Oldenburger STACHEL Ausgabe 11/97      Seite 12
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Die Reformierung der Bildung

Ein Rückschritt ins 21. Jahrtausend?

Selbst die Desinteressierten unter uns solten mittlerweile mitbekommen haben, worum es zur Zeit auf dem Bildungssektor einige Diskussionen gegeben hat. Unser Hochschulrahmengesetzt (HRG) wird reformiert. Die angestrebte Deformierung von unserem Bildungsminister Rüttgers findet wahrscheinlihc nur er gut, wir vom AStA und fast alle anderen jedenfalls nicht.

Nun sind sich also der Bund und die Länder endlich einige geworden, as niemanden überrascht oder glücklich gemacht hat. Ziel des neuen HRG ist es, den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Deutschland effizient zu verbessern und ihm internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verleihen. Die Hochschulen können jetzt unabhängig vom Land bz. vom Staat ihr eigenes Profil ausbillden, d.h. sie können ihre Forschungsschwerpunkte frei setzen. Das Wegfallen üneffizienter Studiengänge", wie in Oldenburg Slawistik oder vielleicht irgendwann einmal der Großteil der geisteswissenschaftlilchen Studiengänge wird vermutlich nur noch eine Frage der Zeit und der jeweiligen Unileitung sein.

Was soll sich also nun konkret ändern, was sind die Ergebnisse der monatelangen Verhandlungen der Länder? Dies sind allerdings längst nicht alle Punkte des neuen HRG, doch wie mir scheint erst einmal die zentralsten.

  • Einführung einer leistungsorientierten Hochschulfinanzierung. Die Zuweisung staatilcher Mittell sol sich künftig nach der Leistung der Hochschule richten. (Hochschulen stehen im permanentem Konkurrenzkampf zueinander)
  • Evaluation von Forschung und Lehre, Beteiligung der Studis an der Evaluation der Lehre.
  • Neudefinition und Festigung der Regellstudienzeit. Künftige Regestudienzeit für ein Diplomstudium an einer RH beträgt vier Jahre, bei den übrigen Diplom- und Magisterstudiengängen höchstensviereinhalb Jahre.
  • Multimedia. Die schon enthaltene Grundsatzregelung über die Nutzung der Möglichkeiten eines Fernstudiums werden gemäß den neuesten Entwicklungen neu ausgerichtet.
  • Studienberatungspflilcht soll verstärkt werden, Studis sollen sich dadurch schneller darüber klar werden, ob sie für den von ihnen gewählten Studiengang geeignert sind. Studis müssen als bis Ablauf ihres ersten Studienjahres Leistungen aufeisen, um eiterstudieren zu können.
  • Einführung der Zischenprüfung in alen Studiengängen mit vier Jahren Regelstudienzeit. Das Bestehen dieser Prüfung soll darüber entscheiden, ob das Hauptstudium aufgenommen ewrden kann.
  • "Freischuß" in den geeigneten Studiengängen, um die Studienzeit zu verkürzen. (gibt es schon in einigen Studiengängen)
  • Leistungspunktsystem (Credit-Point-System) soll das Studieren im Ausand erleichtern, da ein soches Punktesystem kompatibel und somit vergleichbar ist mit den Punktesystemen im Ausland.
  • Neue Abschlüsse wie "Bachelor" (Regelstudienzeit beträgt mindestens drei und höchstens vier Jahre) und "Master" (Regelstudienzeit liegt bei mindestens ein und höchstens zwei Jahren), beide Studienabschlüsse zusammen solen fünf Jahre nicht überschreiten.
  • Leistungsquote bei Studienplatzvergabe für bis zu 25% der Studienplätze im Ortsverteilungsverfahren der ZVS: Damit soll leistungsstarken Studienbewerbern aufgrund ihrer guten Leistungen ermöglicht werden an der Hochschule ihrer Wahl studieren zu können und nicht nur wie bisher in diesem Verfahren die sozialen Kriterien im Vordergrund stehen.
  • Habillitation und gleichwertige wissenschaftliche Leistung schaffen gleichberechtigte Einstellungsvoraussetzungen für Professoren.
  • Verpflichtung der Hochschulen zur Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern.

Letzteres hat natürlich nur Symbolcharakter, doch freut uns Frauen natürlich die gute Absicht.

Die erwähnten hochschulinternen Auswahlverfahren weisen darauf hin, daß einer Elitebildung an den Unis nichts mehr im Weg stehen wird. Jede Uni kann sich legitim ihren wisschenschaftlichen Elitenachwuchs mit hohem NC und anderen Auswahlverfahren heranziehen. Darüber hinaus wird eine studentische Mitbeteiligung für die Studis noch attraktiver als sie ohnehin schon ist. Das HRG äußert sich nämlich nicht zu Rahmenbedingungen der Gremeinstruktur, Wahlverfahren und Stimmverteilung. Die Professoren dürfen theoretisch auf die Studentische Mitbeteiligung verzichten, wenn sie es wollten.

Die Einigung der Länder bzw. der Parteien auf diese Punkte zeigt, daß die bildungspolitischen Ansprüche nicht weit voneinander enfernt liegen. Der heutige Marktliberalismus hat sie alle überzeugt wie es scheint. Kritik ist nicht nur an unsern konservativen Parteien wie CDU und SPD zu leisten, sondern auch an den Grünen und der PDS.

Keiner von diesen parlamentarischen Grüppchen ist offenbar daran gelegen endlich einmal konsequente, demokratische Strukturen an useren Universitäten einzuführen. Darin sind sich offenbar alle einige Deutschland braucht ein Bildungssytem, das fähig ist, einen unkritischen, wissenschaftlichen Nachwuchs heranzuziehen, der uns in ein endgueltig entpolisiertes und entdemokratisiertes neues Zeitalter führen soll.

Tanja, hochschulpolitisches Referat des AStA


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