Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/97      Seite 15
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Komet Hale fährt Bopp?

In diesem Frühling haben Sie die seltene Gelegenheit, mit bloßem Auge einen Kometen am Sternenhimmel bewundern zu können. Bis Ostern wird ein kleines nebliges Fleckchen, das Sie bereits jetzt bei klarem Wetter morgens vor Sonnenaufgang im Osten mit freiem Auge sehen können, zu einem hellen Schweifstern heranwachsen. Ab Mitte März wird der Komet, sein offizieller Name ist "C/1995 O1 "Hale-Bopp' ", auch gut abends zu sehen sein. Auf die Erde crashen wird Hale-Bopp in seinem Vorbeiflug nicht, dazu ist er zu weit weg.

Faszinierende Dreckklumpen

Kometen sind eigentlich nur kleine, wenige Kilometer große Klümpchen Dreck, die u. a. aus Wassereis, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid und Ammoniak bestehen. Diese Klümpchen umlaufen die Sonne in langgestreckten Ellipsen. Kommen sie in Sonnenänähe", verdampfen feste Stoffe des Kernes und bilden eine Art Atmosphäre, die sogenannte Koma, die über 100000 km im Durchmesser messen kann. Da von der Sonne ein Strom elektrisch geladener Teilchen ausgeht (Sonnenwind), wird die Kometen-Koma von der Sonne weggetrieben, und es entsteht der bekannte Schweif. Eigentlich unterscheidet man dabei zwischen Plasma- und Staubschweif. Der Plasmaschweif besteht aus elektrisch geladenen Teilchen (Ionen), die z. T. sogar selbst Licht aussenden. Der Staubschweif setzt sich aus den festen Bestandteilen des Kometenkerns zusammen, die das Licht der Sonne reflektieren. Beide Schweife zeigen von der Sonne weg, unabhängig von der Bewegungsrichtung des Kometen. Für uns als Beobachter sieht es meistens so aus, als habe der Komet nur einen Schweif. Dieser kann sehr lang werden und sich am irdischen Nachthimmel über mehrere Sternbilder erstrecken. Beispielsweise reichte der Schweif des Kometen Hyakutake (1996 B2) im letzten Jahr vom Polarstern durch den Großen Wagen hindurch.

Wie gro  und hell der Schweif des diesjährigen Kometen Hale-Bopp sein wird, ist noch immer ungewi . Die Entwicklung hängt ab von der Beschaffenheit des Kerns und der Aktivität der Sonne - beides l, t sich nicht vorherbestimmen.

Logenplatz Nordhalbkugel

Sehr gut bekannt hingegen ist die Bahn des Kometen, was genaue Aussagen über die Beobachtbarkeit zuläßt.

Ende Februar ist Komet Hale-Bopp im Sternbild Schwan zu finden. Er wird in Oldenburg am 1. 3. 1997 etwa um 1 Uhr nachts im Nordnordosten aufgehen. Wenn Sie morgens vor oder in der Dämmerung Richtung Osten schauen, sollten Sie schon recht hoch mit blo em Auge ein nebliges Fleckchen erblicken, das einen kleinen Schweif besitzt. Um ca. 21.30 Uhr wird der Komet wieder untergehen, so da  sich unter guten Bedingungen abends tief im Nordnordwesten eine Sichtbarkeitschance ergibt.

Ab 6. März wird der Komet in Oldenburg nicht mehr untergehen und damit 24 Stunden am Tag über dem Horizont sein. Das ist der gleiche Effekt, den man an den Polarkreisen zur Sommersonnenwende der jeweiligen Erdhalbkugel bei der Sonne beobachten kann (,Mitternachtssonne"). Trotz der "ewigen" Sichtbarkeit wird der Komet immernoch am Morgenhimmel oder abends nach Sonnenuntergang am besten beobachtbar sein, weil er im Norden nicht sehr hoch stehen wird und deswegen womöglich hinter den horizontnahen Dunstschichten vorborgen bleibt.

Ein Komet zu Ostern

Am hellsten wird Hale-Bopp am 23. 3. sein, weil er dann der Erde am nächsten steht. Sein Schweif wird dann auch am längsten sein. Leider ist der Mond dann auch am hellsten wegen des Vollmondes. Allerdings wird sich in der Nacht auf den 24. eine partielle Mondfinsternis ereignen, die fast total sein wird. Da sich dabei der Himmel stark abdunkelt, kann man ein wenig mehr in Kometengenuß kommen. Der Eintritt des Mondes in den Kernschatten der Erde ist um 3 Uhr 58, tiefste Verfinsterung um 5 Uhr 39, Austritt des Mondes aus dem Kernschatten der Erde um 7 Uhr 21, zwischen fünf und halb sechs wird der Himmel über Oldenburg langsam beginnen, hell zu werden. In den folgenden Tagen wird sich der Mond vom Abendhimmel zurückziehen, so daß man sich dann abends gut den Kometen ansehen kann.

Am 25. März erreicht der Komet seinen nördlichsten Punkt am Himmel und am 1. April seinen sonnennächsten Punkt. In dieser Zeit wird der Komet wegen seiner raschen Positionsveränderung mehr zu einem Objekt des Abendhimmels werden. Ab Mitte April wird er auch in Oldenburg wieder untergehen, jedoch wird er dann besser abends hoch im Westen im Sternbild Perseus zu sehen sein als morgens, wobei seine Sichtbarkeitsdauer langsam zurückgehen wird. Er wird auf das Sternbild Stier zusteuern und es im Mai erreichen. Dabei strebt er immer mehr südlicheren Sternbildern zu und wird damit zunehmend von der Tageshelligkeit überstrahlt. Ab Mitte Mai wird man den Kometen Hale-Bopp von Deutschland aus nicht mehr sehen können, ab Mitte September geht er nicht einmal mehr auf, sondern bleibt, wie z. B. das Kreuz des Südens, immer unter dem Oldenburger Horizont.

Don't Panic

In früheren Zeiten haben Kometen unter den Menschen Paniken ausgelöst, wurden als himmlische Zeichen für Pest, Krieg und Elend gesehen, weil sie unverhofft auftauchten und nicht erklärbar waren. (Neuere Erkenntnisse besagen übrigens, daß der Weihnachtsstern kein Komet war.) Sogar noch 1910 geriet die Weltbevölkerung in Panik. Damals flog der berühmte Komet Halley in geringem Abstand an der Erde vorbei, so daß unser Planet in seinen Schweif eintauchte. Man befürchtete damals, daß die Gase des Kometen die irdische Atmosphäre vergiften würden. Eine Oldenburger Augenzeugin, die damals sieben Jahre alt war, erzählte 81 Jahre später von einem Spaziergang mit ihrem Vater: ,Da war am Himmel ein Silberstreif und ich fragte: ,Vater, was ist das?' Darauf antwortete er: ,Im Mai geht die Welt unter.' ,Wieso denn im Mai? Im Mai habe ich doch Geburtstag!', entgegnete ich voller Angst."

Hale-Bopp ist harmlos ...

Theoretisch kann uns der Komet Hale-Bopp ziemlich nahe kommen, denn die geringste Distanz zwischen Erd- und Kometenbahn beträgt nur ca. 22 Millionen km, das ist ca. 70mal die Entfernung Erde-Mond. In diesem Jahr ist die minimale Entfernung jedoch knapp 200 Millionen km, weiter als die Distanz zur Sonne. Diese Entfernungen sind groß genug, damit nichts geschieht. Gefahr durch Hale-Bopp könnte uns nur drohen, wenn sich seine Bahn verändert, was z. B. durch einen Vorbeiflug an einem Planeten geschehen kann. Zum Beispiel kam Hale-Bopp im Februar 1996 dem Planeten Jupiter so nahe, wie wir der Sonne sind. Trotz der großen Entfernung wurde die Bahn des mikrigen Kometen durch die Anziehungskräfte des gewaltigen Planeten Jupiter so verändert, daß sich Hale-Bopps Umlaufzeit um die Sonne von 4200 Jahren auf 3400 Jahre verkürzte. Am Bahnabschnitt innerhalb der Jupiterbahn, der für uns wichtig ist, veränderte sich glücklicherweise bei der Begegnung kaum etwas.

... ein Einschlag wäre tödlich

Ein Einschlag eines Kometen oder eines anderen nur wenige Meter dicken Brockens auf die Erde hätte verheerende Auswirkungen und würde unser Leben einschneidend verändern oder gar töten. In den letzten Jahren gab es einige Objekte, die der Erde gefährlich nahe (d. h. nur wenige Mondentfernungen) kamen. Wissenschaftler bemerkten sie jedoch immer erst, als sie bereits im Abflug waren. Selbst wenn ein solches Ereignis absehbar wäre (wie beim Kometeneinsturz auf Jupiter im Sommer 1994), hätten wir nicht die leiseste Chance, etwas dagegen zu tun.

Kometen-Entdecker am Werk

Jedes Jahr werden eine Reihe neuer Kometen von Amateur- oder Profiastronomen entdeckt. Bei ihrer Suche halten sie mit ihren Teleskopen nach diffusen Himmelsobjekten Ausschau und vergleichen die Position eines gefundenen Objektes mit denen von anderen bekannten ähnlich aussehenden Objekten, wie Galaxien oder Sternhaufen. Außerdem versuchen sie, eine Bewegung unter den umgebenen Fixsternen festzustellen. Dazu vergleichen sie entweder zwei Fotos, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemacht wurden, oder sie behalten das Objekt einige Zeit im Auge. Sie machen sich damit zu nutze, daß alle Objekte, die sich im Planetensystem der Sonne befinden, ihre Position mit der Zeit im Vergleich zum Sternenhimmel verändern.

Entdeckungen von Profis ...

Auf diese Weise entdeckten auch Alan Hale und Tom Bopp in der Nacht vom 22. auf den 23. Juli 1995 unabhängig voneinander ihren Kometen. Alan Hale wohnt im US-Bundesstaat New Mexico und ist Profi-Astronom. Beruflich beschäftigt er sich mit der Suche nach Planeten, die um andere Sterne kreisen. In seiner Freizeit sucht er bereits bekannte Kometen mit seinem Teleskop auf. (Kometen gibt es eigentlich immer zu sehen.) Alan Hale hat sich zur Aufgabe gemacht, ihre Positionen und Helligkeiten zu bestimmen. Er berichtet, daß er in der Entdeckungsnacht den Kometen Clark beobachtet hätte und sich anschließend dem Kometen d'Arrest widmen wollte. Er hätte jedoch noch eineinhalb Stunden warten müssen, bis sich Komet d'Arrest aus den Dunstschichten befreit haben würde. Diese Zeit habe er mit der Beobachtung von Objekten verbringen wollen, die er zwei Wochen zuvor schon einmal betrachtet hätte. Das war sein Glück, denn neben einem dieser Objekte, dem Kugelsternhaufen M 70 im Sternbild Schütze, fand er ein nebliges Fleckchen, das er zwei Wochen vorher dort nicht bemerkt hatte. Er überzeugte sich, daß er sein Teleskop tatsächlich auf M 70 gerichtet hatte und keinen anderen Kometen sah. Nachdem er eine Positionsveränderung festgestellt hatte, meldete er seinen Fund der Fachwelt.

... und Hobby-Astronomen

Auf ähnliche Weise entdeckte der Amateur-Astronom Tom Bopp den Kometen. Er wohnt im US-Bundesstaat Arizona und war mit anderen Amateur-Astronomen aufs Land gefahren, um diverse lichtschwache Himmelsobjekte (wie Galaxien, Sternhaufen etc.) zu beobachten. Auch er nahm den Kugelsternhaufen M 70 mit dem Teleskop seines Bekannten in Augenschein. Dabei entdeckte er ebenfalls den diffusen Fleck. Die Hobby-Astronomen-Gruppe fand nach einer Stunde Beobachtung heraus, daß sich das Objekt bewegte. Daraufhin fuhr Tom Bopp zurück, um ebenfalls seinen Fund amtlich zu machen.

Beide Entdecker sandten einen Bericht an das Zentralbüro für Kometen und Kleinplaneten der Internationalen Astronomischen Union (IAU) in Caambridge, Massachusetts, USA. Dieses Büro sammelt Beobachtungsberichte von Kometen und Kleinplaneten und ist die einzige Anlaufstelle, um einen neuentdeckten Kometen amtlich zu machen. Dort werden auch die Namen für Kometen vergeben, die hinter einer eindeutigen Bezeichnung auch den Namen ihrer Entdecker erhalten, in diesem Fall also C/1995 O1 "Hale-Bopp". Zwei berühmte Ausnahmen gibt es auch: Komet Halley und Komet Encke. Sie wurden nach den Menschen benannt, die ihre Bahn als erstes berechnet haben.

Die Wetteraussichten...

Im letzten Jahr durften wir den Kometen C/1996 B2 "Hyakutake" bestaunen, der nur zwei Monate zuvor von einem japanischen Amateur-Astronom entdeckt worden war. Bleibt zu wünschen, daß wir viele Tage mit schönem Wetter haben. Auf jeden Fall sollten Sie in den Himmel blicken, um dieses Naturschauspiel live zu erleben, denn niemand weiß, wann Sie wieder die Gelegenheit haben.

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* Sollten Sie auf die Idee kommen, den Kometen fotografieren zu wollen, nehmen Sie einen lichtempfindlichen Film (800 ASA (=27 DIN) oder mehr) und fotografieren Sie mit unterschiedlichen Belichtungszeiten 30 Sekunden aufwärts. Vergessen sie nicht so etwas wie ein Stativ.


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