"Die USA sind Kriegsverbrecher"
Atomanlage dem Erdboden gleichgebombt
Über die Plünderungen im Irak wurde viel berichtet. Auch der Oldenburger
STACHEL druckte dazu eine Einschätzung. Weniger wurde von den Medien
übermittelt, daß bereits während des "Kreuzzuges" 1991 Großbritanniens und
der USA gegen den Irak massiv das Völkerrecht gebrochen wurde, das
durchzusetzen der Feldzug doch geführt würde. Doch die Vereinten Nationen UN
haben damals den Bock zum Gärtner gemacht.
Knapp drei Tage nach Kriegsbeginn zeigte sich der US-General Norman
Schwarzkopf in den Medien: "Wir haben das Atomkraftwerk Tuwaita nahe Bagdad
dem Erdboden gleich gemacht." Doch dieser vermeintliche Erfolg der
amerikanischen Soldaten verschwand schnell wieder aus dem Rampenlicht der
Weltöffentlichkeit. Einer der wenigen Beiträge, die sich diesem Thema noch
widmeten, war die Sendung von rtl-plus "explosiv" am 29.1.1991 von Inge
Lindemann und Reinhard Spilker. Der Text dieses Beitrages wurde damals in
der Februarausgabe des STACHEL dokumentiert.
Bomben auf Atomanlagen
Fakt ist, daß die Bombardierungen der Atomanlagen im Irak allen
internationalen Vereinbarungen zuwider geschahen. rtl berichtete:
"... Deshalb greifen US-Jets am 20. Januar TUWAITA an, das Atomzentrum nahe
Bagdads. Ihr Ziel: Drei mit Atombrennstoff beladene Reaktoren. Zwei davon
produzieren keinen Strom, sondern dienen der Forschung. Der älteste Reaktor
IRT 5000 - von den Sowjets geliefert - arbeitet seit 20 Jahren.
Sein Reaktorkern ist zwar 100 mal kleiner als der von Tschernobyl, aber wenn
die Bomben richtig treffen, kann viel mehr vom Reaktorkern freigesetzt
werden, können also die Umweltschäden in unmittelbarer Nähe noch
schlimmersein.
Die anderen US-Ziele: Das verbunkerte Forschungszentrum SAT 16 in der Nähe
von Mosul und Uranvorkommen im Norden Iraks. Die Bombermission ist
erfolgreich - Atomanlagen zerstört. Die Verluste der Angreifer: Mehrere
US-Flugzeuge abgeschossen. Die Irakis führen die Piloten im Fernsehen vor.
Postwendend protestiert Präsident Bush gegen die angebliche Mißhandlung
seiner Piloten. Dies verstoße gegen die Genfer Konvention. Übersehen hat Bush
dabei, daß sein Luftangriff die gleiche Konvention verletzt hat.
In einem Zusatzprotokoll heißt es in Artikel 56: "Bauten oder Anlagen mit
gefährlicher innerer Dynamik wie Staudämme, Deiche und Kernkraftwerke dürfen
nicht Angriffsziele sein, selbst, wenn es sich militärische Anlagen handelt."
Diesen Text von 1977 haben auch die USA unterzeichnet. Dennoch wurden danach
Atomanlagen angegriffen." Soweit damals rtl.
Die USA sind Kriegsverbrecher
2003 könnte es nun in den Medien vielerorts scheinen, als seien die
amerikanischen Militärs überrascht worden von den Plünderungen. Hinsichtlich
der geplünderten Museen und der Vernichtung und Vermarktung großer Teile
nicht nur der irakischen, sondern der Menschheitsgeschichte ist inzwischen
klar, daß die US-Regierung Monate vor dem neuen Krieg gewarnt wurde, was
passieren würde. (Vgl. STACHEL 243) Direkt vor Beginn der Museumsplünderung
wurde das US-Militär nochmals um Schutz gebeten. Die USA kamen ihrer
Verpflichtung zum Schutz des Weltkulturerbes nicht nach.
Auch die Internationale Atomenergiebehörde IAEO hat die US-Regierung bereits
vor dem Krieg und auch während des Krieges aufgefordert, die atomaren
Anlagen im Irak zu schützen. Doch auch dies wurde ignoriert.
Freudige Kenntnisnahme
der Atom-Plünderungen?
Einen günstigen Nebeneffekt hat die massive Verteilung von radioaktivem
Material für die USA: Dadurch werden die Spuren der völkerrechtswidrigen
Handlungen verwischt. Sicher war es nicht allein der Grund, der gesamten
Welt ihre Macht zu demonstrieren, als die USA der IAEO die Kontrolle der
Atomanlagen verboten. Was einen weiteren Bruch des Völkerrechts darstellt -
denn genau das ist die Aufgabe der IAEO. Auch die folgende sehr begrenzte
Erlaubnis zur IAEO-Kontrolle kann das nicht heilen. Überhaupt sind
Kontrollen im Irak zur Ermittlung dessen, was geschehen ist, ohnehin sehr
schwer - immerhin wurden bereits 260.000 Bombardierungen seitens der USA und
Großbritanniens in der Zeit zwischen den Kriegen durchgeführt.
Pünktlich zu Beginn der Ferienzeit platzte die Nachricht von den
atomaren Plünderungen bei uns durch die Medien:
"Nukleares Desaster im Irak"
Einen Sicherheitsbehälter mit Atommüll haben Greenpeace-Aktivisten heute
morgen in Bagdad vor dem Hauptquartier des US-Zivilverwalters für den Irak,
Paul Bremer, abgeladen. Das radioaktive Uran, "yellowcake" genannt, fand
Greenpeace in einem Dorf nahe der Atomanlage Tuwaitha, 18 Kilometer
südöstlich von Bagdad. Seit dem Sturz Saddam Husseins haben Einwohner der
Region die Anlage geplündert - nichts ahnend von der strahlenden Gefahr.
Greenpeace fordert Bremer auf, der Internationalen Atomenergiebehoerde
(IAEO) sofort Zutritt zu dem Gebiet zu gewähren, damit diese die radioaktive
Verseuchung erfassen und beseitigen kann.
"Dieser Atommüll ist nur ein Bruchteil dessen, womit die Bevölkerung in
Tuwaitha monatelang leben mußte", sagt Wolfgang Sadik, Greenpeace-Sprecher
vor Ort. "Bremer ist verantwortlich für die Gesundheitsversorgung im Irak.
Er muß sofort den Weg frei machen und die Internationale Atomenergiebehörde
ihre Arbeit machen lassen." Das US-Militär hält an seiner Darstellung fest,
daß in der Region keine Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung besteht -
trotz der Beweise für eine weiträumige radioaktive Verseuchung.
Das internationale Team von Greenpeace hat in den vergangenen drei Wochen in
der Region Tuwaitha mehrfach offen herumliegenden Atommüll gefunden und
stark überhöhte Strahlung gemessen. In einer Grundschule lag der Wert
3000fach höher als normal, in einem Wohnhaus in der Nähe der Atomanlage
sogar 10.000fach höher. Dorfbewohner nutzten verstrahlte Fässer zur
Lagerung von Trinkwasser und Lebensmitteln.
Seit Kriegsende verweigern die Besatzungmächte der IAEO den Zugang zum Irak.
Damit verstoßen sie gegen die UN-Resolution 1441, die den "uneingeschränkten
Zugang" der IAEO zu allen Gebäuden im Irak verlangt. Lediglich für zwei
Wochen gestatteten die Besatzungsmächte im Juni den Inspektoren den Zutritt
zur Atomanlage Tuwaitha. Die IAEO durfte jedoch nur das Uran innerhalb der
Anlage erfassen, nicht in den umliegenden Dörfern.
"Die Region Tuwaitha steht vor einem nuklearen Desaster. Nirgendwo sonst auf
der Welt würde das toleriert werden", sagt Wolfgang Sadik. "Das radioaktive
Material, das wir Paul Bremer heute gebracht haben, ist sicher in einem
Container verschlossen - aber wer weiß, wie viel Atommüll noch offen und
ungesichert in den Dörfern herumliegt." (ngo-online am 4.7.2003)
Es geht um die Menschen
Dem STACHEL gegenüber erläuterte Wolfgang Sadik, daß Greenpeace Proben aus
Tuwaita zur Untersuchung aus dem Land geschmuggelt hat. Die Untersuchungen
sind in erster Linie hinsichtlich der radioaktiven Belastung durchgeführt
worden, also wieviel Strahlung die Biospäre dort, die Lebenswelt der
Menschen und Tiere belastet. Der Frage, aus welchem Desaster die
Strahlungsquellen jeweils stammen, ist bisher nicht Gegenstand der
Untersuchungen gewesen.
Solche Untersuchungen gestalten sich zwar aufwendig, doch grundsätzlich ist
es möglich, einen "Fingerprint" auf die Ursache hin zu untersuchen.
Vielleicht gibt es ja irgendwann Klarheit darüber, wer im Einzelnen am
vielzähligen Krebstod der Menschen die Schuld trägt: Die israelische
Bombardierung der lediglich von den Brennstäben geleerten AKWe, die
Verantwortlichen für die Bomben 1991, diejenigen, die den Einsatz vo
Uranmunition befahlen und/oder die Plünderer, die der Menschheit zeigten,
was geschieht, wenn wir gefährliche Technik einsetzen, aber niemand mehr
deren Gefahren kennt.
Wider den Luxus
der Hoffnugslosigkeit
Angesichts solcher Berichte ist es verständlich, wenn Menschen mit
Resignation reagieren - "mensch kann ja doch nichts machen" ... Doch ein
wenig haben wir vielleicht doch den Lauf der Geschichte in der Hand. So hat
es noch nie solche massiven Proteste vor einem Krieg gegeben wie 2003 vor
dem US-Krieg gegen Irak - dies, obgleich die Menschen weltweit noch im Banne
der Ereignisse des 11.9.2001 standen und der buschistischen Propaganda des
"Krieges gegen den Terrorismus" unterworfen waren.
Krieg ist kein Schicksal, sondern ein Verbrechen gegen die Menschheit. Gegen
solche Verbrechen können wir nur gemeinsam erfolgreich sein. Gegen die
Resignation hilft vielleicht die Lektüre von Dorothee Sölle und Fulbert
Steffensky: "Wider den Luxus der Hoffnugslosigkeit". Oder auch die Teilnahme
am
Zweiten friedenspolitischen Kongreß
in Hannover:
29. bis 30. August 2003
Als die US-Regierung Anfang dieses Jahres zum Feldzug gegen den Irak rief,
protestierten Millionen von europäischen Bürgerinnen und Bürgern auf den
Straßen. Auf der Ebene der Regierungen aber zeigte sich Europa gespalten:
Großbritannien, Spanien, Italien, Dänemark, die Niederlande und Polen
reihten sich in die "Koalition der Willigen" ein, insbesondere Frankreich,
Deutschland, Belgien, Luxemburg, Österreich und Griechenland machten
frühzeitig deutlich, daß sie sich nicht an diesem Krieg beteiligen wollten.
Was sind die Hintergründe dieser politischen Spaltung? Welche
unterschiedlichen Interessen werden hier wirksam? Wie weit bestimmt die
Kriegslogik auch die europäische Politik? Und wie sehen friedenspolitische
Alternativen aus? Kann ein gerechteres Nord-Süd-Verhältnis zu dauerhaftem
Frieden führen? Diese Fragen sollen auf dem II. Friedenspolitischen
Kongreß in Hannover beraten werden. Dabei soll auch die beunruhigende
Aufrüstung der EU zur (atomaren) Militärmacht analysiert werden: Mit sehr starker
deutscher Beteiligung werden mobile Einsatztruppen für globale
Interventionen aufgestellt. Auch die EU strebt danach, sich militärische
Optionen zu eröffnen, um ihre wirtschaftlichen und politischen Interessen im
Zweifel mit Gewalt durchzusetzen. Nicht die Freiheit wird verteidigt,
sondern ein Krieg gegen den Süden um Ressourcen und Märkte geführt.
Verteidigung, behauptet der deutsche Militärminister Peter Struck, finde
heute "am Hindukusch" statt. Das Völkerrecht wird dabei nur von Fall zu Fall
respektiert, wie der ohne UN-Mandat geführte "Kosovo-Krieg" gegen Serbien
1999 gelehrt hat. Bundeskanzler Gerhard Schröder, der den Krieg als
angeblichen Friedensdienst mit deutschen Kriegseinsätzen auf dem Balkan wie
in Afghanistan rehabilitiert hat, betreibt trotz seiner Absage an den
Irak-Krieg weiter die "Enttabuisierung" militärischer Gewalt.
Müssen wir hinnehmen, daß sich mit einem deutsch-französischen "Kerneuropa"
womöglich eine neue Militärmacht formiert? Und was bedeutet das für das
künftige Verhältnis der EU zur Weltsupermacht USA, das bereits heute immer
stärker von Konkurrenz geprägt wird?
Beim II. Friedenspolitischen Kongreß in Hannover soll auch beraten werden,
wie und wo die Friedensbewegung eingreifen kann. Schließlich hat sie in den
vergangenen Jahrzehnten alternative Konzepte und zahlreiche gewaltfreie
Aktionsformen erarbeitet und angewandt. Über den Protest, die Verweigerung
und den Widerstand hinaus gibt es Wege der zivilen Konfliktregelung und des
friedlichen Interessenausgleichs, die dargestellt und kritisch
diskutieren werden sollen. Unsere Aufmerksamkeit richtet sich auch auf die
ökonomischen und politischen Ursachen von Kriegen und den Ausweg aus
Militarisierung und Krieg. Wir wissen: Eine andere Welt ist möglich - eine
Welt ohne Hunger, Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg. Machen Sie mit! Alle
Interessierten sind herzlich eingeladen.
Wer nicht ganz so weit fahren möchte, ist ebenso herzlich eingeladen, am
Fahrradkorso für den Frieden anläßlich des Antikriegstages 1.9. am
Sonnabend, 30.8., teilzunehmen. Treffpunkt: 11 Uhr, Julius-Mosen-Platz (Nahe
Friedenskirche). Kontakt über Bündnis für den Frieden Oldenburg, Tel.
04 41,5 94 76 88 (Q) oder Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte
KriegsdienstgegnerInnen DFG-VK, Tel. 04407,424 (Q).
Gerold Korbus
Weitere Infos
Kontakt Friedenspolitischer Kongreß, c/o VHS Hannover,
Theodor-Lessing-Platz 1, 30159 Hannover, Tel. 0511,16 84 65 77, Fax: 0511,16 84 15 27,
Emil: gerd.kurbjuhn@hannover-stadt.de
rtl-Beitrag: vgl. u.a. Oldenburger STACHEL 2/1991 und http://www.stachel.de/Extra/BuendnisFu erFrieden/kriegsverbrecher.htm
Atom-Plünderungen: http://www.ngo-online.de/ganze_nachricht.php4?Nr=6524 &TINr=17
siehe auch http://www.ngo-online.de/ und http://www.greenpeace.de/
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