Oldenburger STACHEL Ausgabe 6/99      Seite 12
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Apell an die Demokratische Öffentlichkeit Europas

Der vorliegende Apell der "Internationale Initiative Freiheit für Abdul Öcalan - Frieden in Kurdistan" und des "Apell von Hannover e.V.", adressiert an die demokratische Öffentlichkeit Europas und ihre Medien, wurde an 900 Nichtregierungs organisationen der Europäischen Union versandt und ist im besonderen gerichtet an das dem Europarat unterstehende "European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment (CTP) in Straßburg.

In der Form einer kriminellen Entführung und gegn internationales Recht verstoßend wurde der Kurdenführer Abdullah Öcalan gewaltsam dem berüchtigten Staatssicherheitsgerichtshof der Türkischen Republik übergeben. In die Hände einer repressiven Einrichtung, die über keines der notwendigen Prädikate einer unabhängigen und rechstaatlichen Justiz verfügt. Die Militärrichter zur Urteilsfindung beschäftigt und der gerade aus diesem Grund vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil vom 9. Juni 1998 die elementaren Vorraussetzung der "erforderlichen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Richter" abgesprochen wurde. Vor einem solchen "Gericht" ist kein "fair Trial" möglich.

In dieser Zeit befindet sich Herr Öcalan nachprüfbarerweise, bestätigt durch das Zeugnis seiner Anwälte, in vollständiger Isolation. Der Zugang zu Tageszeitungen, zu Radio oder zu Fernsehen wird ihm nicht genehmigt, noch werden ihm Bücher gestattet oder die Verfügung und Benutzung über Schreibwerkzeuge, die er benötigt, um sich auf sein Verfahren vorbereiten zu können. Eine unabhängige ärztliche Untersuchung und Betreuung wird ihm verwehrt. Zur gleichen Zeit werden die Verteidiger von Herrn Öcalan einer massiven Bedrohung ausgesetzt, die den Umfang der Gefährdung an Leib und Leben erreicht hat. Eine Unzahl von weiteren systematischen Schikanen hindert sie praktisch daran, ihren Mandanten eine ordentliche und ausreichende rechtliche Hilfe zu gewährlen: Sie können heute nicht einmal mehr den Ort der Gefangenschaft des Herrn Öcalan aufsuchen, da die Gefängnisinsel zum "militärischen Sperrgebiet" erklärt wurde, das von privaten Booten, die den Verteidigern seit neuestem einzig zur Verfügung stehen, nicht mehr angelaufen werden darf.

Schließlich ist die Lage des illegal in die Gewalt des türkischen Staates überführten Abdullah Öcalan durch eine eklatante Verletzung und Mißachtung der "Unschuldsvermu tung" gekennzeichnet, die zu beanspruchen sowohl in der türkischen Strafprozeßordnung wie auch in der Europäischen Menschenrechtser klärung verankert ist. Die türkischen Medien, halbstaatliche Zeitungen, Vertreter der Regierung und vor allem führende Repräsentanten der kürzlich neu gewählten Regierungspartei MHP erklären, fordern und erpressen sowohl die Verurteilung zur Todesstrafe als auch deren zwingende Vollstreckung.

Schon im Vorfeld dieses Verfahrens, in dessen Zentrum ein unter militärischer Kontrolle befindlicher Sondergerichtshof steht, sind alle Vorraussetzungen erfüllt, die auf die Vorbereitung eines illegalen Schauprozesses schließen lassen, dessen Inszenierung durch die Vorverurteilung wie auch durch deren vorausgeplante Vollstreckung in außergerichtliche Hände gelegt wurde.

Das Ereignis einer solchen justiziellen Farce, die lediglich der Tarnung der bereits beschlossenen Hinrichtung einer für die Menschen Kurdistans bedeutsamen Führungspersönlichkeit dient, bedeutet eine Beleidigung und einen Anschlag gegen alle demokratischen Rechtsansichten der europäischen Bürgerinnen und Bürger.

Dabei sollte die große Gefahr nicht übersehen werden, daß nicht nur Kurdinnen und Kurden im Verein mit demokratisch gesinnten Menschen die zu befürchtende schändliche Exekutierung niemals vergessen werden, sondern auch das Europäische Recht unwiderruflich Schaden nehmen würde, wenn sie nicht alles in ihren Kräften stehende unternehmen, um den Verantwortlichen in der Türkischen Republik ein deutliches Veto entgegenzusetzen:

- Um den Angeklagten Abdullah Öcalan die demokratischen Standards entsprechenden Rechte eines politischen Gefangenen zu gewähren,

- Von dem Sondergerichtshof und den politisch entscheidenden Kräften und Instanzen der Türkischen Republik unmißverständlich zu verlangen, kein Todesurteil auszusprechen und mithin auch keines zu vollstrecken,

- Nach Würdigung von Art und Umständen der Entführung Öcalans, der erfolgten Vorverurteilung, der von staatspolitischer Seite aus bereits erfolgten Androhung auf Verkündung und Vollstreckung des Todesurteils. dem Sondergerichtshof die Legitimität auf die Durchführung eines rechtsstaatlichen Verfahrens abzusprechen und die Überführung von Herrn Öcalan an ein unabhängiges europäisches oder ein internationales Gericht zu fordern,

- Schließlich halten wir es für eine bedenkliche Einschränkung der Rechte und der Verteidigungsmöglichkeiten der Menschen Kurdistans, wenn fast auf den Tag zeitgleich mit der Verkündung der abgeschlossenen Anklageschrift gegen Herrn Öcalan, dem kurdischen Fernsehen MED-TV die Sendeerlaubnis entzogen wird.

Die Herausgeber dieses Apells an die demokratische Öffentlichkeit Europas wenden sich daher heute in großer Sorge an die Europäischen Institutionen und im besonderen an den Europarat und sein "Comittee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment" (CPT), um seinen eigenen Prinzipien entsprechend unverzüglich zur Abwendung der Gefahren eines illegitimen Gerichtsverfahrens und im Sinne der Wahrung der Rechte von Hernn Öcalan tätig zu werden.

Wir bitten dringend die demokratischen Bürgerinnen und Bürger Europas sich ihrerseits an das CPT zu wenden, um unseren Erwartungen durch zustimmende Erklärungen Ausdruck zu verleihen:

Secretariat of the CPT, Human Rights Building, Council of Europe, F-67075 Strasbourg Cedex, Tel.:0033388412388, Fax:0033388412772, E-mail: cptdoc at coe.fr

Proteste gegen die Schließung des kurdischen Fernsehsenders MED-TV bitte an:

ITC, 33 Foley Street, London W1P 7LB, Tel.:00441712553000, Fax 00441713067800

Internationale Initiative Freiheit für Abdul Öcalan - Frieden in Kurdistan und Apell von Hannover e.V.

 

 
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