Oldenburger STACHEL Ausgabe 11/97      Seite 1
 
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Affen auf dem Folterstuhl

Unis in Oldenburg und Bremen wollen Hirnforschung an Primaten

Erst vor einigen Monaten wurde bekannt, daß die Universitäten Bremen und Oldenburg im Rahmen eines von beiden Unis getragenen Sonderforschungsbereichs (Bremen ist mit sieben, Oldenburg mit sechs Wissenschaftlern an diesem SF-Bereich beteiligt) an der Uni Bremen ein Primatenzentrum einrichten wollen. Dort sollen von mehreren Forschern an offenen Gehirnen von Makaken-Affen Untersuchungen durchgeführt werden: die Affen werden dauerhaft isoliert, durch Flüssigkeitsentzug dressiert und mehrfach am Kopf operiert, um Dauerimplantate einzubringen. Am festgeschnallten Kopf werden dann millimeterdicke Elektroden in den Kopf gefahren; nach mehreren Jahren dieser Tortur wird das Tier getötet, um den Kopf untersuchen zu können. Für das Tier bedeutet das eine fast unendliche Quälerei, wie man sich unschwer vorstellen kann.

Während sich die Uni Oldenburg von allem unbeteiligt gibt und nicht eine einzige Stimme aus der Uni zu dieser Thematik zu vernehmen ist, schlagen in Bremen die Wellen schon seit längerem sehr hoch. Der Bremer Tierschutzverein hat einen Bürgerantrag mit über 40.000 Stimmen eingereicht, Wissenschafler an der Uni formieren sich, Initiativen haben sich gegründet, um sich nicht durch ein paar einzelne Personen mit einer Wissenschaftsausrichtung überziehen zu lassen, die der Öffentlichkeit auch noch als Krankheitsforschung verkauft wird.

Kreiter: Folter angenehmer als Freiheit

Der wahre Skandal reicht jedoch wesentlich tiefer. Dr. Kreiter, der maßgeblich die geplanten Versuche durchführen will, glänzt immer wieder durch fundiertes biologisches Wissen um die Lebensbedürfnisse der Affen sowie um den wahren Charakter der geplanten Versuche. Wie diverse Male nachzulesen, ist er der Meinung, daß es den Affen im Labor besser als in der freien Wildbahn geht, denn "die freie Wildbahn ist kein Zuckerschlecken"; "für die Tiere selbst ist der Versuch keine Belastung, die anstrengender wäre als das Leben in freier Wildbahn". Immerhin empfindet er die Versuche letzlich als sehr anstrengend, allerdings nur für den Experimentator, "für die Tiere sind sie weniger anstrengend" . Dies sind nur einige wenige Äußerungen, die das ethische Empfinden und die eindimensionale Ausrichtung eines Wissenschaftlers bezüglich des Umgangs mit seinem "Verbrauchsmaterial" Affe in erschreckender Weise widerspiegelt; wer je gesehen hat, wie diese Tiere leiden müssen, bevor sie sterben dürfen, kann sich nur mit Grausen abwenden.

Roth: "Menschen ohne Willen"

Schlimmer jedoch und wesentlich alarmierender ist das Gesamtkonzept von Prof. Roth, dem Sprecher des SFB 517. Ausgestattet durch einen akademischen Grad in Philisophie, verbreitet Herr Roth schon seit Jahren seine Theorien von einem "Menschen ohne Willen". Seiner Meinung nach sind wir wissenschaftlich nachweisbar Opfer unserer eigenen Physiologie, ist der Gedankenprozeß nur eine Anhäufung von chemischen Impulsen, ist der Mensch praktisch schon per ersten Lebensjahre determiniert und nicht Herr seiner selbst, einer Maschine gleich. Gekoppelt mit dem Wunsch, die Funktionsweise eines dem Menschen nahestehenden Gehirns detailliert zu erforschen, und diese Erkenntnisse im Bereich von neuronalen Netzen und weiteren Bereichen der Robotik umzusetzten, wird sehr schnell deutlich, wie weit die konkrete Manipulation am Menschen im Vorstellungsbereich eines solchen, sehr einflußreichen Wissenschaflers noch entfernt ist. Die Feststellung, das wir im Falle eines Verkehrsunfalls "Gott auf den Knien danken würden, wenn die Hirnforschung so weit wäre, daß ausgefallene, sich nicht regenerierende Gehirnfunktionen durch implantierte Mikrochips ersetzt werden könnten", läßt erahnen, welche wissenschaftlichen Wege hier angestrebt werden.

Weder Roth noch Kreiter machen eine Hehl aus ihren wahren Motiven, sich im Gehirn von Affen auszutoben, besonders Herr Roth schafft es aber immer wieder sehr geschickt, die Öffentlichkeit mit interessanten Wortkreationen wie "mittelbar anwendungsbezogener Grundlagenforschung" in Bezug auf potentielle Krnakheitsbekämpfungen bewußt zu täuschen; und diese läßt sich anscheinend nur zu gern vom neuen Wunderheiler ein paar Märchen erzählen. Mir wird Angst und bange bei der Vorstellung, all das, was die Herren Roth und Kreiter schon jetzt als Zukunftsvisionen propagieren und im Versuch bearbeiten wollen, in naher Zukunft in Vollendung zu sehen; das Scenario von "1984" dürfte ein müder Scherz dagegen sein. Aber eine Öffentlichkeit, die sich wie in Oldenburg entweder garnicht regt oder sich wie in Bremen dermaßen simpel durch gezielte Falschinformationen einkaufen läßt, hat auch wohl nichts anderes verdient.

Was kann getan werden ?

Wer verhindern will, daß Wissenschaftler wie Prof. Roth oder Dr. Kreiter weiterhin auf diese Art ihr Unwesen treiben können und nun in Bremen sogar Affen quälen, sollte nun aktiv werden:

- wendet euch mit der Bitte um Stellungnahme an den Rektor bzw. die Verantwortlichen der Uni Oldenburg; zeigt der Uni, daß sie sich nicht weiter verstecken kann !

- schreibt an den Bremer Bürgermeister Scherf

- kommt zur Demonstration am 18.11.1997 auf dem Bremer Marktplatz.

Dipl. Biol. Andreas Köcher, Arbeitsgemeinschaft für Tierrechte


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