Oldenburger STACHEL Nr. 244 / Ausgabe 8/03      Seite 1
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Schluß mit der Vernichtung

des sozialen und kulturellen Lebens

Eiseskälte allerorten. Wurde bislang vor allem auf die Armen eingeschlagen, fürchtet nunmehr z.B. das Staatstheater um seine Existenz. Die Universität soll nach dem Willen der Landesregierung einen Kahlschlag erfahren. Die Streichungen in den Bereichen Bildung, Soziales und Kultur erreichen einen Grad, der den Menschen den Atem stocken läßt. Diese Ausgabe des STACHEL ist voll von Berichten, wie es nicht mehr allein den Schwächsten dieser Gesellschaft an den Kragen gehen soll, geht es nach dem Gusto der hier Herrschenden. Besonders kraß neben der Schließung des AWO-Frauenhauses ist wohl die Streichung der Pauschale seitens des Sozialamtes für die besondere Ernährung, die DiabetikerInnen zu sich nehmen müssen. Zwar sind die ersten juristischen Schritte zugunsten der DiabetikerInnen entschieden worden, doch wie der Bericht in diesem STACHEL über eine Heimeinweisung aus Kostengründen eines jungen, an Multipler Sklerose Erkrankten Menschen zeigt, ist auch auf die Gerichte in diesen Dingen kein Verlaß mehr.

Doch Geld ist genug da!

Während auf Bundesebene Herr Minister Struck die BRD am Hindukush verteidigt sehen möchte - eine neue Variante der "ziemlich-weit-vorne-Verteidgung" - was natürlich (!) auch Geld kostet, sind in Oldenburg einigen Betuchten die Steine, auf denen wir gehen, nicht mehr ansehnlich genug. (Leider gehören diese nicht zu denen, die darunter den Strand vermuten, d.TipperIn) Für neue Steine ist ebenso genug Geld vorhanden wie für eine neue "Sportarena", bei der heute schon abzusehen ist, daß dieses Bauwerk teurer wird als geplant. Während der Oldenburger Sportpalast unter den Augen der Kontrollinstanz Bezirksregierung das Stadtsäckel über Jahre hinaus belasten wird und die Zuwendungen der Mäzene nicht sicher sind, wird jetzt vermutlich der Einwand kommen, daß die Steine ja privat finanziert werden sollen. Sicher, doch sie werden bezahlt, und demnach ist das Geld vorhanden. Diese Beträge könnten auch z.B. über Abgaben wie z.B. Grundsteuer, wo Oldenburg immer noch in einem günstigen Bereich liegt im Vergleich zu anderen Städten, in die Stadtkasse eingeworben werden. Schulden adé. Überhaupt ...

Schulden?
Einfach nicht zurückzahlen!

Vor vielen Jahren hatte der STACHEL bereits für die Stadt ausgerechnet, daß die Kredite bei den Banken schon mehr als zurückgezahlt sind. Im wesentlichen ist es der Zinsendienst, der das Loch in den städtischen Beutel reißt. Die Zinsen sind jedoch amoralisch, wenn mensch der Bibel glauben schenken darf. Aber selbst wenn mensch sich nicht als wirklich fundamentalistischer Christ und damit als ZinsgegnerIn und konsequente PazifistIn "outen" möchte: Auch mit wenig radikalen, mit kleinen Schritten wäre es möglich, die jetzige Situation zu entspannen. Für Oldenburg hieße das, auf einige kostenträchtige Projekte vorerst zu verzichten. Hätte die BürgerInneninitiative für den Erhalt des Huntebades sich durchgesetzt, wäre sicher einiges mehr für den nächsten Stadthaushalt zur Verfügung. Das hat auch das Gericht nicht bestritten. Vielleicht hätte sich ja sogar ein Weg finden lassen, Initiativen wie die Arbeitslosenselsbthilfe ALSO weiterhin zu fördern - wenn das gewollt wäre. Aber der Oberbürgermeister OB gefällt sich wohl mehr, wenn es einst Sch...bad, Sch...arena heißt, als wenn gut gebildete TheaterkennerInnen als BotschafterInnen Oldenburgs in die Welt ziehen.

Gemeinsamer Widerstand
gegen Streichungen

Die Redaktion bekam keine Stellungsnahme des OB zur prekären Lage der Universität. Dabei werden die Auswirkungen des dortigen Streichkonzertes stark auf die Stadt zurückwirken. Doch in den nächsten Tagen werden Herr Schütz und Herr Grubitzsch sich treffen. Leider ist nicht zu erwarten, daß dabei etwas Gutes heraus kommt. In der Uni wird bereits Unmut laut angesichts des vorauseilenden Fachbereichsschließungsgehorsams des Uni-Präsidenten. Während der ersten Krisensitzung der Fakultät IV wurden Rücktrittsforderungen laut. Ein Professor bescheinigte dem Uni-Präsidium "völlige Inkompetenz". Eines ist sicher - wie in einem historischen Rückblick in dieser Ausgabe zu lesen ist - an der Uni wurde immer rumgestrichen und immer wußte sie sich zur Wehr zu setzen - egal welche Regierung gerade in der Stadt und welche im Land dran war: Die Stadt, die jeweilige Unileitung und die Belegschaft mit den Studierenden zogen immer an einem Strang. Bei bestimmten eitlen Zöpfen, die dort heute vorstehen, scheint das nicht mehr gewährleistet.

Demokratie kleingeschrieben

Angesichts der bevorstehenden PräsidentInnenwahl soll zur Vorbereitung eine Findungskommission eingerichtet werden. Ursprünglich sollte jede Uni-Statusgruppe mit einem stimmberechtigen Vertreter dort teilhaben. Nunmehr sollen die beiden größten Gruppen lediglich mit je eineR VertreterIn mit beratender Stimme noch anwesend sein dürfen. Die Ver.di-Hochschulgruppe Signal erhebt hiergegen scharfen Protest.

Auf die eigene Kraft besinnen:
vernetzen

Da abzusehen ist, daß auf Stadt und Präsidium kein Verlaß ist, sollten sich die Betroffen zusammenfinden und gemeinsam den Widerstand gegen die Austrocknung der ganzen Region organisieren. Das muß über Veranstaltungen und Vollversammlungen weit hinausgehen. Vielleicht darf ich an dieser Stelle an den Wahlspruch der Friedensbewegung von 1983 erinnern: Mit Mut, Phantasie und langem Atem sollte sich doch etwas erreichen lassen.

Gerold Korbus

 

 
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