Oldenburger STACHEL Nr. 241 / Ausgabe 1/03      Seite 16
 
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Die Niederlande sind so weit ...

Warum in Kabelnetzen niederländische Sender fehlen

Die Kabel-Deutschland (KD), (noch) Telekom-Subunternehmen, speist in Oldenburg immerhin Ned-2-Fernsehen und vier Rundfunksender ins Kabelnetz. Doch z.B. in vielen Wohnungen der Gemeinnützigen Siedlungsgesellschaft - heute nur noch kurz GSG - gibt es immer häufiger ein anderes Angebot. Das zeichnet sich einerseits positiv durch mehr dritte Programme wie ORB, HR3, SW3 und zeitweise SFB1 aus. Die niederländischen Sender fehlen jedoch völlig.

Peinlich: Neue Grenzen

Einerseits gibt es intensive Versuche, zwischen den Regionen Kooperationen zu schließen: Die Carl-von-Ossietzky Universität z.B. hat einen Kooperationsvertrag mit der Rijksuniversität Groningen. Auch kann in Oldenburg Niederländisch studiert werden. Hier wohnen viele Menschen mit niederländischer Herkunft. Einige technisch verspielte TräumerInnen stellen sich sogar - allen Nachteilen zum Trotz - eine Verkehrsverbindung der Regionen durch die ElektroSmogschleuder Transrapid vor. Das wäre zwar nicht nur ungesund, sondern auch unwirtschaftlich, zeigt aber deutlich den Wunsch nach intensivem Austausch mit den NachbarInnen. Doch bei der medientechnischen Umstellung, die laut AnbieterInnen und auch der GSG in die Zukunft weisen soll, gibt es hier gewaltige Rückschritte.

Europa wächst auseinander

Wie kommt es, daß unsere nächsten internationalen Nachbarn funktechnisch so viel weiter entfernt sind als alle anderen? Dem "modernen" Kabelmedienangebot nach liegt Bayern dichter an Oldenburg als Groningen. Im Gespräch mit AWE, eineR der neuen Kabel-AnbieterInnen, wird zwar bestätigt, daß sich auch schon Menschen mit Interesse an niederländischem Angebot gemeldet haben. Doch vermutlich werden die Wünsche dort noch nicht eindringlich genug angemeldet.

"Ortsübliches" Angebot

Die Niedersächsische Landesmedienanstalt (NLM) in Hannover fordert z.B. für das Fernsehen 33 Sender als "ortsübliches" Grundangebot, das eingespeist werden muß. "Alles andere regelt der Markt", so die NLM gegenüber dem STACHEL. Die niederländischen Sendeanstalten sind auf ein relativ kleines Verbreitungsgebiet eingestellt und haben deshalb kein Satellitenangebot. Für die KD ist das kein Problem: In Leer und Aurich sind die niederländischen Angebote gut einzufangen und dann werden sie via Richtfunkstrecke nach Oldenburg übermittelt. Doch wenn ein kleinerer regionaler Anbieter nicht über diese Möglichkeiten verfügt, dann wird der nun erforderliche technische Aufwand als unangemessen betrachtet und die entsprechenden Sender gehören nicht mehr zum "ortsüblichen" Angebot.

Wundersame Deregulierung

Außerdem führt die AWE urheberrechtliche Fragestellungen an: Wenn die NiederländerInnen die Rechte für einen Film erworben haben, um diesen in den Niederlanden auszustrahlen, würde ein solcher Vertragsrahmen gebrochen bei der grenzüberschreitenden Einspeisung in Kabelnetze "ferner" Länder. Der KD wird hier sogar widerrechtliches Verhalten unterstellt.

Nun hat es seit Beginn der Deregulierung in den 90er Jahren ja durchaus einige Lichtblicke auf dem Mediensektor gegeben. Diese hat uns jedoch auch kreischendes Privatgeflackere für Augen und Ohren beschert. Doch wer kann heutzutage wissen, welche rechtlichen Bestimmungen für solche grenzüberschreitenden urheberInnenrechtlichen Verträge zu beachten sind, damit auch alles seine Richtigkeit hat?

Die Vertragsparteien entscheiden

Die erforderlichen Vereinbarungen betreffen im wesentlichen das Zivilrecht. Nach der Auffassung von JuristInnen aus dem Niedersächsischen Justizministerium ist das letztlich Entscheidende der konkrete Vertragstext. Die Parteien können sogar selbst festlegen, ob z.B. das deutsche oder das niederländische Recht zugrunde gelegt werden soll. So ist nicht alles gesetzlich geregelt, doch die als Grund für die Nichteinspeisung genannte rechtliche Verunsicherung ist mehr eine "Gefühlte".

Wünsche deutlich anmelden

Vermutlich spielt auch ein "günstiger Preis" bei dem Wechsel zu den neuen KabelnetzbetreiberInnen eine Rolle. Ob das Angebot sich noch aufrecht erhalten läßt, wenn die KundInnenschaft deutlich ihre Wünsche nach niederländischen Programminhalten einfordert?

Vielleicht ließen sich ja auch Kompromisse finden. So läßt sich der niederländische Infosender (vergleichbar mit NDR4) in Oldenburg mit einem Weltempfänger (ein etwas empfangsstärkeres Gerät) und Zimmerantenne gut empfangen. Bei einer solchen Einspeisung ginge es in erster Linie um die niederländische Sprache. Mono wäre völlig ausreichende Qualität, und etwas Rauschen würde vermutlich auch nicht sonderlich stören.

Allen voran sollte sich die Unileitung engagieren, solches zu ermöglichen - das ist sie mindestens dem Fachbereich Niederlandistik schuldig. Und z.B. in der Groninger Straße sind direkt die Studierenden betroffen. Die sollten sich also an die verschiedenen EntscheidungsträgerInnen bei Baugesellschaften, VermieterInnen, KabelanbieterInnen, Unileitung und auch die Medien wenden. Wenn die Telefone eine Zeit lang heiß klingeln, kann vielleicht bald wieder in Ruhe niederländisch geglotzt und gehört werden. Damit würde nicht nur dem Recht auf Informationsfreiheit angemessener Genüge getan.

Gerold Korbus

 

 
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