Oldenburger STACHEL Nr. 245 / Ausgabe 12/03      Seite 2
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Bundesrat: Doppeltes Spiel beim Tierschutz?

Drastische Verschärfungen und Lockerungen

So viele Eier sollen nicht gesund sein - nicht für die Menschen und nicht für die Mitwelt. Dennoch beschloß der Bundesrat, daß die Legehennen bis auf weiteres mit entsetzlich wenig Platz im Käfig auskommen müssen. Das ist Tierquälerei. Die Tiere werden bekanntermaßen krank dadurch. Kann eigentlich irgendjemand ernsthaft glauben, daß es gute Wirkungen auf die Gesundheit der Menschen hat, sich so produzierte Eier zuzuführen? Wenn sich überhaupt etwas ändert in fernerer Zukunft, dann wird das allenfalls etwas verändern. Denn nunmehr sollen allenfalls die Käfige etwas größer werden. Der Grund für dieses Einknicken kann allenfalls als Kniefall vor dem Geld, nämlich vor den Hühnerbaronen, interpretiert werden. Aus Tierschutzsicht gibt es keinen sachlichen Grund, die wenigen beschlossenen Erleichterungen für die gequälten Kreaturen - die noch nicht einmal umgesetzt wurden - wieder zurückzunehmen.

Bei Zirkustieren sieht das anders aus: Der mit Lügen bekannt gewordene Ministerpräsident stellt sich als toller Tierschützer dar. Wenn er es nur wäre. ZirkusbetreiberInnen haben nicht eine solche fette Lobby wie die HühnerquälerInnen. Deshalb gab es vor kurzem leichtes Spiel, begleitet von einer massiven Medienkampagne, um Elefanten, Affen und Bären im Zirkus zu verbieten. Es geht hier nicht darum, Geschehnisse schön zu reden. Doch würden mit ähnlichen Mitteln die Medien z.B. über den alltäglichen Wahnsinn im motorisierten Straßenverkehr berichten, sähe es vermutlich auf den Straßen besser aus. Vermutlich würden die KFZ schlagartig stillgelegt, da es keine ausreichenden Sicherungseinrichtungen gibt. Aber da ist die KFZ-Industrie-Lobby vor.

Und so werden die Hühner weiter gequält, während niemand sagen kann, wohin mit den ElefantInnen und den anderen Tieren, die nun nicht mehr im Zirkus sein sollen. Jedenfalls blieben alle Anfragen der STACHEL-Redaktion diesbezüglich ergebnislos. Tierschutzorganisationen rufen dazu auf, das Gemeinden für Tierzirkusse keine Plätze mehr bereitstellen sollen und das Publikum möge zuhause bleiben. Doch was wird aus den Tieren, wenn so die Unternehmen in die Pleite getrieben werden? Bevor diese Kampagnen weiter betrieben werden, muß(!) diese Frage beantwortet sein. Und die Antwort darf nicht(!) Schlachthof lauten.

Zudem sind vielen laute Forderungen, die angeblich im Namen des Tierschutzes verbreitet werden, wenig von Kenntnis getrübt. Der Verhaltensbiologe Dr. Immanuel Birmelin, der auch Mitglied der Fachgruppe für Zirkusleitlinien war, die von der Bundesregierung einberufen worden ist, erläuterte am 20.11.03 in der Sendung nano auf 3Sat, daß die Tiere, die im Zirkus auftreten, ein Gehirn haben, das dem menschlichen sehr ähnlich ist. Ein wesentliches Merkmal ist hier die Neugier. Wir suchen nach Reizen. Wir können lernen, uns anpassen. Deshalb sind solche Tiere z.B. in einem Zoo oft unterfordert. Und der Zirkus, der bereits aus eigenem Interesse sich mit diesen Tieren beschäftigt, ist eben nicht zwangsläufig als Heimstätte ungeeignet. Wer so konsequent die Abschaffung der Zirkustiere fordert, mißachtet solche verhaltensbiologischen Erkenntnisse. Es gibt auch unfähige Autofahrer. In gleicher Konsequenz, wie hier auf schreckliche Tierquälereien reagiert wird, muß der KFZ-Verkehr stillgelegt werden! Damit kein Mißverständnis entsteht: Dann bin ich dabei.

Gerold Korbus

Interview mit Imanuel Birmelin und weitere Informationen: http://www.3sat. de/3sat.php?http://www.3sat.de/nano/bstuecke/53225/ index.html

Sehenswert: ZDF-reportage, Der Elefantenmann, Film von Steffen Schneider, Kamera: Lutz Hofmann, Schnitt: Robert Handrick, Wiederholung in 3sat am Dienstag, 2.12.03, 18.00 - 18.30 Uhr.

Infos zum Wildtierverbot im Zirkus unter: http://www.circus-gastspiele.de/Wildtierverbot/

 

 
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