Oldenburger STACHEL Ausgabe 9/97      Seite 1
 
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Gestrichen

SozialhilfebezieherInnen erhalten ab dem 1.9.97 keine Fahrpreisermäßigung mehr bei der VWG. Bisher wurde ihnen aufgrund eines Zuschusses aus dem Stadtsäckel von insgesamt 235.ooo DM beim Kauf von Monats- und Sammelkarten die Hälfte des regulären Fahrpreises erlassen. Im Rahmen der 15%igen Haushaltssperre wurden auch diese Aufwendungen gekürzt. Der dafür noch vorgesehene Betrag von 199.800 DM ist bereits seit dem 31.8.97 verbraucht. Die Verwaltung hält diese Streichung nicht für gravierend, denn Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln seien im Grunde bereits in den Sozialhilferegelsätzen enthalten.

In einer Presseerklärung vom 21.8.97 griff die ALSO wegen dieser Entscheidung namentlich die rotgrüne Koalition an, weil sie von den während der Koalitionsvereinbarungen verhandelten Maßnahmen für die SozialhilfebezieherInnen immer mehr abweiche und ihre Wahlversprechungen zu den Akten lege. Die Senkung der Bekleidungspauschale von 510 DM auf 490 DM sei bislang nicht wie versprochen zurückgenommen worden, und die auf Sozialhilfe Angewiesenen müßten nun neben Medikamentenzuzahlungen, Zahnarztkosten in geringem Umfang, Kinderspielzeug oder der Kindergarten- und Schulspeisung auch noch die Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus den Regelsätzen aufbringen.

Hinzu kommt, daß die Monatsfahrkarte kürzlich um drei Mark erhöht wurde, während die Sozialhilfe-Regelsätze zum 1.7. nur um acht Mark angehoben worden sind. Der Regelsatz für einen Haushaltsvorstand beträgt zur Zeit 539 DM, 26 DM sind davon für Verkehrsleistungen vorgesehen. Eine Monatskarte kostet 63 DM.

Besonders ältere Menschen über 65 Jahre haben unter dieser neuerlichen Kürzung zu leiden, denn für sie wurde bereits zum 1.8.96 der zuvor angenommene Mehrbedarf, der unter Berücksichtigung ihrer geringeren Mobilität eine Zusatzzahlung von 100 DM zum Regelsatz vorsah, gestrichen. Sie müssen seitdem, um diese 100 DM zu bekommen, eine Gehbehinderung nachweisen.

Die ALSO fragt sich, ob ein Ratsbeschluß die Deckelung der Fahrpreisermäßigung vorsah und ob ihre Aussetzung mitten im Jahr nicht als vorauseilender Gehorsam seitens der Stadt gegenüber der Bezirksregierung zu bewerten ist, die ja in den vergangenen Monaten immensen Druck auf die Haushaltsverhandlungen ausübte.

Aber wie dem auch sei, dieses Beispiel zeigt ein weiteres Mal, daß die von Bund und Ländern durchgeführten, fortlaufenden Kürzungen bei Arbeitslosen und SozialhilfebezieherInnen von den Kommunen nicht abgefedert, sondern direkt an die Unterstützungsberechtigten weitergegeben werden. Das Allheilmittel der Streichung wird in allen sozialen Bereichen mit dem Argument angewendet, die Kosten seien nicht mehr zu tragen. Dabei wird grundsätzlich verdrängt und unterschlagen, daß nicht die Unterstützungsberechtigten den Sozialstaat aushöhlen, sondern die Finanzmisere daher rührt, daß immer weniger Steuer- und Beitragszahler immer mehr Unterstützungsberechtigten gegenüberstehen.


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