Oldenburger STACHEL Ausgabe 10/97      Seite 1
 
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Zum Abkratzen: Die grüne Fassade

Wie das Studentenwerk zur Verbesserung des Studenten-Alltages beizutragen gedenkt

Ende des Jahres sollen die Studenten keinen Baum mehr am Uhlhornsweg sehen, sondern nur noch tristen Beton. Auch sollen sie noch kräftigeren Automief atmen und noch mehr Lärm auf der faktischen Durchgangsstraße übers Unigelände ertragen. Zum Ausgleich dürfen sie sich beim Arzt umweltverträgliche Chemopillen für die so entstandenen Kopf- und Halsschmerzen verschreiben lassen, anschließend ökologisch einkaufen und die Umwelt mit noch mehr Kopien auf weißem Papier schonen, umweltfreundliche Flugreisen in die Karibik buchen und sich im Bistro an der Ecke gesund-räuchern lassen. Die Umsetzung dieser Träume kann das Studentenwerk Oldenburg kaum erwarten. Lieber heute als morgen möchte es mit dem Abholzen der Bäume gegenüber des Hörsaalzentrums, auf der anderen Seite des Uhlhornsweges, beginnen und ein "Ökologiezentrum", also ein sechsgeschossigen Wohnturm mit dreigeschossiger Ladenzeile, hochziehen.

Mehr vom gleichen

Die konkrete Planung sieht so aus, daß in der Ladenzeile u.a. Bistro, Arztpraxis, Öko-Supermarkt, Copy-Shop und Reisebüro untergebracht werden sollen. Abgesehen von dem Reisebüro, gibt es dieses Dienstleistungsangebot bereits in der Umgebung der Uni in Fußentfernung - entlang der Ammerländer Heerstraße/Ofener Straße gibt es z.B. sechs Copy-Shops und Kopiermöglichkeiten in der Universität.

Die (über fünf Jahre) alten Planungen sahen ursprünglich vor, im Turm ein Hotel unterzubringen, das zusammen mit dem Hörsaalzentrum ein Kongreßzentrum bilden sollte. Diese Ideen wurden verworfen: Der Turm an der Ecke zur Ammerländer Hin- und Herstraße soll mit teuren Appartments und einem Dachgarten ausgestattet werden. Damit geht die Notwendigkeit verloren, das Gebäude in die Nähe des Hörsaalzentrums zu bauen.

Ökologie contra Ökologiezentrum

Betrieben wird das "Ökologiezentrum", wie es beschönigend genannt wird, von der Oldenburger Ökologiehaus GmbH, einer Tochtergesellschaft des Studentenwerkes, die mit dem Architektenbüro Moritz und Partner und dem Bauunternehmen Freytag zusammenarbeitet. (Verwexelt da jemand Ökologie mit Ökonomie?, d.S.)

Doch sind es besonders ökologische Gründe, die gegen das "Ökologiezentrum" sprechen: Es werden Bäume gefällt und eine wichtige Grünfläche auf dem Unigelände versiegelt und zugebaut. Zum gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleich soll eine andere schon existierende Grünfläche noch mehr gebrünt werden. Erhebliche Kritik gibt es außerdem an der zu erwartenden Verschärfung der Verkehrssituation.

Für das Gebäude sind insgesamt über 90 Autostellplätze vorgesehen. 36 davon sollen - vom Uhlhornsweg aus gesehen - hinter das Gebäude gebaut werden, also zwischen Gebäude und Milchwirtschaft. Der Leiter der Milchwirtschaft befürchtet eine Beeinträchtigung der Bewohner des dortigen Internats durch Liefer- und Park-Such-Verkehr. Die restlichen Stellplätze will die Universität in der Tiefgarage unter der Bibliothek zur Verfügung stellen. Herr Lohmann von der Bauverwaltung der Uni rechnet vor: Am Uni-Standort Uhlhornsweg gäbe es 4400 Studierende, wovon nur jeder sechste einen Parkplatz brauche. Betrachtet man die tatsächlichen Studentenzahlen, so kann es sich bei dieser Zahl nur um die Anzahl der Studenten handeln, für die die Universität am Uhlhornsweg ausgelegt ist. Denn würden am Uhlhornsweg nur 4400 Menschen studieren, müßten es in Wechloy und im Birkenweg über 7000 sein, da es über 12000 Studenten an der Uni Oldenburg gibt.

Nicht eingerechnet sind weiterhin die große Anzahl der MitarbeiterInnen der Uni und die Studenten, die nach der Fertigstellung des Hörsaalzentrums vom Birkenweg in den Zentralbereich überwechseln werden. Abgesehen davon gibt es besonders zur Mensa-Öffnungszeit einen großen Ansturm auf den Zentralbereich. Von einer "bedarfsgerechten Planung" kann hinsichtlich der Autostellplätze kaum die Rede sein - davon wird sich in den kommenden Wochen jeder überzeugen können, der einmal die freien Uni-Parkplätze im normalen Uni-Alltag zählt. Deshalb befürchten die Anwohner, daß der Neubau noch mehr Verkehr und parkende Autos in ihre Wohngebiete bringt.

Eine Verschlechterung ist auch für den Radverkehr zu erwarten. Dadurch, daß KundInnen von den Geschäften zu ihren Autos auf den Parkplätzen entlang des Uhlhornsweges gehen, sind neue Verkehrskonflikte zu erwarten.

Studentenwerk baut kein Werk für Studenten

Interessant ist, daß der Name des Bauenden "Studentenwerk" heißt. Eigentlich sollte man annehmen, daß das Studentenwerk nur Dienstleistungen speziell für Studenten anbietet (Wohnheime, Mensa, u.ä.). Dafür bekommt es Gelder nicht vor vom Land, sondern auch von den Studenten selbst (54,- DM pro Semester). Mit einem Teil dieses Geldes wird also der Gang in die Privatwirtschaft finanziert - für Wohnungen, die Studis sich nicht leisten können, und Läden, die Studis eigentlich nicht noch zusätzlich benötigen. Da keine wesentlichen Vorteile für Studis zu erwarten sind, sie aber Finanzen dafür besteuern mußten, sei jeder Studi an dieser Stelle dazu aufgerufen, beim Studentenwerk offiziell die Rückerstattung einer symbolischen Mark zu beantragen.

Zur Zeit befindet der Stadtrat über die Planungen. Seine Entscheidung steht unmittelbar bevor. Stimmt er dafür, wird das Studentenwerk umgehend mit dem Bau beginnen, der ein Jahr in Anspruch nehmen soll.

Universität will auch noch bauen

Von den Planungen des Studentenwerkes ist "nur" eine grüne Fläche betroffen, doch auch die Bautätigkeit der Universität ist mit der Fertigstellung des Hörsaalzentrums Anfang nächsten Jahres noch nicht abgeschlossen. Planungen sehen vor, am Uhlhornsweg die noch fehlenden Gebäudekomplexe A5 und A12 auf dem Sportplatz neben dem Hörsaalzentrum zu bauen, und in Wechloy gibt es Planungen, einen Anbau zu errichten.

muh


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