Oldenburger STACHEL Nr. 246 / Ausgabe 11/04      Seite 0
   

Kramermarkt im Zeichen von Euro und Hartz

Terror gegen AnwohnerInnen

Der Oldenburger Kramermarkt steuert einen hohen Geburtstag an: 2006 ist der 400. erreicht. Für viele ist ein Besuch geradezu Pflicht. Das Programm ist vielfältig und es dürfte für fast jedeN etwas dabei sein. Nur sitzt das Portemonaie der Gäste nicht mehr so locker.

Die meisten SchaustellerInnen gehen in ihrem Metier auf und wollen den Gästen eine gute Schau bieten. Wie auch im Zirkus steckt oft das gesamte Kapital in den Gerätschaften, mit denen die Menschen arbeiten und von Ort zu Ort ziehen. Förderung bekommen sie nicht - sie sind von den Märkten abhängig. Die Stadt hat vor einigen Jahren bereits den Zuschuß zum Kramermarkt eingestellt. In diesem Jahr wurden zudem die Gebühren um 19,6 Prozent erhöht. Wie damit insbesondere die kleinen Betriebe existieren sollen, steht in den Sternen.

Die SchaustellerInnen sehen selbst, daß sich in den früheren Jahren ein Trend des "immer größer" eingeschlichen hat, der besonders angesichts der heutigen Entwicklung problematisch ist. Viele bevorzugen doch kleinere Darbietungen und Buden, wo mensch selbst etwas machen kann, oder wo die SchaustellerInnen eigene Fähigkeiten darbieten. Es ist zu wünschen, daß die Beteiligten gemeinsam den Bogen finden, damit das Jubiläum 2006 wirklich feierlich werden kann.

Das wird besonders deshalb nicht leicht zu erreichen sein, da bereits diesmal trotz Superwetters und vieler BesucherInnen nur ein mittelmäßiges Geschäftsergebnis erzielt wurde. Die Auswirkungen von Kaufkraftverminderung für den Binnenmarkt durch Hartz IV bekommen die SchaustellerInnen mit zuerst zu spüren. Die eigentlichen Streichungen beginnen im nächsten Jahr.

Brilliant ist das Feuerwerk zum Abschluß, daß die SchaustellerInnen in jedem Jahr den BesucherInnen bereiten. Das ist ein schönes Prinzip: Viele kommen zusammen und dürfen staunen, was die FeuerwerkerInnen wieder bereitet haben. Hier ist ein starker Kontrast zum enormen und teuren Mitweltsiff, den viele zu Sylvester bereiten und wo es für die Menschen und die Tiere, die so etwas nicht mögen, so gut wie kein Entkommen gibt. Das hier ist feierlich und ein gelungener Abschluß.

Doch es gibt mehr als Wermutstropfen für die AnwohnerInnen, die unter dem millionenfachen Andrang leiden. Für die einen Musik, gibt es im Gemisch lautstarke stundenlange Kakofonie - und das 10 Tage lang. Das geht teilweise bis nachts um eins. Danach ist immer noch keine Ruhe, denn ein kleines Häuflein meint durch die Nacht randalieren zu müssen. Es ist ebenso ein Armutszeugnis für die Stadtverwaltung wie für die Polizei, daß diese es nicht fertigbringen, wenigstens für eine kurze Nachtruhe zu sorgen, wie es mit bedauerndem Achselzucken ignoriert wird, daß massiv - auch von Frauen - in Vor- und Hintergärten gepißt und gekackt wird. Einige dieser Pißnelken drohten AnwohnerInnen sogar lautstark Schläge und mehr an.

Daß am Sonntagmorgen um 5.30 Uhr (!) die Reinigungskräfte der Stadt mit lautstarken Maschinen zum Blätterpusten und ähnlichem den "krönenden" Höhepunkt dieses Terrors bildeten, sei nur am Rande bemerkt.

Einige AnwohnerInnen griffen zur Selbsthilfe und knöpften Jugendlichen für das Pinkeln in den Vorgarten fünf Euro ab. Die Nutzung der zahlreichen Toilettenwagen auf dem Platz wäre mit 30 Cent günstiger gewesen. Einige AnwohnerInnen filmten ihren Hof mit einer WebCam. Doch auch von dieser Veröffentlichung der Pinkelorgie ließen sich einigen nicht abhalten. Hier müssen Stadt und Poizei nachbessern, damit die Feierei nicht so einseitig zu Lasten der unmittelbaren AnliegerInnen geht.

Was hingegen ist von AutofahrerInnen zu halten, die unberechtigt auf Behindertenparkplätzen ihre Mühle abstellten. Wenigstens hier hat die Stadt durchgegriffen und konsequent abschleppen lassen. Weiter so!

Einzelne AutofahrerInnen legen besondere Ignoranz an den Tag. Im vergangenen Jahr stand eine Mühle so vor einem Hauseingang geparkt, daß nicht einmal eine Maus mehr rausgekommen wäre. Ohne Telefon sieht Mensch da alt aus und ohne Vorkassemöglichkeit für den Abschleppdienst auch - denn das war ja "Privatgelände". Gemeinsam wurde der Wagen auf die Straße gewuchtet, wo das Teil quer zum Verkehr stand. Nun auf öffentlichem Terrain wurde abgeschleppt.

Gar nicht empfehlenswert ist eine Fahrt mit dem Oldenburger Taxi-Unternehmen, das seine Zentrale in unmittelbarer Nachbarschaft der Redaktion hat und hier immer wieder mit Licht, Lärm, Verkehrsgefährdungen und Unflätigkeiten nerven. Diese sind durch wiederholte Verkehrsverstöße aufgefallen. So gibt es Berichte über Mißachtung der Einbahnstraßenregelung in der Donarstraße (zum Kramermarkt) wie auch über rasantes Rückwärtsfahren durch den KramermarktsbesucherInnenstrom. Wer hier mitfährt geht nicht nur das Risiko ein, unpünktlich zu sein, weil die Polizei gerade mal solches Verhalten ahnden muß - vielleicht muß mensch auch bei möglichen Unfällen als ZeugIn aussagen.

Gerold Korbus

 

 
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