Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/99      Seite 5
 
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Die Stimmung ist mies...

... bei denen, die eine Veränderung wagen wollten. Eine satte Mehrheit hatten Schröder und Fischer gegen Kohl zusammengebracht. Weg ist sie - ein paar Monate Regieren für Herrn Piech und Preußenelektra, Sparprojekte auf Kosten der Kleinen und finanziell Schwachen, kein Funke von sozialer Gerechtigkeit und Verantwortung der Reichen, der Sprengsatz der bedingungslosen Kriegspolitik, den der Außenminister in seine Partei warf - die Hoffnung ist hin, daß Rotgrün mehr als eine bessere CDU sein könnte. So blieben ihre WählerInnen bei der Europawahl zu Hause oder kreuzten gleich wieder das Original an.

Wenn aber schon mit diesen Parteien nichts zu erreichen ist, wie dann? Warteten anfangs viele Initiativen ab, was von den Versprechen nun Realität werden würde, so macht sich jetzt Resignation breit. Ein Aufschrei der Empörung angesichts der geringen Halbwertszeit der Wahlprogramme? Mitnichten. Den Menschen bleibt eher die Luft weg angesichts der immer heftigeren Zumutungen.

In dieser Situation gewinnt die Gegenseite Oberwasser. Inhaltlich kann sie der Regierung wenig am Zeug flicken, wird doch genau ihre Politik gemacht. So verlegte sich die CDU dann auf den Appell an die niedrigsten Instinkte der Fremdenfeindlichkeit - mit Erfolg. Doch empört ist der Schäuble schon, wenn der Eichel ein Sparprogramm auf den Tisch legt, das CDU/FDP in ihren kühnsten Träumen nicht vorgeschlagen hätten; denn damals wären sie von Opposition und Gewerkschaften dafür in der Luft zerrissen worden.

Alle reden vom Börsenkurs...

Diesen Protest gibt es heute nicht mehr. Und wenn die Regierung Umweltschutz dem Industrie- und Autostandort Deutschland opfert, wird im Parlament außer vielleicht der PDS niemand meckern. Schlechte Zeiten, das Klima zu retten. Die Regierung Kohl hatte sich in Rio noch verpflichtet, den Ausstoß der Treibhausgase zu reduzieren. Dies ist im Wesentlichen Kohlendioxid, das zum großen Teil durch den Autoverkehr entsteht. Doch statt zu sinken, nimmt der Ausstoß dieses Gases kontinuierlich zu. Es droht eine Klimaveränderung, die durchaus das Ausmaß einer Temperaturschwankung zwischen Eis- und Warmzeit annehmen kann. Doch wen interessiert das? Börsenkurse und kurzfristige Gewinne sind wichtiger. Daß Unternehmer nur den Konkurrenten und ihre Profite im Auge haben, liegt in der Natur ihrer Tätigkeit. Daß Politiker das Nichtstun gegenüber den freien Marktkräften als beste Politik verkaufen, grenzt jedoch an Selbstaufgabe.

... wir auch

Wie im Großen, so im Kleinen. Die große SPD/CDU-Koalition hat es in Bremen vorgemacht, was es heißt, Reklame für eine autofreundliche Stadt zu machen - mit großem (Wahl-)Erfolg, der sich in Medienkommentaren und Landtagswahlergebnissen widerspiegelte. Es gibt nämlich eine stille, noch größere Koalition: die der Autoindustrie mit dem Handel und den Millionen AutonutzerInnen, denen kurzfristige Gewinne, Vorteile, Annehmlichkeiten und Bequemlichkeiten der Autonutzung wichtiger sind als der Gedanke, daß sie dafür fleißig Landschaft und Zukunft ihrer Kinder verbrauchen.

achim


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