Oldenburger STACHEL Ausgabe 2/99      Seite 12
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Mexico: Tierra y Libertad!

Land und Freiheit! - ein Reisebericht

Im November 98 besuchte eine Reisegruppe von SOLIDARITÄT INTERNATIONAL e.V. (SI) Mexico. Von Anfang an hatten wir geplant, daß dies nicht nur eine Urlaubsreise sein sollte, sondern auch um die Kontakte zu unseren mexikanischen Freunden zu vertiefen, das Land und seine Menschen besser kennenzulernen. Gemeinsam mit der FAC/MLN (Breite Front für den Aufbau einer nationalen Befreiungsbewegung) haben wir die Route besprochen. Die Compañeras/os standen uns die ganze Zeit mit Rat und Tat zur Seite und haben uns Erfahrungen vermittelt, die wir sonst nicht hätten machen können. Darüber hier ein kurzer Überblick:

Wir haben von Mexico den Eindruck eines reichen Landes bekommen. Dieser Reichtum ist allerdings sehr ungerecht verteilt: Weit über die Hälfte der Bevölkerung lebt in Armut, davon wieder die Hälfte unter dem offiziellen Existenzminimum. Durch den Eintritt des Landes in die NAFTA (Nordamerikanische Freihandelszone) zum 1.1.`94 haben sich die Lebensbedingungen vieler Menschen dramatisch verschlechtert. Mexico wird seit über 70 Jahren von der PRI regiert (das ist "Weltrekord"), die ihre Politik vollständig den Interessen der US-amerikanischen Banken und Konzerne untergeordnet hat. Natürlich läßt sich die mexikanische Bevölkerung das nicht gefallen: Der Aufstand in Chiapas ist nur das bei uns bekannteste Beispiel dafür.

Die FAC/MLN ist ein Zusammenschluß von über 300 Organisationen aus verschiedenen sozialen Bereichen: Bauernorganisationen, Gewerkschaften, Menschenrechtsgruppen... Auf ihrem 3. landesweiten Treffen `96 hat sie sich auf vier gemeinsame Ziele geeinigt: Eine neue Verfassung, eine neue Regierung, eine neue Wirtschaftsordnung und eine neue Macht. Zur Zeit sieht die FAC/MLN als nächste Aufgabe die weitere Klärung darüber, was das konkret heißen muß für den Aufbau einer nationalen Befreiungsbewegung. Die FAC/MLN hat viele internationale Kontakte und daraus die Erfahrung gewonnen, daß sich auch viele andere Länder im Würgegriff der sogenannten Globalisierung befinden. Deshalb ist sie sehr interessiert an der Idee eines internationalen Kampfbundes für die Befreiung.

Während unseres Aufenthaltes hatten wir Gelegenheit, Eindrücke aus verschiedenen Bereichen der mexikanischen Gesellschaft und des Widerstandes zu bekommen:

In Oaxaca lernten wir Frauen und Kinder kennen, die seit über einem Jahr unter schwierigsten Bedingungen eine Mahnwache und andere Aktivitäten organisieren, um ihre verhafteten Familienangehörigen freizubekommen. In Chiapas konnten wir ein "illegales" Dorf besuchen, dessen Einwohner nicht mehr wie Leibeigene beim Großgrundbesitzer schuften wollten und deshalb ein Stück Land für sich besetzten. In beiden Fällen ist die Ursache des Konfliktes, daß die Landfrage immer noch nicht gelöst ist - schon Anfang des Jahrhunderts war das die Ursache einer Revolution. Jeder Widerstand dagegen rührt am Lebensnerv des Regimes und wird mit ungeheurer Brutalität und Gewalt beantwortet. Aber ein Zitat des damaligen Bauern- und Revolutionshelden Zapata hörten wir öfter:

Lieber aufrecht sterben als auf den Knien leben!

In Puebla konnten wir mit GewerkschafterInnen der Universität und des VW-Werkes sprechen. Der Zugang zur Bildung wird für die breite Masse der Bevölkerung immer weiter erschwert. Ein Gewerkschafter sieht den Grund darin, daß der Staat Bildung als Waffe gegen sich betrachtet. Bei VW kämpfen die KollegInnen gegen weitere Auslagerungen und für eine einheitliche, kämpferische Gewerkschaft. Mittlerweile sind viele VW-KollegInnen bei Sub-Unternehmern zu Löhnen beschäftigt, die unter dem offiziellen Mindestlohn liegen. Beide Gewerkschaften kämpfen um ihre Anerkennung vom Staat und ihre Rechte. Sie sind sehr an Kontakten nach Deutschland interessiert.

In Puebla besuchten wir auch eine Initiative für die ganzheitliche Ausbildung von Kindern und Jugendlichen. Ihnen soll eine Zukunft ohne Hunger, Drogenkonsum und Prostitution zu ermöglicht werden.

In Mexico D.F. hatten wir Gelegenheit, das Büro der Zeitung "Democracia y Revolucion" (DyR) zu besuchen, die uns stolz ihre neue EDV vorführte, die von SI-Spenden angeschafft wurde. Die Zeitung hat die Mitgliedschaft bei SI beantragt und will mithelfen, in Mexico SI aufzubauen.

In Guerrero sprachen wir mit Überlebenden des Massakers der Armee in Aquas Blancas, mit MenschenrechtlerInnen und Angehörigen der Familie Mesino, die bereits auf Einladung von SI in Deutschland waren.

Überall wurden wir mit großer Herzlichkeit und Gastfreundschaft empfangen. Immer wieder wurde betont, daß es nicht nur bei Ihnen schlecht um ihre Lebensbedingungen und um die Menschenrechte bestellt ist, sondern das das Regime in ganz Mexico schuld an der Misere sei.

"Es geht nicht nur um Arbeit, medizinische Versorgung, um Kleidung und Essen - es geht um unsere Würde !"

- das hörten wir immer wieder. Der Gedanke von SI, sich weltweit zusammenzuschließen und sich im Kampf für eine bessere Zukunft gegenseitig zu unterstützen wurde mit großem Interesse aufgenommen.

Wir lernten mehrere konkrete Projekte kennen, die aus Sicht von SI zu unterstützen sind. Die Entscheidung darüber sollte aber bei der FAC/MLN liegen. Nicht nur, weil sie unser Partner vor Ort ist, sondern auch weil sie als Dachverband einen gemeinsamen Weg aller Organisationen für eine befreite Gesellschaft anstrebt. Deshalb will die SI-Gruppe Oldenburg Geld für die Reisekosten zu sammeln, damit ein Gegenbesuch unserer mexikanischen Freunde in Deutschland ermöglicht wird. Gerne würden sie dieses Jahr am Pfingstjugendtreffen in Gelsenkirchen teilnehmen. Dort finden sie die besten Möglichkeiten: Sie können Kontakte mit Menschen aus aller Welt zu knüpfen und sich mit ihnen beraten, wie der Aufbau von SI in Mexico und weltweit voran gebracht werden kann.

Wer das finanziell unterstützen will, kann unter dem Stichwort "Mexico"auf folgendes Konto spenden: Kreissparkasse Ostalb, Kto.-Nr. 110 209 203, BLZ 614 500 50 (auf Wunsch werden Spendenbescheinigungen ausgestellt.)

Die Oldenburger SI-Gruppe lädt außerdem ein zu einem Dia-Abend über die Reise:

Am Donnerstag, den 25.02. um 19.30 Uhr in der Gaststätte "Zur Sonne", Sonnenstr. 50.

C. Sauerland, SI-Gruppe

 

 
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