Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/99      Seite 2
 
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Warum mußte Aamir Ageeb sterben?

Unter diesem Titel dokumentierte die taz am 1.6. ausführlich einen Fall gewaltsamer Abschiebung. Ein Asylbewerber aus dem Sudan wird abgelehnt. Ein Bruder sitzt als politischer Gefangener in Haft, einer ist im Bürgerkrieg gefallen. Verständlicherweise hat der "Abschübling" große Angst vor der gewaltsamen Rückkehr und wehrt sich. Ergebnis: "Fest steht nur, daß der 30jährige noch am Leben war, als ihm BGS-Beamte beim Start den mit einem Helm 'geschützten' Kopf nach unten drückten; als sie ihn wieder aufrichteten, war Ageeb tot."

Die Blöde Frage: "Ist der abgelehnte Asylbewerber aus dem Sudan ein Opfer der deutschen Abschiebepraxis?" kann mit Ja beantwortet werden.

Aamir Ageeb ist ein Ofer der deutschen Abschiebepraxis

Vor den Augen des Flugpersonals und der entsetzten Öffentlichkeit wurde er von BGS-Beamten brutal ermordet. Der Redakteur K.P.Klingelschmitt fragt: "Warum mußte Aamir Ageeb sterben? Ist er tatsächlich ein Opfer der generellen Abschiebepraxis in Deutschland, wie die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl mutmaßt? Geknebelt wird in Deutschland nicht mehr." Nachdem Ende August 1994 der Nigerianer Kola Bankole auf dem Frankfurter Flughafen nach Knebelung und Beruhigungsspritze starb.

Es ist etwas spät, daß die Abschiebepraxis in den Medien gegeißelt und vom Innenministerium Konsequenzen gezogen werden. Schily hätte wissen können, daß schon 4 AsylbewerberInnen auf diese Weise umgekommen sind. In den 5 Jahren vor der Bundestagswahl '98 wurden 150000 Menschen abgeschoben. Die Fälle äußerster Brutalität füllen Aktenordner.

Was sagen die Zeugen? "'Die standen erst einmal unter Schock', beschrieb der geschäftsführende Pfarrer der Seelsorge am Flughafen München, Helmut Leipold, den 'mentalen Zustand' der Crew von Flug LH 558. Den Passagieren habe das Entsetzen über den tod des Afrikaners 'im Gesicht gestanden.'" (taz)

Die beteiligten Beamten müssen vom Dienst suspendiert werden! Es ist an der Zeit, die linke Regierung umfassend über die Asyl"fälle" der vergangenen 16 Jahre zu informieren. Schily hat angekündigt, "alle Abschiebungen, bei denen Widerstand zu erwarten ist", auszusetzen. Damit ist er der erste Innenminister, der überhaupt reagiert. Daß dieser Schritt PDS-Politikerin Petra Pau und anderen nicht weit genug geht, ist verständlich. Zukünftige Tote bei Abschiebungen will er "zu 100 Prozent" vermeiden. Die Gefahr für Leib und Leben des Flüchtlings läßt sich bei keiner Abschiebung vermeiden, weil sie ja eben eine Auslieferung in ein Verfolgerland ist.

Katja v. Viebahn

 

 
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