Oldenburger STACHEL Nr. 243 / Ausgabe 6/03      Seite 2
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Radverkehr ausgebremst

Stadt schikaniert RadlerInnen

Für den Kfz-Verkehr gilt auf den Straßen des Vorbehaltsnetzes Tempo 50. Eine Geschwindigkeit, die RadfahrerInnen kaum erreichen - aber wohl auch nicht erreichen sollen. Denn die meisten Oldenburger Radwege mit Benutzungspflicht lassen keine Geschwindigkeiten deutlich über 20 km/h zu, sei es, weil die Oberläche von so markerschütternder Qualität ist, daß höherer Geschwindigkeiten schlicht nicht möglich sind (z.B. Hauptstraße, Alexanderstraße), sei es, weil die Radwege so schmal sind, daß ein Überholen langsamer RadfahrerInnen nicht möglich ist und schließlich verhindern Mülltonnen, Geschäftsauslagen, parkende Kfz, aus Grundstücksausfahrten fahrende Kfz, ungünstige Ampelschaltungen etc. höhere Geschwindigkeiten. Wer auf den Oldenburger Radwegen mit deutlich mehr als 20 km/h unterwegs ist, gefährdet zudem sich (und auch andere Verkehrsteilnehmer) in starkem Maße, Unfälle sind da schon fast vorprogrammiert.

Es ist der RadfahrerIn auf den benutzungspflichtigen Oldenburger Radwegen nicht möglich, an die Grenzen seiner körperlichen Leistungsfähigkeit zu gelangen. Sie wird durch die Radwege künstlich ausgebremst. Die Verantwortung dafür trägt die Stadt Oldenburg, die den Nutzungszwang vorschreibt. Mit Gleichberechtigung und Radverkehrsförderung hat das nichts zu tun: Während der Kfz-Verkehr eine eben asphaltierte, geradlinige Fahrbahn frei von Hindernissen vorfindet, auf der sowieso schon gut gefedert mit 50 km/h und oft auch schneller fahren werden kann, muß sich die RadfahrerIn mit schlechten Radwegoberflächen, Verschwenkungen, kurzen Grünphasen etc. auseinandersetzen, die sie ausbremsen. Radverkehrsförderung bedeutet aber auch, die Schnelligkeit des Radverkehrs zu erhöhen, um besser mit dem Kfz in der Wahl des Verkehrsmittels konkurrieren zu können, Das künstliche Ausbremsen des Radverkehrs durch benutzungspflichtige Pseudo-Radwege verschafft dem Kfz bei der Verkehrsmittelwahl wieder Vorteile.

Dabei ist die Benutzungspflicht für Radwege nicht notwendig: Zahlreiche Studien aus dem In- und Ausland belegen hinreichend, daß das Fahren auf Radwegen keinen Sicherheitsvorteil im Vergleich zum Benutzen der Fahrbahn bringt - im Gegenteil: Alle Studien kommen tendenziell zu dem Ergebnis, daß das Fahren im Mischverkehr auf der Fahrbahn sinderer ist als auf Radwegen. Beweise für die Unnötigkeit der Radwegebenutzungspflicht gibt es auch in Oldenburg: So sind viele Radwegabschnitte auch an den Hauptein- und Ausfallstraßen seit Jahren nicht benutzungspflichtig, z.B. an der Alexanderstraße stadteinwärts zwischen Feldstraße und Im Dreieck - ohne, daß es dort zu Problemen gekommen ist. Die Verwaltungsvorschiften der Straßenverkehrsordnung schreiben eindeutig vor, daß eine Benutzungspflicht für einen Radweg nur angeordnet werden darf, wenn dadurch die Verkehrssicherheit erhöht wird. In keinem Fall hat die Stadt Oldenburg die Notwendigkeit für die Anordnung einer Benutzungspflicht (Sicherheitsgewinn) nachweisen können - trotzdem schildert sie Radwege benutzungspflichtig aus und verstößt damit gegen geltendes Recht.

Aber nicht nur das: Durch die Benutzungspflicht wird die Oldenburger RadfahrerIn schikaniert und entmündigt, da ihr seitens der Stadt nicht zugetraut wird, selbst zu entscheiden, welche Führung die für sie beste ist - das Fahren auf der Fahrbahn oder auf dem Radweg. Dabei wissen die meisten RadfahrerInnen ganz genau, wo und wie sie sicher fahren.

Es ist verwunderlich, wieviele RadfahrerInnen sich von der Stadt Oldenburg bevormunden lassen. Als es um die Baumschutzsatzung ging, gab es einen großen Aufschrei mit anschließendem Bürgerbegehren. Die Oldenburger fühlten sich gegängelt. Aber im Verkehrsbereich lassen sich die Oldenburger weiter bevormunden und auf schlechte Nebenanlagen abdrängen. So schlecht der Radweg auch sein mag, er wird benutzt. Ein Grund für die starke Radwegefixierung die Oldenburger RadfahrerIn, die auch dann nicht auf der Fahrbahn fahren, wenn sie es dürfen, liegt in der seit vielen Jahren andauernden Radwegepropaganda, die behauptet, daß Radwege sicher seien, ohne dieses jemals belegt zu haben.

Wer ständig gepredigt bekommt, wie sicher doch Radwege seien, glaubt irgendwann daran, auch wenn Beweise für diese Behauptung nie erbracht worden sind. Zudem kennen viele RadfahrerInnen nicht die geltenden Rechtsvorschriften, vor allem, daß nur noch solche Radwege benutzt werden müssen, die entsprechend beschildert sind - alle anderen brauchen nicht mehr benutzt zu werden. Hinzu kommt aber auch das Verhalten vieler Autofahrer, die durch Zwangsmaßnahmen wie Hupen, Schneiden, Ausbremsen etc. versuchen, RadfahrerInnen von der Fahrbahn zu vertreiben, auch wenn diese dort fahren dürfen. Es ist erwiesen, daß Radwege das Verkehrsklima verschlechtern. RadfahrerInnen in Oldenburg brauchen in der Tat ein dickes Fell, wenn sie sich auf der Fahrbahn gegen den Autoverkehr behaupten wollen. Aber es lohnt sich: Auf der Fahrbahn kommen RadfahrerInnen viel sicherer, schneller und komfortabler voran als auf den Radwegen. Einfach mal ausprobieren und bei Problemen - auch mit der Polizei oder der Justiz - hilft der ADFC gerne weiter.

Stephan Popken (ADFC)

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club, Kreisverband Oldenburg/Oldenburger Land e.V., Im Umwelthaus Oldenburg, Peterstraße 3, D-26121 Oldenburg, e-mail: info@adfc-oldenburg.de, http://www.adfc-oldenburg.de/ Tel: 04 41/1 37 81, Fax: 04 41/2 48 93 30,

 

 
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