Oldenburger STACHEL Nr. 244 / Ausgabe 8/03      Seite 16
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Katastrophe Arbeitsmarkt

Arbeitsamt verschleiert Wahrheit

"Die Jobsuche in Oldenburg wird immer schwieriger" lautete der NWZ-Bericht vom 7.8.03 über die neuesten Arbeitslosenzahlen des Arbeitsamtes Oldenburg. Die Zahlen jedoch, die das Oldenburger Arbeitsamt in seiner monatlichen Statistik veröffentlicht, verschleiern das wahre Ausmaß der Katastrophe auf dem Arbeitsmarkt eher, als daß sie die reale Entwicklung wiedergeben.

Als Lichtblick wird in der NWZ dargestellt, daß im Hauptamt Oldenburg im Juli der Zugang an offenen Stellen im Vergleich zum Vorjahresmonat von 632 auf 819 gestiegen sei. Wie sieht die Wahrheit aus?

· Der Bestand an gemeldeten Stellen Ende Juli 2003 liegt mit 1.379 um 353 Stellen oder 20,4% unter dem des Monats Juli 2002.

· Der Zugang an gemeldeten Stellen liegt seit Jahresbeginn 2003 mit 4.520 Stellen um 1.006 oder 18,2% unter dem des vergleichbaren Vorjahreszeitraums.

· Ende Juli 2003 stehen 11.473 Arbeitslose 1.379 gemeldeten Stellen gegenüber, d.h. auf eine gemeldete Stelle kommen statistisch mehr als acht Arbeitslose.

Und nun kommt der Teil, der in der offiziellen Statistik (bewußt?) verschwiegen wird. In der NWZ heißt das: "1602 Männer und Frauen hatten sich im Juli aus den Karteien des Arbeitsamtes streichen lassen, ..." - Was steckt dahinter?

· Seit Jahresbeginn 2003 gibt es mit 4.340 Abgängen von gemeldeten Stellen 1.060 oder 19,6% weniger Abgänge als im Vorjahreszeitraum. Das ist ein realer Rückgang von Vermittlungen.

· Im Juli 2003 stehen 1.602 Abgängen von Arbeitslosen aus der Statistik nur 832 Abgänge an gemeldeten Stellen gegenüber. Sind das tatsächlich 832 Vermittlungen des Arbeitsamtes? Was ist mit den anderen 770 Arbeitslosen passiert?

· Seit Jahresbeginn 2003 stehen 11.830 Abgängen von Arbeitslosen aus der Statistik sogar nur 4.340 Abgänge an offenen Stellen gegenüber. Was ist mit den anderen 7.490 Arbeitslosen passiert?

Im Klartext: Das Arbeitsamt erwähnt in seiner öffentlichen Darstellung mit keinem Wort,

· wieviele Arbeitslose es tatsächlich auf gemeldete Stellen vermittelt,

· wieviele Arbeitslose sich selbst aus welchen Gründen abmelden,

· wieviele Arbeitslose vom Arbeitsamt aufgrund von Sperrzeiten oder verschärfter Anrechnung von Altersvorsorge oder Partnereinkommen aus der Statistik verbannt werden.

Dazu ein paar Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit:

Während es 1998 bundesweit monatlich 2.720 Sperrzeiten "wegen Ablehnung einer Beschäftigung" gab und im Jahre 2002 monatlich ca. 4.800, explodieren sie förmlich seit Anfang dieses Jahres: Januar: 4.897; Februar: 5.722; März: 9.068; April: 11.439; Mai: 15.116.

Da die Zahl der gemeldeten Stellen und die Zahl der Vermittlungen seit Anfang des Jahres rückläufig ist (s.o.: In Oldenburg wurde nur gut ein Drittel aller Arbeitslosen, die aus der Statistik verschwanden, auf gemeldete Stellen vermittelt!) und eine plötzlich aufgetretene Faulheitswelle bei deutschen Arbeitnehmern wohl kaum als Erklärung taugt, kann nur vermutet werden, daß die neuen Praktiken der Arbeitsämter weniger der erfolgreichen Vermittlung in Arbeit, als vielmehr der massiven Ausgrenzung von Arbeitslosen dienen.

Zur Erinnerung: Der Skandal ist noch keine anderthalb Jahre her, als die großen Hartz-Reformen in die Wege geleitet wurden, weil die Arbeitsämter mit ihren Vermittlungsstatistiken ein falsches Bild der Realität vortäuschten. Mit riesigem Spektakel und großen Versprechungen werden die Arbeitsämter seitdem umgebaut, die Leistungen für Arbeitslose werden drastisch eingeschränkt und der Druck auf sie erhöht. Das Ergebnis?

· Es gibt weniger offene Stellen.

· Es gibt weniger Vermittlungen in Arbeit.

· Es gibt immer mehr Arbeitslose, die aus dem Leistungsbezug ausgegrenzt werden.

Trotzdem steigt die Arbeitslosigkeit. Und das Arbeitsamt gibt noch immer ein falsches Bild seiner Vermittlungstätigkeit an die Öffentlichkeit.

Michael Bättig (ALSO)

Arbeitslosenzentrum, Kaiserstr. 19, 26122 Oldenburg, Tel.: 04 41/1 63 13, Fax: 04 41/1 63 94, Internet: www.also-zentrum.de, e-mail: also@also-zentrum.de

 

 
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