| |
Wir · Wij · Nous · 
In eigener Sache:
Dem Akquisitör ist nichts zu schwör...
So oder so ähnlich heißt es, aber das stimmt
nicht immer.
"Nein, danke, im Moment haben wir kein
Interesse. Aber fragen Sie ruhig noch mal
nach!" Bedauernd und nicht unfreundlich
blickt mich der Geschäftsführer an. Ich
fluche im Stillen und versuche, mich
ungerührt und freundlich zu verabschieden.
Wie leicht hätte er mich heute glücklich
machen können! Nur ein kleines "Ja" hätte er
aussprechen müssen.
Denn dann hätte der STACHEL in diesem Monat
eine weitere Anzeige gehabt, und ich hätte
nicht weiterfragen müssen. Zwar arbeiten alle
Stachler ehrenamtlich und erhalten als Lohn
für ihre Mühe nur Ehre und Spaß, doch
Finanzbedarf besteht trotzdem. Das Drucken
der 4000 STACHEL-Exemplare z.B. kostet jeden Monat
einen Batzen Geld, auch wenn die Druckerei
Plakativ sehr günstige Preise hat (Das mußte
ja mal gesagt werden! Hallo Christa und
Hartmut, vielen Dank für eure Geduld!).
Aber die freundlichen DruckerInnen leben von
ihrer Arbeit und bekommen ihre Maschinen
nicht geschenkt...
Werbemäßig gesehen, ist der Vorteil des
STTACHELS gleichzeitig sein Nachteil. Wir
verzichten bewußt auf Farbe und gebleichtes
Papier, verwenden nur Umweltschutzpapier zur
Verbreitung unserer Weisheiten. In Bezug auf
Materialien jedoch ist Umweltschutz in der
Werbebranche megaout. Gefragt ist
tiefgründige Farbigkeit, Hochglanz, Grelles.
Schwarz-weiß - ih bäh! Wie altbacken! Fast
alle Vierteljahre kommt ein neues Blatt
heraus und überschwemmt Oldenburg mit einer
weiteren Anpassung an die Bedürfnisse des
Kommerzes. Da können wir nicht mitschwimmen.
Wollen wir auch gar nicht!
Ein weiterer Vorzug des STACHELS ist, daß
die, die ihn in die Hand nehmen, auch lesen
wollen - anderes als Texte und ein paar
Termine enthält er kaum. Er landet nicht in
Briefkästen, sondern mensch muß ihn sich
schon holen. Das garantiert Anzeigenkunden
eine Aufmerksamkeit der (kritischen)
Leserschaft, die ihresgleichen sucht.
Zigarettenwerbung wie in anderen Oldenburger
Zeitschriften würden sie allerdings nicht
tolierieren, und auf eine Snowboard-Anzeige
gab es gleich einen wütenden Leserbrief. Es
muß schon die "richtige" Werbung sein.
WeltseiDank gibt es auch die dazu passende
Gruppe von Klein-UnternehmerInnen, die genau
das am STACHEL schätzen. Einige
wissen noch von den (politischen) Wurzeln
ihres Ökoladens, andere haben trotz der (oft
gnadenlosen)
Zwänge des Geldverdienens nicht das Ziel
einer lebenswerten Welt aus den Augen
verloren. Knallharte Geschäftsleute allein
sind sie alle nicht, aber oft originelle
sympathische Menschen, die mit Fantasie
versuchen, in Nischen ein Auskommen zu
finden. Sie bei den Anzeigengesprächen ein
wenig kennenzulernen, ist nicht selten eine
Bereicherung, ihre tolerante und oft
improvisierende Art erleichtert den Umgang,
erschwert aber manchmal, sie per Telefon zu
erreichen. Leider gibt es nicht so viele von
dieser Spezies, und bei den Anzeigenjägern
aller kleinen Blättchen sind sie die erste
Adresse.
Die geneigte Leserin/ der bis hierhin
folgende Leser bemerkt bereits, daß ich sie
für etwas gewinnen möchte. In der Tat! Wer
für den STACHEL Anzeigen akquiriert, sichert
ganz nebenbei das Überleben dieser seltenen
Pflanze. In der Hauptsache aber nimmt er/sie
teil an einem kleinen Kurs in Oldenburg-
Kunde, gewinnt Einblick in einen bunten
Ausschnitt des Hunte-Städtchens. Mensch lernt
eine liebenswerte "Szene" kennen, wenn er dem
STACHEL-Gelde nachjagt. An den bedrohlich
wenigen Anzeigen im STACHEL ist zu erkennen,
daß die STACHEL-Aktiven zu wenige sind, um
genügend Zeit für dieses Vergnügen erübrigen
zu können. Sie müssen ja auch noch schreiben,
tippen, kleben, setzen, verteilen, Papier zusammen
fegen, verärgerte Autoren beruhigen, mit dem
Drucker Hartmut reden u.v.m.
Das alles zusammen ist dem Akquisitör dann
doch zu schwör, auch wenn ihm Jan gerade
Schokokekse vom Kiosk mitgebracht hat...
achim für die Rdaktion
|
|