Tschernobyl -
Energiewende jetzt sofort!
In diesen Wochen sind die Medien voll mit Berichten über
Tschernobyl. Viele Rundfunk- und Fernsehsender senden
erschreckende Zeugnisse über die tatsächlichen Verhältnisse
in der Ukraine und Belarus (Weißrußland - ein Land OHNE AKW).
Die Opfer
So sind in Belarus fast alle Kinder - hunderttausende -
an den verschiedensten Krankheiten erkrankt. Es treten massive
Hirnschädigungen zu Tage - bislang ging die Wissenschaft davon
aus, daß Hirn und Nerven besonders unempfindlich gegen Strahlen
seien. Bereits vor der Katastrophe statistisch erfaßte
Krankheiten treten um Faktoren 10 - 1000 vermehrt auf. über 20%
des Staatshaushaltes werden für die Folgen von Tschernobyl
aufgewandt.
"Selbst für ein Sterben in Würde fehlt das Geld." Olja,
13 Jahre, schreit vor Schmerzen tagelang. Zuerst wurde sie
falsch diagnostiziert. Dann konnte sie nicht mehr behandelt
werden, weil es zu spät war. Jetzt ist angeblich kein Geld
für Morphium vorhanden, um wenigstens die Schmerzen zu
mindern. Stattdessen werden ihr andere (unwirksame, aber
billigere) Mittel verabreicht. Die Ärzte wollen ihr rares
Morphium nicht an Sterbenden "verschwenden". Ein
schrecklicher Schrei: "Helft dem Kind zu sterben." (Vgl.
Wechselwirkung 4-5/96)
Das Gedenken soll nicht folgenlos bleiben: Siemens-Boykott!
Die Anti-Atom-Bewegung kann auf große Erfolge zurückblicken.
Wäre es nach den Wünschen der Atommafia gegangen, würden
heute mindestens 100 solcher Maschinen mehr die Landschaft
"zieren". Doch das ist leider nicht ausreichend, wie das
traurige Beispiel Tschernobyl zeigt. Bereits die offiziell
zugegeben "Störfälle" füllen eine derartig lange Liste, daß
von "Sicherheit" bei Deutschen AKWs keine Rede sein kann
(Düsseldorf läßt grüßen).
Hinzu kommt, daß es wieder modern wird, mit ausgehenden
Lichtern zu drohen. Hatte sich vor 20 Jahren der Landesvater
des Baden-Württembergischen "Muschter-Ländles" noch
lächerlich gemacht, indem er für die Zeit nach 1984
Düsternis vorhersagte, tröten heute in Oldenburg
Landtagspräsident Milde und die Industrie- und Handelkammer
in das gleiche Horn, wenn es um die Kanalverbreiterung geht
(In Oldenburg gehen die Lichter aus. Vgl. NWZ) Da wird der
Bruch des Denkmalschutzes vorbereitet. Zu wieviel mehr
mögen diese Herrschaften bereit sein, wenn es um wirkliche
Kapitalobjekte wie ein AKW gehen sollte? Ein Damoklesschwert
in Form eines atomaren Endlagers bei Bad Zwischenahn schwebt
bereits über Oldenburg.
Neuauflage atomarer Großmannssucht?
Allen Erfahrungen und allem Widerstand zum Trotz plant
Siemens, deutscher Atommonopolist, in Garching bei München
ein neues Atomei. Für dessen Betrieb ist hochangeereichertes,
waffenfähiges Uran vorgesehen. Das US-Außenministerium
warnte bereits eindringlich davor, atomwaffenfähiges Uran
einzusetzen und damit die Bemühungen um die Nichtverbreitung
von atomwaffenfähigem Material zu torpedieren.
Weiterhin plant Siemens ein Projekt zusammen mit einer
französischen Firma - EPR (European Pressurized Water Reaktor).
Die Arbeiten am Fusionsreaktor lassen ebenfalls nicht
freudig in die Zukunft blicken: Auch ein von unten geheiztes
Treibhaus ist ein Treibhaus (siehe weiter unten), die
Maschinen produzieren ebenfalls große Mengen Radioaktivität
neu in diese Welt und vor allen Dingen knallt es auch hier
sehr laut, wenn eine solche Maschine unter "Unpäßlichkeit"
leiden solte.
Die Siemens-Boykott-Kampagne greift bereits
Bei einer Sammelbestellung von Energiesparlampen für
Hessische Kirchengemeinden hat sich die Arbeitsstelle für
Umweltfragen der Landeskirche gegen ein Angebot der
Siemensesellschaft Osram ausgesprochen. So ging Siemens ein
Auftrag in Höhe von 100.000 DM verloren. Zum gleichen Wert
kaufte die Gießener Gesellschaft für soziales Wohnen wegen
des Atomengagements von Siemens Geräte bei einem anderen
Hersteller.
Atom fördert Ozonloch und Treibhaus
Die Atomindustrie bohrt im Ozonloch. Das radioaktive Gas
Krypton-85, in großen Mengen bei Atombombentests,
Reaktorunfällen und in immer größerem Ausmaß bei der
Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen freigesetzt, steigt
auf in die Stratosphäre und schafft dort das Klima für die
Zerstörung des Ozons durch Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe
(FCKW). (Nach Prof. Dr. Ernest J. Sternglas)
Treibhauseffekt: Die Zahl der Eiskristalle in der
Stratosphäre vervielfacht sich durch Krypton-85. In größerem
Rahmen gesehen verdunkelt das Wachstum stratosphärischer
Perlmutterwolken den Himmel. Beim Treibhauseffekt
durchdringt das Sonnenlicht die Atmosphäre fast ungehindert,
wird von der Erdoberfläche absorbiert, wobei die
Lichtenergie in Wärmeenergie übergeht. Die längerwellige
Wärmestrahlung kann jedoch nicht mehr voll ins Weltall
abgestrahlt werden, weil sie durch Wasserdampf und
Kohlendioxyd absorbiert wird - der Treibhauseffekt.
Die Verdunkelung steigt in direkter Abhängigkeit zu
Atombombentests und erreicht ihren Gipfel in direktem
Zusammenhang mit großen Atombombentestserien. Krypton-85
wird in noch viel größeren Mengen durch
Wiederaufbereitungsanlagen freigesetzt.
Die rasanten klimatischen Veränderungen lassen sich nicht
ausreichend durch die Kohlendioxyd-Steigerungsrate erklären.
Krypton-85 und der dadurch verursachte steigende
Wassereintrag in Form von kleinsten Eispartikeln ist ein
entscheidender Faktor des Treibhauseffekts. Das
Eiskristallwachstum muß rasant sein: Die
Krypton-85-Konzentration verdoppelt sich derzeit alle 10-12
Jahre. Damit ist der Anstieg rund zwanzigmal höher als der
derzeitige Anstieg von Kohlendioxyd. (Vgl. Strahlentelex)
AKW bindet Wirtschaftskraft
In den nächsten Jahren stehen weltweit viele AKW zum
Abschalten an. Es ist zu befürchten, daß die Betonköpfe in
den Vorstandsetagen weiter auf Atom und damit auf die
Erneuerung der Ruinen setzen. Bereits jetzt steckt viel
wirtschaftliche Kraft in den AKW, die dringend gebraucht
wird im Bereich der klimafreundlicheren regenerativen
Energiequellen. (Vgl. Gutachten Ökoinstitut)
Widerstand gegen den - "zivilen" wie militärischen -
atomaren Wahn tut dringend not. Es ist höchste Zeit für die
Energiewende.
Polizeistaat
Allem Ausstiegsgerede der SPD zumn Trotz hat der
Niedersächsische Innenminister mit den erneuten
Verschärfungen ein Lex Gorleben geschaffen, mit dem
unliebsame Meinungen zukünftig per "Vorsorge-Knast"
ferngehalten werden sollen. Na, Glogo, mal sehn, ob's zieht.
Aktivitäten in Oldenburg
Näheres siehe Kasten. Am Sa. 27.4. gibt es bundesweit
6 Demonstrationen. Die Oldenburger Gruppen haben sich darauf
geeinigt, nach Ahaus zu fahren, da hier ein Zusammenhang zu
den Anfang Mai erwarteten CASTOR-Transporten besteht.
(Vgl. STACHEL 3/96)
Wie weiter?
Menschen neigen zum Verdrängen (wenn das Wissen um die
Katastrophe das Bewußtsein überhaupt erreicht). Die
Bevölkerung der Wesermarsch nennt die Schleuder in
Esenshamm in einer geradezu faszinierenden
Verdrängungsleistung "Moschee". Das Wissen um die Bedrohung
wirkt belastend. So ist es kein Wunder, wenn sich Menschen
ins Private oder sonstwo hin verziehen. So sollte in der
Anti-AKW-Bewegung nicht nur Strategie und Taktik überlegt
werden, sondern auch psychologische und soziale
Befindlichkeiten bedacht werden. Allein Tschernobyl wird uns
noch 199.990 Jahre begleiten. Sorgen wir dafür, daß die
atomare Bedrohung nicht nach den ersten 10 Jahren in
Vergessenheit gerät bzw. seitens der Atommafia unter den
Teppich gekehrt werden kann.
Gerold Korbus
Kontakt und weitere Informationen:
Oldenburger Energierat, Bloherfelder Straße 87, 26129 Oldenburg
Tel. 0441 52333, Fax 592415, Bürokernzeit 9-13 Uhr
Quellen:
Strahlentelex, Th. Dersee, Rauxeler Weg 6, D-13507 Berlin
Ausgaben 172-173/1994, 174/1994
Wechselwirkung - Technik, Naturwissenschaft, Gesellschaft
4-5/1996: Schwerpunkt Tschernobyl
(sehr informativ, sehr lesenswert!)
Ökologische Briefe, Ökotest-Verlag
Friedensforum, Netzwerk Friedenskooperative,
Römerstr. 88, 53111 Bonn
Alhambra-Zeitung 4/1996
Oldenburger STACHEL 3/1996
Diese Veröffentlichung unterliegt dem
Impressum des Oldenburger Stachel.
Differenzen zur gedruckten Fassung sind nicht auszuschließen.
Nachdruck nur mit Quellenangabe, Belegexemplar erbeten.
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