Oldenburger STACHEL      
   

Astrokurs für
"Oldenburger Stern"deuter

für Ratsmitglieder
(und solche, die es nächstes Jahr werden wollen)
insbesondere

Folge 10 - letzte Lektion und Höhepunkt:

Die Weihnachtsgeschichte Es begab sich zu einer Zeit, in der Gerüchte umliefen, daß wiedereinmal eine Volksverzählung stattfinden sollte. Man hatte östliche Gebiete erobert und wollte in seinem Multimediawahn seine neuen Riesen-Datenspeicher mal richtig auslasten. Da machten sich in einer kleinen Stadt südlich des Nordpols drei Gestalten auf, stapften durch den ungefallenen Schnee und die Eiseskälte durch den beschauerlichen Ort.

Plötzlich schraken sie zusammen! Unverhoft knallte ein Donner Schweer, und sie sahen ein grell leuchtendes Licht, so hell, wie sie es noch niemals zuvor erblickt hatten. Ihnen war, als hätten sie die göttliche Erleuchtung bekommen. Trotz des eisigen Windes wurde ihnen warm um die Schokoladenherzen, die sich dann auch umgehend verflüssigten. Daß ihr Proviant dahin war, kümmerte sie wenig, denn was sie erlebt hatten, war keine Silvesterknallerexplosion. Ihr Verkauf war noch verboten, es war nämlich erst der 24.12.

Nach einigen Minuten setzten die reglosen Gestalten langsam ihren Gang fort und folgten dem hellen Licht, das ihnen wie ein Stern den Weg wies. Wenig später erreichten sie eine Stelle, die sie zuvor als Bahnausbesserungswerk in ihre Stadtpläne eingezeichnet hatten. Statt seiner erstreckte sich vor ihnen ein Bild der VerWüstung und sie mußten an Wüsting denken und daran, daß man dorthin kaum mit Bus oder Bahn kommt.

In den folgenden Wochen taten sie ihr Erlebnis kund: Der heilige Geist hätte ihnen ein Zeichen gegeben - sie waren begeistert! Die Dauernörgler und Querolanten waren entgeistert, besonders diejenigen, die sich nicht damit abfinden wollten, daß die heiligen drei Stadtoberen das Sagen haben und Segen über die Stadt bringen. Diese Unbekehrbaren verfaßten Schmierschriften, in denen Regen und Segen verdreht wurden und das ganze am Schluß auf folgende zwei Sätze hinauslief: "Segen bringt Regen" und "Vom Segen in die Traufe".

Doch diese gotteslästernden Zeitgenossen waren zum Glück die Minderheit. Der zustimmende Rest schwieg oder pilgerte seither regelmäßig physisch und geistig an diesen denkwürdigen Ort. Es fand sich sogar eine Glaubensgemeinschaft zusammen, die - nach zeitgeschichtlichen Überlieferungen - aus mindestens 42 (welch eine Zahl!) Mitgliedern besteht und sich regelmäßig montags trifft (Interessierte herzlich willkommen). Das Licht, das sie verehren, weist ihnen den Weg - den Weg in den Tunnel ohne Ausweg, den Tunnel mit dem Schwarzen Loch, das alles verschlingt und keinen Lichtblick hat.

Am liebsten gehen sie übrigens nachts, denn erstens bringt sie der Himmel mit den leuchtenden echten Sternen in Stimmung, und vor allem können sie sicher sein, keine Unanehmlichkeiten, die mit diesem Sternenereignis zusammenhängen, sehen zu müssen.

Doch auch des Tags schwärmen sie (aus). Immer wenn sie etwas glitzern sehen, beschwören sie es. Sei es eine Spiegelung der Sonne auf einem Autoblech oder gar der Stern einer Autofirma. Auch Spiegelungen von Glitzerfassaden, funktionierende Fahrradrück- und -vorderlichter, Ampeln, Flaggen mit mehreren Sternen, ja sämtliche Sternsymbole - von wenigen Ausnahmen abgesehen.

Seit diesem Ereignis gibt es wenige (mittlerweile viele) Wochen vor dem Jahrestag dieses denkwürdigen Ereignisses in den Geschäften Lebkuchen, Kekse, Schmuck etc. in Form dieses Sterns. Manchmal sind sie auch als Herz geformt, eingedenk der zerflossenen Schokoherzen der heiligen drei Stadtoberen. Natürlich wird auch die Innenstadt mit Sternen geschmückt, die sogar selbst leuchten! Wenn genau am Jahrestag ein Tannenbaum in die gute Stube geholt wird, soll er daran erinnern, wieviele andere seiner Artgenossen sterben mußten wegen Fällungen und der Steigerung des Autoverkehrs aufgrund eben dieses "Oldenburger Sterns" - denn dieser ist wahrlich:

Eine schöne Bescherung

eine Heide


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