Oldenburger STACHEL Ausgabe 10/99      Seite 3
 
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Auf dem Strommarkt tobt der Preiskampf

Zählt nur der Strompreis?

Auf dem Strommarkt tobt der Preiskampf. Seit der Liberalisierung desStrommarktes in Deutschland im letzten Jahr verändert er sichrapide. Waren bisher feste Gebietsmonopole den Energieversorgernzugeordnet, so dürfen sie jetzt überallhin verkaufen. Im Bereich derGroßverbraucher bei Industrie und Gewerbe hat sich dieser Wettbewerbbereits in massiven Preissenkungen niedergeschlagen. War das von derÖffentlichkeit weitestgehend unbemerkt geschehen, so entbrennt jetztder Kampf um die Privathaushalte. Kein Tag ohne neuePreissenkungsankündigung und die Werbung ist mit mehr Strom als mitAutos gefüllt. Dabei geht es ausschließlich um den Preis für die WareStrom; die vielgepriesenen Dienstleistungen um die Ware herum tauchenkaum auf. Und ganz unten durch fällt die ökologische Bewertung vonStrom.

Die Erzeugung zählt

Ist das Produkt Strom an der Steckdose tatsächlich nichtunterscheidbar, so hängt seine ökologische Bewertung von der Erzeugungab. Nach den Vorstellungen der Billigstromanbieter halten wiederlängst überwunden geglaubte Umweltschädiger Einzug in die deutscheEnergieversorgung, sei es in Form des französischen Atomstromes oderdurch die weder entstickten noch entschwefelten KohlekraftwerkeOsteuropas. Und auch der Bezug von Strom aus Tschernobyl ist vomBayernwerk beabsichtigt. Das ist um so interessanter als mit demZusammenschluß der Konzernmütter VEBA und VIAG auch das EWE-Netzdemnächst mit Tschernobylstrom versorgt werden könnte

.Daß Strom nach seinen ökologischen und damit wahren Kosten wesentlichteurer werden müßte, interessiert in dieser Goldgräberstimmung derLiberalisierung nur die wenigsten.

Mit dem Preisverfall nimmt auch das Interesse am Stromsparen ab. Inder Industrie ist das bereits zu merken und im Privathaushalt wird eszunehmend schwerer werden, den Menschen den Vorteil von stromsparendenaber teureren Geräten zu vermitteln.

ÖkoStrom für alle

Mit der Freigabe der Gebietsmonopole sind jedoch auch Anbieter einerumweltverträglicheren Stromerzeugung angetreten. Neben denTochterfirmen der alten Energiemonopolisten gibt es Firmen, die denStrom aus den von ihnen errichteten Sonnen, Wasser- oderWindkraftwerken direkt verkaufen wollen. Hinzu kommen Firmen, diesich als reine Händler zwischen ökologischen Stromerzeugern undumweltbewußten Kunden betätigen. Jedoch haben bundesweit erst 4000Haushalte den Weg zum Öko-Strom gefunden. 1000 allein zum MarktführerNaturstrom AG in Düsseldorf. Diese verkauft zudem nur Strom aus neuenAnlagen, die mit der gesetzlichen Einspeisevergütung alleine nichtbetrieben werden können. Ganz das Gegenteil macht das Bayernwerk, dasStrom aus bestehenden Wasserkraftwerken jetzt bundesweit als Öko-Stromanbietet und gleichzeitig wie oben beschrieben Strom ausosteuropäischer Atomkraft einkauft.

Label zur Kennzeichnung von Grünen Strom

Zur Orientierung welcher Öko-Strom auch wirklich öko ist, sind inDeutschland mehrere Label entstanden. Neben dem nicht ernst zunehmenden Label des TÜV und einer Zertifizierungsstruktur, daß dasÖko-Institut entwickelt hat, wird derzeit das interessanteste Labelvom Grüne Strom Label-Verein vergeben. Er hat Richtlinien für dieZertifizierung von Anbietern erstellt, an denen sich die Verbraucherorientieren können. Der Verein wird vom BUND, dem NaBu, Eurosolar undnoch anderen Umweltverbänden getragen. Die eigentliche Zertifizierungwird noch im Oktober beginnen. Leider hat sich Greenpeace nicht diesemVerein angeschlossen und will für seine Aktion Stromwechsel eineigenes Label herausbringen; und das, obwohl mit Prof. Traube an derSpitze des Grüne Strom Label-Vereins eine namhafte Kapazität derAlternativenergieszene für die Qualität bürgt.

Zu hoffen bleibt, daß nicht zu viele Labels entstehen, die dieökologisch orientierten Kunden verunsichert und damit einen Wechselinsgesamt verhindert.

Thomas Myslik

 

 
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