Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/97      Seite 16
 
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Tendenz steigend

Sie sind überall, in der lieblingskneipe, in der Reinigung nebenan, im Büro und im Kaufhaus, vor allem da. Und manchmal sieht man eine von ihnen auch bei sich zuhause: Eine geringfügig Beschäftigte, wie man korrekt sagt, oder auch eine Teilzeitkraft, Aushilfe, Putze.

Frauen machen landesweit einen Anteil von gut 90% bei diesem Arbeitsheer aus, Stand 1990, Tendenz steigend. Was es bedeutet, in einem ungeschützten Arbeitsverhältnis zu stehen, und welche Ansprüche man trotzdem geltend machen kann, war am 26.5.97 während einer Veranstaltung des Oldenburger Frauenbüros zu erfahren. Im Rahmen der Niedersächsischen Aktionswochen zum Thema "Frau und Beruf" war die Delmenhorster Rechtsanwältin Inge Böttcher vom Frauenbüro eingeladen worden, um über die derzeitigen Bedingungen der 610.- DM- Arbeitsverhältnisse ohne Lohnsteuerkarte zu berichten. Vor Frauen, die zum großen Teil aus eigener Erfahrung wissen, wie die Praxis aussieht, erläuterte Böttcher, unterstützt von Vertreterinnen des Frauenbüros und von Arbeit und Leben, die aktuelle Rechtslage. Wer regelmäßig weniger als 15 Stunden die Woche arbeitet und monatlich maximal 610.-DM brutto verdient, steht in einem ungeschützten, wenn auch nicht schutzlosen Arbeitsverhältnis. So besteht auf jeden Fall eine Unfallversicherung, für die der Arbeitgeber zu sorgen hat. Auch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, bezahlten Urlaub oder Mutterschutz besteht ein Anrecht. Sowieso gilt, daß allgemeine Tarifverträge bindend sind. Die Vergütung hat sich an den Sätzen für Vollzeitbeschäftigte zu orientieren, wenn es sich dabei um gleichwertige Arbeit handelt. Zuschläge sind allerdings nicht möglich, bei Überstunden wird nur der normale Stundenlohn ausgezahlt. Wie es um den Kündigungsschutz und die unterste Stufe der Teilzeitarbeit, die sogenannte Arbeit auf Abruf, bestellt ist, konnte man im Vortragssaal des PFL auch am konkreten Beispiel sehen. Die Fragen der Frauen aus dem Publikum an die Expertinnen ließen in dieser Hinsicht nichts zu wünschen übrig. Am bedrückendsten war aber die verständliche Angst der Frauen, die notdürftig ihre Rente aufstocken, dem Familieneinkommen beisteuern, damit die Miete bezahlt werden kann, oder ihre Ausbildung finanzieren, für ihre Rechte einzutreten. Wenn der Arbeitgeber nicht dem Arbeitgeberverband beigetreten ist, kann auch die Gewerkschaft nur geringe Unterstützung bieten. Es ist kein Wunder, daß die anwesenden Veranstalter dieses Abends und Gewerkschafter innen grundsätzlich die Abschaffung dieser Arbeitsverhältni sse fordern beziehungsweise sich für einen Sozialversicherungsschutz bei der Teilzeitarbeit stark machen.

Solange das aber noch nicht durchgesetzt ist, kann man sich nur in Schadensbegrenzung üben. Das Frauenbüro veröffentlicht deshalb in Bälde eine Broschüre mit den wichtigsten Tips und Informationen zum Thema. Das Erscheinen der Broschüre soll noch näher angekündigt werden.


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