Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/97      Seite 12
 
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Im Namen der Mini-Disc

Die Mini-Disc kommt - zumindest nach Aussage von Sony, von denen sie entwickelt wurde und die marktführend sind. Um es mit Sonys Worten zu sagen: Die Mini-Disc ist das System der Zukunft, und die beginnt jetzt, hier und heute.

Das Problem an der ganzen Sache ist nur, daß Sony genau das gleiche schon vor zwei Jahren behauptet hat und damit mehr oder minder kläglich gescheitert ist.

Handelt es sich beim jetzigen Vorstoß von Sony also um einen wirklichen, wegweisenden Neuanfang oder ist es nur ein letzter Rettungsversuch Sonys, bevor mit der DVD ein möglicherweise tragfähigeres System kommt, welches dann gute Chancen hat sich auf dem Markt durchzusetzen?

Zunächst ein Rückblick

Die Entwicklung der Mini-Disc fand in einer harten Konkurrenz zum DCC-System von Philipps statt.

Systeme im Vergleich

Bei der Mini-Disc handelt es sich um eine ca. 6 cm große CD, auf der die Daten derart komprimiert werden, daß für uns nicht wahrnehmbare Frequenzen - sei es, weil sie für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sind, oder sei es, daß sie von anderen Frequenzen verdeckt werden - nicht aufgezeichnet werden. Die Speicherung erfolgt digital mit Lasertechnik und ist fast unbegrenzt wiederholbar - nach Herstellerangaben über 1000000 Mal. Die CD ist in einer Art Diskette untergebracht. Der Klangunterschied zwischen CD und Mini-Disc ist inzwischen für das normale menschliche Ohr nicht mehr wahrnehmbar. Der Preis für eine Mini-Disc bewegt sich zwischen 10 - 15 DM pro Exemplar (60-74 Minuten).

Einige weitere Extras des Systems sind u. a. direkter Titelzugriff, d. h., da  die Titel direkt wie bei einer CD anwählbar sind, die Möglichkeit, die Titel der gespeicherten Songs mit insgesamt 1700 Zeichen anzugeben, und das "Herausschneiden" sowie Verschieben einzelner Titel.

Im Gegensatz zur Mini-Disc handelt es sich bei dem von Philips entwickelten DCC-System (Digital Compact Cassette) um eine Kassette, auf welcher digital aufgenommen wird. Ebenso wie bei der MD ist ein direkter Titelzugriff möglich, die Daten werden ebenfalls komprimiert. Eine Besonderheit des DCC-Systems ist jedoch, daß auch herkömmliche Kassetten abgespielt werden können.

Folgen der Konkurrenz

Die Systeme sind, wie man sieht, in keiner Weise kompatibel. Neben den Tatsachen, daß beide Produkte einen für den Otto-Normalverbraucher zu hohen Preis hatten und für den professionellen Bereich noch nicht ausgereift genug waren, spielte dies eine große Rolle. Die Kunden entschieden sich und kauften keines der beiden Systeme, da noch nicht sicher war, welches sich durchsetzen würde. Nach einiger Zeit verschwanden auch schon wieder die gerade erst erstellten DCC- oder MD-Alben aus den Musikgeschäften.

Jetzt, hier und heute

Während das DCC-System sich nicht behaupten konnte und vor kurzem überall billig als Auslaufmodell angeboten wurde, versucht Sony nun wieder, mit einer verbesserten Mini-Disc den Markt zu erobern. Im Gegensatz zu früher hat sich das Preis/Leistungs-Verhältnis enorm verbessert. Inzwischen gibt es den billigsten Mini-Disc-Recorder schon für 550 DM, und nicht nur Sony setzt auf die Mini-Disc. Sharp setzt hauptsächlich auf tragbare Mini-Disc-Geräte, Firmen wie Onkyo und Kenwood setzen auf Anlagen und Hifi-Bausteine der gehobenen Klasse über 1000 DM. Recorder und Zubehör gibt es inzwischen schon in verschiedensten Ausführungen.

Was bringt die Zukunft?

Wird sich die MD längerfristig etablieren und eventuell die Kassette ablösen oder verschwindet sie bald wieder vom Markt?

Um uns noch andere Meinungen anzuhören, befragten wir einige Mitarbeiter verschiedener Musik- und Elektronikfachgeschäfte. Eines ist sicher: der Absatz der MD-Recorder ist in letzter Zeit enorm gestiegen, also nicht vergleichbar mit dem Flop vor einigen Jahren. In Japan hat sich dieses Medium nach Händlerangaben schon durchgesetzt, dort gilt es heutzutage als Standard ersatzweise für die Kassette. Am Horizont zieht allerdings schon ein neues System die Aufmerksammkeit auf sich. Da die DVD (Digital Video Disc) in den Bereichen Computer, Video und Musik einsetzbar ist und eine fast zwanzigfache Speicherkapazität besitzen kann, hat sie durch ihre Kompatibilität einen Vorteil gegenüber der MD, der sie zu einem ernstzunehmenden Konkurenten macht. Im Gegensatz dazu kann die MD bislang nur eine Aufnahmezeit von bis zu 74 Minuten aufweisen und ist auf den Einsatz im Audiobereich beschränkt. Was folgt daraus? Man mu  abwarten...

Eric Sohns und André Berthe


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