Oldenburger STACHEL Ausgabe 1/99      Seite 14
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

USA: Alles Geld in Waffen?!

Clinton leitet neue Rüstungsrunde ein

Es war nur eine wöchentliche Ansprache des US-amerikanischen Präsidenten an "das Volk" - doch es brachte eine bislang in der BRD wenig beachtete Neuigkeit, die zumindest einer Neujahrsansprache würdig gewesen wäre: Die USA wollen ihren Rüstungshaushalt in den nächsten 6 Jahren um umgerechnet 167 Millarden DM aufstocken. Der liegt zur Zeit ohnehin bereits bei ca. 450 Milliarden DM jährlich.

Was ist Thema für die Medien?

Diejenigen Medien (einschließlich der taz), für die dieser Umstand überhaupt erwähnenswert war, brachten nicht mehr zustande, als entschuldigende und erklärende, allenfalls noch zitierende Bemerkungen zu dieser drastischen Anpassung der US-amerikanischen Wirtschaftspolitik an die Bedrohungslage ihres Präsidenten. Denn der ist erpressbar, wie alle Welt weiß, und nur deshalb noch in Amt und Würden, weil es für den militärisch-industriellen Komplex (MIK) so das Beste ist und weil die Medien-Konzerne dies derzeit (noch?) fördern. Oder könnte mensch sich eine günstigere Situation für den MIK vorstellen? Mal spekuliert, ein REP wäre US-amerikanischer Präsident: Dann gäbe es doch zumindest die Möglichkeit einer Opposition. Doch so sind die politischen US-amerikanischen Vertreter des Klu-Klux-Klan und der Wirtschaft ohnehin für fast jedes Rüstungsprojekt zu haben - wenn es nur ihren Kumpanen im MIK recht und teuer genug ist - und jetzt sind auch die sogenannten Demokraten bei der Stange: Denn mit den Rüstungsaufträgen steigt und fällt das Wohl und Wehe ihres Präsidenten.

Sie bemühen sich um die Vernichtung der Hoffnungen

Während die Tagesschau am 3.1.99 den fehlgeschlagenen Versuch der Beruhigung unternahm, es handele sich zwar um die gigantischste Aufrüstung seit dem "Krieg der Sterne"-Schauspieler "Ronny" Reagan, aber diesmal würde doch nur konventionell gerüstet, bin ich der Auffassung, daß so Kriege wahrscheinlicher und erst ermöglicht werden.

Clara Morgan vom Kurdistan-Report hat denn auch die Rolle der USA bereits vor diesem Aufrüstungsanschlag bewertet. Ihr fiel auf, daß der ehemalige Erzfeind mit symbolischer Geste begrüßt und in den Club der Reichen - pardon, es muß natürlich G7 heißen - aufgenommen wurde. Da weder die USA noch die anderen Rüstungsexportstaaten jedoch auf ein Feindbild verzichten können, wurde ein wesentlich genialeres Feindbild kreiert: Der Internationale Terrorismus (IT).

Kampf gegen den Internationalen Terrorismus?

Dieser IT ist ein Abstraktum und konkret genug zugleich. Als Abstraktum besteht die Möglichkeit, ihm jede benötigte und nicht weiter hinterfragbare Grauslichkeit zuzuschreiben. Wenn der Popanz genug aufgeblasen ist - hier möchte ich an die aufgepumpten Gummi-Panzerattrappen des Saddam Hussein im Golfkrieg 1991 erinnern - wird ihm ein konketes Ettikett zugeschrieben.

Laut dem Vertreter der CDU-Stiftung mit dem Namen Konrad-Adenauers, Dr. Kamp, der auf Einladung der Oldenburger Hermann-Ehlers-Stiftung und des Herrn Prof. Rudzio, finanziert durch Gelder der Europäischen Kommission zu einer sogenannten Ringvorlesung in Oldenburg weilte, ist ein "Musterschurke" Saddam Hussein. Das war Herrn Dr. Kamp aber noch nicht blöd genug. Sein ganz persönliches Horrorßenario bestand in Raketen, die Gadafi in die BRD schiessen würde.

Superterrorist USA

Doch die jetzt eingeleiteten Rüstungsaufträge sind weder zur Ableitung solcher Horrorphantasien noch zur Bekämpfung tatsächlichen Terrorismusses geeignet. Zur Besetzung fremder Länder eignen sich Flugzeuge, Schiffe und Soldaten schon eher. So wurde als Vergeltung für einen terroristischen Anschlag deklariert, als die USA 1998 verschiedene Staaten bombardieren ließen. Unter anderem wurde dabei die einzige pharmazeutische Produktionslandes eines afrikanischen Staates vernichtet. Sehr zur Freude afrikanischer Exporteure.

Doch Super-USA "rettet" sofort

Clara Morgan weiter: "Die USA, die auf dem G7-Gipfel erneut ihre weltweite Führungsposition betonte, sieht in allem, was sich ihrer globalen imperialistischen Expansionspolitik entgegenstellt, die "terroristische Gefahr". Zum Kampf dagegen ist jede militärische Aufrüstung erlaubt, keine under-cover Aktion verboten, werden in jedem Land der Erde, wo sich Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung regt, Kollaborateure auf allen gesellschaftlichen Ebenen gesucht und durchaus erfolgreich angeworben. Ziel dieser imperialistischen Aufstandsbekämpfung sind die Länder Lateinamerikas ebenso wie der Mittlere Osten, ist Kuba ebenso wie Kurdistan. Die Mittel, die zum Einsatz kommen, sind verschieden, das Ziel stets das gleiche: niemand soll es wagen, den Führungsanspruch der USA in Frage zu stellen. Diese US-Führungs-Strategie richtet ihre Botschaft sowohl an einen äußeren Widersacher, als auch an den inneren Feind. Sie bedeutet ebenso eine militärische Aufrüstung nach innen und außen, als auch Abbau demokratischer Rechte, Repression und Überwachung. Das gilt auch für Europa. Der Konflikt innerhalb der NATO um die Südostführung (Mittelmeerraum) einerseits, die die USA traditionell innehat und auch nicht abzugeben gedenkt, sowie die Osterweiterung andererseits, wo einige europäische Staaten weitergehende Vorstellungen bzgl. der Einbindung weiterer Staaten als US-Präsident Clinton haben, zeigt den europäisch/US-amerikanischen Konkurrenzkampf sehr gut.

Deutsche Waffen - Deutsches Geld morden mit in aller Welt

Das Rüstungsinformationsbüro Baden-Württemberg (RIB) aus Freiburg und die Kampagne gegen Rüstungsexport aus Wiesbaden haben die Angriffe der USA und Großbritanniens auf den Irak verurteilt und auf die Mitverantwortung der Bundesrepublik am Zustandekommen des irakischen B- und C-Waffen-Potentials hingewiesen. So hat die Bundesregierung in den 80er Jahren der legalen und illegalen Lieferung von Laborgeräten, Klimaanlagen, Chemietechnik und den Grundstoffen zur Herstellung von Giftgas tatenlos zugesehen. Nur mit deutscher Hilfe konnte das Giftgas produziert werden, das z.B. 1988 in der nordirakischen, von KurdInnen bewohnten Stadt Halabja gegen aufständische Kurden und die Zivilbevölkerung gnadenlos eingesetzt wurde. Die bekannten deutschen Firmen waren: Karl Kolb, Pilot Plant, Thyssen Rheinstahl, Rhein-Bayern Fahrzeugbau. Außerdem soll, so der Geheimdienstexperte Schmidt-Eenboom, die "vom BND angeleitete Firma Telemit" "für etwa 100 Millionen Mark zum Teil falsch deklarierte Rüstungsgüter mit Wissen und Erlaubnis der Bundesregierung an Saddam Hussein geliefert" haben. Bleibt an dieser Stelle zu bemerken, daß der Inhaber des zweifelhaften Titels "Weltmeister Rüstungsexport" USA heißt. Die BRD kommt kurz danach. Zynischerweise schicken damit diejenigen, die Bundeswehreinsätze im Ausland befürworten, damit deutsche Soldaten in den Kampf gegen deutsche Waffen.

Sparen bei den Armen

Clinton will die Mittel im Militäretat 1999/2000 untre anderem durch Einsparungen an anderen Stellen aufbringen. (taz, 4.1.99) Um diese astronomischen Summen zu finanzieren, werden mal wieder die Armen dran glauben müssen. Verbrämt wird dies so formuliert: "Der Direktor der Haushaltsabteilung des Präsidialamtes, Jack Lew, sagte, angestrebt werde aber eine Ausgewogenheit zwischen Militärausgaben und Sozialausgaben. Lew nannte die Sicherung der staatlichen Renten als Beispiel." (taz, 4.1.99) Gemeint sind Kürzungen im sozialen Breich - "Ausgewogen" jedoch hieße doch wohl: Wer Geld für Rüstung hat, muß auch Geld für die Menschen, insbesondere für die Obdachlosen und Hungernden genug haben. Was gibt es sonst noch zu "verteidigen"?

Spielt der EURO eine Rolle?

Auffällig ist der Zeitpunkt der Verkündung dieser seit langem von den Militärs geforderten Entscheidung Clintons. Denn jetzt wurde der EURO-Wechselkurs bewertet und steht im Kurs besser als der Dollar da. Der EURO wird an den Börsen gut angenommen. Die "Einsparungen" werden zur Gesamtfinanzierung nicht reichen. Die Aufnahme von Krediten jedoch wird eine Verschiebung auf dem internationalen Geldmarkt zur Folge haben. Staatliche Geldaufnahme bedeutet höhere Kreditzinsen, verbunden mit Kapitalflüssen in Richtung der USA. Als Folge wird es auch hier zu einem Zinsanstieg kommen. Letztlich läuft das auf eine Stärkung der US-Wirtschaft, soll heißen, ihrer Profite, hinaus. Die Zeche zahlen die kleinen Sparer und Wetter in der ganzen Welt. So oder so.

Moderne Politik?

Persönlich halte ich Modernisierer mit dem smarten Gesicht mittlerweile für gefährlicher als so manchen kalten Krieger. Es war an vielen Orten bereits des öfteren zu beobachten: Wenn das Kapital mit Energie etwas durchsetzen will, kommen die Sozialtechnokraten und bewerkstelligen dies: Die sozialdemokratische Bewilligung der Reichskriegskredite, die erst die damalige Superrüstung für den 1. Weltkrieg mit allï seiner Entsetzlichkeit ermöglichten, sind mir das deutlichste Zeichen. Ich bin jedoch offen für Beweise, sollte sich etwas ändern.

Gerold Korbus

Quellen und Infos:

WorldWideWeb:

http://www.dfg-vk.de

http://www.dfg-vk.de/international/golf.htm

http://www.nadir.org/nadir/periodika/kurdistan_report/9786/5.html

http://www.taz.de

sowie

Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen in Velbert

Informationsstelle Militarisierung, Burgholzweg 116/2, 72070 Tübingen, Tel./Fax 07071/49154, ih-Mehl: ini@gaia.de

Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg, Umkircher Straße 37, 79112 Freiburg im Breisgau, Tel./Fax 07665,51868

Tagesschau der ARD 3.1.1999

taz 4.1.1999

Weser-Kurier 4.1.1999

Hamburger Abendblatt 4.1.1999

 

 
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