Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/99      Seite 15
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Höhere Mathematik und ausführliche Antworten

Die treuen Stachel-LerserInnen werden sich sicher noch an Käthe Nebels Bericht über die Ereignisse in Ahaus und ihren Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid wegen Schienenblockierens erinnern. Nach diesem Einspruch hat der zuständige Amtsrichter eine Strafe von 50,- DM festgesetzt. Wer jedoch nun denkt, eine Strafe von 50,- DM würde bedeuteten, mensch habe eben diese 50,- DM zu zahlen wird hier eines besseren (?) belehrt. Die Rechnung, die Käthe Nebel von der Staatsanwaltschaft Münster in´s Haus flatterte, lautete über 50,- DM Bußgeld, 50,- DM "Gebühr für die 1. Instanz ohne Strafbefehl" und 33,- DM für "Auslagen für förmliche Zustellung(en)". Käthe hat daraufhin folgendes Schreiben aufgesetzt:

"An die Staatsanwaltschaft Münster

Sehr geehrte Damen und Herren,

am 20.3.98 habe ich zusammen mit anderen Demonstranten auf den Schienen in Ahaus gesessen, um die Castoren vorm Zwischenlager aufzuhalten.

Frauen und Männer wurden festgenommen und in Bussen zu Gefangenensammelstellen gebracht. Ich wurde zusammen mit anderen nach Rheine gebracht und dort bis zum nächsten Morgen eingesperrt.

Ende Mai 98 wurde bekannt, daß die Castoren vom 20.3.98 in Ahaus über den erlaubten Grenzwert hinaus strahlten. Ich frage mich : sind die dafür verantwortlichen eigentlich bestraft worden ??

Am 3.5.99 erhielt ich vom Amtsgericht Borken einen "Beschluß":

Herr Amtsrichter döring teilte mir darin mit, daß ich wegen Ordnungswidrigkeit eine Geldbuße in Höhe von DM 50,- zahlen müsse.

Nun kommt Ihre Rechnung über DM 133,-! Das finde ich gemein!

Herr Döring hatte mir doch DM 50,- angekündigt !

Warum hat mir Herr Döring denn nicht gleich mitgeteilt, daß ich DM 133,- bezahlen muß? Ich als Laie habe keine Ahnung, aufgrund welcher Paragraphen und Bestimmungen Sie aus 50,- DM 133,-DM machen können! Falls das überhaupt erlaubt ist.

Ich fühle mich hinters Licht geführt! Darum überweise ich Ihnen heute DM 50,-.

Und was ich auch total nicht in Ordnung finde und wofür es bis jetzt noch keine Erklärung gibt: Es saßen Frauen und Männer auf den Schienen, Frauen und Männer wurden auch festgenommen, in Bussen nach Rheine transportiert und dort getrennt eingesperrt. Das Verfahren gegen die Männer wurde straflos eingestellt, aber wir Frauen werden bestraft! Das ist doch unvorstellbar! Wir sind doch ein Rechtsstaat mit gleichem Recht für alle !.

Mit freundlichem Gruß, K. Nebel."

Tja liebeR LeserIn, jetzt nimm dir mal ´nen Moment Zeit und versuche zu raten, mit wievielen Sätzen die Staatsanwaltschaft diesen Brief beantwortet hat und ob es ihr gelingt, die aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Na ?

Hier die Antwort der Staatsanwaltschaft zum Selbernachschauen:

"Sehr geehrte Frau Nebel!

Auf Ihr Schreiben vom 16.6.99 teile ich Ihnen mitdaß tatsächlich nur eine Buße von 50,00 DM gegen Sie festgesetzt worden ist. Bei dem weiter geltend gemachten Betrag von 83,00 DM handelt es sich um Kosten, die in dem Gerichtsverfahren entstanden sind. Falls Sie zur sofortigen Zahlung nicht in der Lage sind, können Sie einen Ratenzahlungsantrag stellen. Hochachtungsvoll ..."

Was überrascht uns hierbei ? Das die deutschenGerichte tatsächlich in der Lage sind, ihre Kosten auf vollen DM-Betrag ohne Nachkommastellen zu berechnen. Sonst nichts.

Käthe Nebel hat beschlossen, ihre Korrespondenz mit der Staatsanwaltschaft einzustellen, nicht zu zahlen und abzuwarten was passiert.

Hilko

 

 
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