische Argumente gegen Studiengebühren gibt es viele, für eine Klage sind aber erst mal nur die juristischen Argumente interessant. Natürlich ist nicht gesichert, daß die Klagen erfolgreich sind. Gut sind jedenfalls die Aussichten, weitere Ausnahmeregelungen aufnehmen zu lassen, falls wir mit einer generellen Klage scheitern.

Folgende generelle Argumente gibt es:

· Die Übergangsfrist war kürzer als drei Semester, in vielen Studiengängen war ein Abschluß zwischen Beschluß des Gesetzes und In-Kraft-Treten gar nicht zu schaffen.

· Langzeitstudiengebühren treffen nur Arme, dies widerspricht dem Grundrecht auf freie Berufswahl, dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsprinzip.

Weitere Argumente, die konkrete Fälle betreffen:

· Die volle Anrechnung der Fachrichtungswechsel ist ungerecht, dadurch müssen sogar Leute zahlen, die in ihrem aktuellen Studiengang noch in der Regelstudienzeit liegen.

· Auch wer mehr als zwei Semester Gremienarbeit geleistet hat, bekommt nicht mehr angerechnet. Das widerspricht dem Hochschulrahmengesetz, nach dem Gremientätigkeit keine Benachteiligung nach sich ziehen darf.

· Die Pflege von Angehörigen müßte ähnlich wie Kindererziehung berücksichtigt werden.

· Obwohl die meisten StudentInnen zumindest teilweise erwerbstätig sein müssen, wird dies überhaupt nicht als studienverlängernder Grund berücksichtigt.

Widerspruch einlegen - Wie geht das?

Der Widerspruch kann zunächst formlos und ohne Begründung eingelegt werden. Ab 10.12. gibt es im AStA auch ein Formular für diesen Widerspruch.

Klage einreichen/Hauptverfahren

Wird der Widerspruch zurückgewiesen, dann muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchbescheides Klage erhoben werden. Die Klage muß vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden. Die Einzelheiten stehen im Widerspruchsbescheid.

In diesem Klageverfahren kann mensch sich zunächst auf die Ausführungen im Widerspruchsschreiben beziehen. Für das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht braucht mensch keinen Rechtsanwalt, auch die Klage kann per Formular eingereicht werden. Das Hauptsacheverfahren kann sich allerdings einige Zeit hinziehen

Wer gegen Studiengebühren vorgehen will, muß also Widerspruch bzw. Klage erheben. Wer das nicht tut, für den ist die Gebührenpflicht endgültig und zwar auch dann, wenn später durch ein Gericht festgestellt wird, daß die Erhebung von Studiengebühren überhaupt oder bei einer bestimmten Personengruppe unzulässig gewesen ist. Das gezahlte Geld bekommt mensch dann nicht zurück.

Eilverfahren/ Einstweiliger Rechtsschutz:

Ein Widerspruch gegen einen Gebührenbescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet: Wer den Gebührenbescheid erhalten hat, muß zahlen und zwar auch dann, wenn Widerspruch eingelegt wird. Wer nicht damit einverstanden ist, muß wie folgt vorgehen:

Zunächst muß bei der Behörde die Aussetzung der Vollziehung des Gebührenbescheids beantragt werden. Eine entsprechende Formulierung ist in dem Musterwiderspruchsschreiben enthalten.

Wird dieser Antrag abgelehnt oder läßt sich die Hochschule mit der Beantwortung drei Monate Zeit, oder ist die Sache aus sonstigen Gründen eilig, etwa weil die Rückmeldung unmittelbar bevorsteht, dann kann ein Antrag beim Verwaltungsgericht gestellt werden, um die aufschiebende Wirkung des Widerspruches anzuordnen. Auch hierfür kann ein Musterformular zur Verfügung gestellt werden. Allerdings ist ein solches Verfahren nicht ganz so einfach wie ein normales Klageverfahren.

Weil das Eilverfahren nicht so leicht ohne Anwalt durchzuführen ist, wird der AStA einzelne Leute unterstützen, die sich exemplarisch im Eilverfahren durch klagen wollen. Alle ähnlich gelagerten Fälle könnten sich dann auf diese Entscheidung berufen. Auch wenn eine "Einstweilige Anordnung" noch keine Entscheidung in der Hauptsache ist, ist doch eine ähnliche Entscheidung im Hauptverfahren wahrscheinlich. In jedem Fall müßtet Ihr dann erst mal nicht zahlen.

Wer also einen späten Fachrichtungswechel durchgeführt hat, mehr als zwei Semester Gremienarbeit geleistet hat, Angehörige pflegt oder nachweislich erwerbstätig war, sollte sich unbedingt im AStA-Sozialreferat melden, damit aus diesen Gruppen jeweils eine/r exemplarisch ein Eilverfahren führen kann.

Besonders spannend wäre es, wenn Erwerbstätigkeit endlich als studienverlängernder Grund anerkannt würde. Schließlich wird bislang entgegen aller Tatsachen immer noch davon ausgegangen, daß Studierende entweder von ihren Eltern finanziert werden oder BAFöG bekommen - und zwar ausreichend.

Wann es kompliziert wird:

Kompliziert wird es dann, wenn mensch gegen ein ablehnendes Urteil eines Verwaltungsgerichts vorgehen möchte. Dann muß ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Dafür benötigt mensch einen Anwalt.

Für den Fall der Fälle gibt es dann aber weitere Infos.

Welche Kosten können entstehen?

Ein wichtiger Punkt könnte mensch denken. Praktischerweise werden die Kosten nach dem Streitwert berechnet, der in diesem Fall 500 Euro beträgt - was für ein Gericht ziemliche Peanuts sind.

Konkret: Ein abgelehnter Widerspruch kann eine Gebühr kosten - wahrscheinlich aber nicht mehr als 25 bis 30 Euro.

Gerichtskosten entstehen im Hauptsacheverfahren erst mit der Entscheidung (bis dahin könnt Ihr Eure Klage auch jederzeit kostenlos zurück ziehen). Sie liegen ebenfalls bei etwa 25 Euro.

Im Eilverfahren entstehen mit der Klageeinreichung Kosten (aber in ähnlicher Größenordnung).

Zumindest im Rahmen der derzeitigen AStA-Koalition bieten wir Euch die Übernahme dieser Kosten an - einfach einen Antrag im Sozialreferat stellen.

Wo gibt es weitere Infos?

Weitere Infos bekommt Ihr beim AStA-Sozialreferat. Öffnungszeiten: Di. bis Fr. 10-13 Uhr, Do. 15-16.30 Uhr, Raum M 1-153, Tel. 04 41/7 98-31 04 oder 04 41/7 47 50; email: asta.soziales@uni-oldenburg.de; web: www.uni-oldenburg.de/asta/soziales

Ab 10.12. gibt es im Internet das Widerspruchsformular zum download, ab 11.12 in gedruckter Version (hoffentlich) überall in der Uni.

Noch mal zur Übersicht: Der kleine Anti-Studiengebühren-Wegweiser

Habt Ihr einen Anhörungsbogen bekommen?

Wenn nein: Glück gehabt - informiert doch bitte weniger Glückliche!

Wenn ja: ausgefüllt und zurückgeschickt?

Wenn ja: erstmal auf Antwort warten

Wenn nein: nur verpennt, obwohl Gründe vorhanden wären?

Wenn ja: den Anhörungsbogen in der Widerspruchsfrist für den Gebührenbescheid noch abschicken

Wenn nein: Widerspruch gegen den Gebührenbescheid einlegen, Frist beachten, im AStA melden

Noch Fragen offen? Kommt ins Sozialreferat, ruft an, lest die Webseite!

Wer nichts tut ist selbst schuld!

Ulrike Bielefeld,

für den AStA

der Carl von Ossietzky Universität

 

 
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