Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/97      Seite 15
 
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Ein "Restrisiko" für ganz Norddeutschland

Vom 8. bis 10.8. findet ein Anti-Atom-Camp am AKW Esenshamm statt

In der Nähe von Kleinensiel, knapp 30 km Luftlinie von Oldenburg entfernt, steht das AKW Esenshamm an der Unterweser. Für Oldenburg und Bremen ist es damit praktisch das AKW vor der Haustür - bei einem großen Unfall im dem 19 Jahre alten Atomkraftwerk liegen beide Städte direkt an der Grenze des oder zum Teil in dem nach geltendem Recht zu evakuierenden Gebiet. Abhängig von Windrichtung und Wetter, z.B. Regen, überdeckt das nach dem Unfall zu evakuierende Gebiet eine bis zu 250 km lange und bis zu 30 km breite Fläche. Eine bis zu 400 km lange und bis zu 50 km breite Fläche ist dann nach Tschernobylkriterien für 50 Jahre nicht mehr zu bewohnen.

Verseuchung auch im "Normalbetrieb"

Aber nicht alleine dieses Katastrophenszenario gibt Anlaß, sich gegen das AKW zu wehren. Auch im sogenannten Normalbetrieb gibt das AKW kontinuierlich Radioaktivität an die Umgebung ab. Und ab 1995 darf es die doppelte Menge an radioaktiven Aerosolen in die Umwelt blasen.

In den letzten Jahren ist zusätzlich genehmigt worden, daß im AKW auch 64 (über 30%) plutoniumhaltige Brennelemente eingesetzt werden und daß der Anreicherungsgrad der Brennelemente auf bis zu 4% Uran 235 aufgestockt wird. Mit diesen Änderungen sind einige wichtige Sicherheitsreserven, die in der 20-30 Jahre alten Konstruktion steckten, abgebaut worden, um effizienter Strom produzieren und Gewinn machen zu können. Das AKW ist dadurch bei einem Unfall noch deutlich unbeherrschbarer geworden.

Widerstand kann sich auch lohnen!

Das AKW Esenshamm ist eins der Atomkraftwerke, deren Inbetriebnahme am längsten durch Widerstand der Bevölkerung verzögert wurde. Durch Demonstrationen und Prozesse wurde das AKW über 2,5 Jahre gestoppt, mehrere tausend beteiligten sich vor der Inbetriebnahme an den Demonstrationen und Aktionen vor Ort.

Nach der Inbetriebnahme des AKW flaute der Widerstand gegen das AKW stark ab, auch weil viele ihre Hoffnung im Kampf gegen das AKW auf die Grünen setzten. Im Rückblick läßt sich feststellen, daß diese Hoffnungen zum Teil trogen, mit oder ohne Koalition. Und es wird deutlich, daß wirklicher Widerstand gegen das AKW nur dann stattfindet, wenn jede und jeder einzeln ihn leistet.

Aus diesem Grund fand nach einer Anti-AKW-Radtour zum AKW vor zwei Jahren im letzten Juli ein Anti-AKW-Camp am AKW Esenshamm, direkt bei der Ortschaft Kleinensiel, statt.

Während des Wochenendes, an dem das Camp stattfand, lief auch die jährliche "Revision" des AKWs. Zur Zeit der "Revision", bei der Schäden im AKW behoben und die Brennelemente gewechselt werden, arbeiten anstelle der üblichen 400 ca. 1.400 Personen im AKW, um den Zeitplan für die Erledigung aller Aufgaben einhalten zu können.

Im letzten Jahr fanden am Camp-Samstag Anti-AKW-Öffentlichkeitsaktionen in den Städten der Umgebung und eine Demonstration vom Camp zum AKW statt. Am Sonntag gelangte wie geplant etwas Sand in das Getriebe der Atomindustrie, als der morgendliche Schichtwechsel erfolgreich zeitweise blockiert, zeitweise stark gestört wurde.

Auch dieses Jahr - Aktiv gegen die Atommafia.

Ein Anti-Atom-Camp wird auch in diesem Jahr wieder am Atomkraftwerk Esenshamm stattfinden und auch dieses Jahr wollen wir der Atommafia etwas auf die Füße treten. Es ist geplant, daß ab dem 4.8. von Dannenberg aus eine Anschlußradtour an die gRADwanderung am AKW Krümmel vorbei zum Anti-Atom-Camp radelt. Diese Radtour soll am Freitag morgen, dem 8.8., in Bremen sein und von dort zum Camp weiterfahren. Interessierte aus Bremen und Oldenburg sollen gerne mit der Radtour, ab Bremen oder auch schon ab einem früheren Zeitpunkt, zum Camp mitfahren. Ab 16:00 Uhr beginnt der Aufbau des Camps, am selben Abend steht ein Plenum auf dem Programm. Danach und davor ist Zeit für die Erkundung der Gegend und Aktionen. Für den Samstag morgen sind schon Aktionen vorbereitet - neue & eigene können aber immer noch gerne eingebracht werden. Um 14:00 Uhr startet die Demo vom Camp zum AKW. Abends sind ein Plenum, Filme, Musik, Aktionen, ..... geplant. Am Sonntag morgen, dem 10.8.97, geht es ab 6:30 mit einem Anti-Atom-Frühstück vor dem AKW weiter. Bis zum Abschlußplenum und dem Ende des Camps um 16:00 Uhr ist noch viel Zeit, um kreativ und spontan gemeinsam etwas gegen das AKW zu unternehmen.

Organisatorisches zum Camp

Die Anreise zum Camp geschieht mit Bus und Auto über Brake oder von Bremen aus über Dedesdorf, Kleinensiel hat einen eigenen Bahnhof in Sichtweite des Camps. Für das ganze Wochenende wird Verpflegung gegen einen Unkostenbeitrag organisiert, eigene Essenssachen mitzubringen schadet aber nicht. Auch Besteck, Schlafsack und Zelt sollten möglichst alle selber mitbringen.

Wer Interesse an weiteren Informationen zum AKW Esenshamm oder zum Camp hat, kann sich unter 0441-9849905 (JUB) oder 0441-7775601 (Arbeitskreis Wesermarsch) melden. Dort können auch Mobilisierungsflugblätter und Plakate zum Camp sowie Informationen zum Katastrophenplan bestellt werden - der AK Wesermarsch ist für weitere Werbung für das Camp dankbar.

Eine Rückmeldung von denjenigen, die zum Camp kommen wollen, wäre ebenfalls sehr hilfreich, um alles besser organisieren zu können. Kontakt zum Arbeitskreis Wesermarsch ist auch über EMail: AK-Wesermarsch@free.infodrom.north.de oder www.informatik.uni-oldenburg.de/ßrichard möglich.

Kontakt zur gRADwanderung: gRADwanderung, Graf-Adolf-Straße 7-9, 40878 Ratingen, Tel.02102-9106-23.

Richard Meinsen


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