Oldenburger STACHEL Ausgabe 7/00      Seite 3
 
Inhalt dieser Ausgabe
 

Du sollst doch nicht töten

Die Bibel ist in vielen Ländern der Erde eine bedeutende Schrift. Oft wird z.B. ein Eid auf die Bibel abgelegt: "So wahr mir Gott helfe". Doch in der Bergpredigt sagt Jesus: "Wiederum habt ihr gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht falsch schwören, du sollst aber dem Herrn deine Eide erfüllen. Ich aber sage euch: Schwört überhaupt nicht; weder bei dem Himmel, ...; noch bei der Erde, ...; noch bei ... . Es sei aber eure Rede: Ja, ja! Nein, nein! Was aber mehr ist als dieses, ist vom Bösen." Diese Stelle wird von KritikerInnen des neu eingeführten "Treue-Eids" für Ämter in der katholische Kirche angeführt, daß Jesus von den Menschen Wahrhaftigkeit zu jeder Zeit erwartet habe. Deshalb bereits sei der "Treue-Eid" überflüssig. Und die CDU ...?

Du sollst wirklich nicht töten

Im fünften Gebot ist zu lesen: "Du sollst nicht töten". Doch in vielen Ländern wird bewußt, gezielt und organisiert getötet. Gemeint ist hier nicht allein das undemokratische Treiben mafiöser Banden. Auch mit zumindest sogenannten demokratischen Gesetzen legitimiert werden mittels staatlich organisierter Macht durch manche Staaten Menschen gezielt und gewollt vom Leben zum Tode gebracht.

Die sich selbst als die besseren Menschen betrachtenden Kreuzfahrer brachten den Menschen im Nahen Osten in früheren Zeiten das Gruseln bei. Das Mittelalter war zwar nicht finster, doch durch die Kampagnen gegen sogenannte Hexen und (seltener auch) Hexer stark getrübt. Diese blutige Machtpolitik von Kirchenoberen wurde in der jüngeren Vergangenheit durch den Papst im Rahmen einer sehr allgemeinen Entschuldigung gerügt.

Ob der Papst mit seiner Entschuldigung auch den Segen eines katholischen Priesters für die Atombomben gemeint hat, die auf Hiroshima und Nagasaki geworfen wurden, ist unbekannt. Klar ist, daß dieser Priester, Pater Zabelka, sich als Christ verstanden hat. Nun hat er die Bombe nicht selbst geworfen. Doch wer nicht den ersten Stein geworfen hat, sondern "nur" dazu aufrief, ist dieser oder diese ohne Schuld?

Pater Zabelka hat seine Schuld erkannt und in einem eindrucksvollen Schreiben versucht, zu erklären, wie er dazu kam, den Segen für die Bombe zu sprechen. "Man hatte mir gesagt, es wäre nötig", so beschreibt er die "Gehirnwäsche", durch die er bereits während seiner Priesterausbildung gegangen ist. Daß die Militärseelsorge nicht unbedingt als unabhängig zu betrachten ist, ist ja auch in der heutigen BRD zu ahnen. Denn immerhin wird diese direkt aus dem Bundeshaushalt finanziert.

Pater Zabelka war Seelsorger auf der Insel Tinian, dem weltgrößten Militärflughafen während des Weltkrieges. Er berichtet von einem verzweifelten Soldaten, der zu ihm kam und beichtete. Er war dicht über dem Boden geflogen, als er in das Gesicht eines ungläubig nach oben blickenden kleinen Jungen sah. Er wußte, daß es zu spät war, denn er hatte die todbringenden Bomben bereits ausgelöst. Jedesmal, wenn ich an diese Geschichte denke, kommen mir die Tränen. Wer den Text von Pater Zabelka liest, wird verstehen, daß es ihm nicht darum geht, sich von der Schuld zu befreien. Er möchte darauf hinweisen, wie sehr wir Menschen in unseren Alltag verstrickt sind und viel zu oft Unrecht hinnehmen oder gar selbst begehen.

Der Bombenabwurf wird von einigen als notwendig angesehen, "um den Krieg schneller zum Ende zu bringen". Doch heute ist bekannt, daß Japan faktisch den Krieg verloren hatte und außerdem bereits in fast allen Punkten im Rahmen von geheimen Verhandlungen, die über die Vermittlung der Sowjetunion mit den USA geführt wurden, einer bedingungslosen Kapitulation zugestimmt hatte.

Dennoch wurde die Bombe auf Hiroshima geworfen. Bei diesem Massaker fanden über 100.000 Menschen sofort den Tod. Dennoch wurde drei Tage später eine weitere Bombe auf Nagasaki geworfen. Die Zahl der Opfer bewegt sich in der gleichen entsetzlichen Dimension. Die leidvollen Spätfolgen reichen bis in die heutige Zeit.

Doch warum wurde die zweite Bombe innerhalb einer so kurzen Frist noch abgeworfen? Ich weiß hierauf nur eine Antwort: Diese Bombe war anderer technischer Bauart. Beide Bombenabwürfe waren ein gigantischer Waffentest. So waren Hiroshima und Nagasaki Städte, die bislang vom Krieg nicht berührt waren. Es hielten sich viele Flüchtlinge dort auf. Die Bomben wurden auf absolut wehrlose Menschen geworfen. Diese Form staatlich legitimierten Mordens kann deshalb keinesfalls damit begründet werden, die andere Seite habe ja den Krieg begonnen und man habe in Notwehr gehandelt.

Kurz nach der japanischen Kapitulation haben amerikanische Soldaten in beiden zertrümmerten Städten minutiöse Messungen vorgenommen, um das Ausmaß des angerichteten Schadens zu dokumentieren. Viele waren stolz auf den angerichteten Schaden. Der Bomberpilot Tibbit flog noch Jahrzehnte danach jährlich als "krönenden" Abschluß von Verteranentreffen die Kurve des Bombenabwurfs von damals nach. So gerann der vielfache entsetzliche Tod zur Volksfestbelustigung. Andererseits gedenken in Oldenburg und anderen Städten in der BRD am 6.8 sowie am 9.8. der Opfer von Hiroshima und Nagasaki. (siehe unten)

Die zweite Antwort für mich ist: Vermutlich war die seitens der US- amerikanischen Hardliner am meisten beabsichtigte Wirkung die politische: Aller Welt wurde durch diese Bombenabwürfe signalisiert, daß die USA im Besitz der Superwaffe sind. So war der Welt "schlagartig! klar, daß die politische Führung der USA skrupellos genug war (und ist?!), diese auch einzusetzen.

Als Randbemerkung: Die wesentlichen Irrtümer im heutigen Strahlenschutz basieren auf diesen Untersuchungen. Denn beeindruckt von den hohen Strahlendosen wurden später viel zu hohe Grenzwerte festgelegt. Das Phänomen der Niedrigstrahlung und deren Bedeutung für Erkrankungen mit schleichendem Geschehen wurde erst später erkannt. Heute weiß mensch, daß es keine unschädliche radioaktive Strahlungsdosis gibt. Jedoch haben Menschen das Glück, nicht sofort zu erkranken.

Auch heute töten (christliche) Staaten

Seit achtzehn Jahren wird in den USA der afro-amerikanische Journalist Mumia Abu Jamal in der Todeszelle gefangen gehalten. Ihm wird vorgeworfen, er habe einen Polizisten getötet. Sollte dies der Wahrheit entsprechen, muß dies in einem demokratischen Gemeinwesen Folgen haben.

Doch darf das dazu führen, daß Christen ihre Gebote brechen und töten - aus welchem Grund auch immer? Wer weiß die Wahrheit, was damals wirklich geschah? Mumia Abu Jamal beteuert seine Unschuld. Von den Personen, die über ihn den Stab brachen, war niemand bei dem damaligen Geschehen dabei. Doch während des Prozesses gab es viele Ungereimtheiten und Widersprüche.

Nun betreibt der Anwalt von Mumia Abu Jamal die Neuaufnahme des Prozesses. Doch die Chancen hierfür stehen schlecht. Denn jüngst wurden die Rechte von US-amerikanischen BundesrichterInnen eingeschränkt. Der nun über die Neuaufnahme urteilende Richter ist nicht gezwungen, eine Neuaufnahme eines fehlerhaften Prozesses einzuleiten, in dem es im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod geht. Dies muß nur noch zwangsläufig bei ganz herausragenden prozeßualen Fehlern geschehen. Nach der Auffassung der Verteidigung gibt es diese. Docb ob sich diese Betrachtung in einem Staate durchsetzen kann, in dem Politker für die Todesstrafe stimmen, weil sie glauben, dadurch bessere Wahlchancen zu haben? Mumia Abu Jamal wäre nicht das erste Opfer eines Justizirrtums - oder wäre der Begriff Justizmord treffender?

Immerhin sind die meisten Menschen in Todeszellen der USA Schwarze. Nachgewiesen ist, das Schwarze in den USA für das gleiche Vergehen schärfer verurteilt werden als Weiße. Doch Mumia Abu Jamal hat es gewagt, als Journalist kritische Zeilen zu verfassen und die Obrigkeit zu kritisieren. Soll hier in Wirklichkeit eine kritische Stimme mundtot gemacht werden? Mumia Abu Jamal wird von amnesty international als politischer Gefangener betrachtet.

Mumia Abu Jamal betrachtet den Prozeß selbst mit der größten Besorgnis. So äußerte er die Befürchtung, daß die internationale Solidaritätsbewegung erlahmen könne aufgrund der irrigen Annahme, ihn würde schon niemand umbringen, da er so bekannt ist. Wenn er möglicherweise umgebracht werden sollte, darf ein Priester anwesend sein.

Gary Graham trennten nur Stunden von der Möglichkeit, einen Aufschub zu erfahren. Auch in seinem Verfahren hat es Verfahrensfehler gegeben. Die Beweislage war sehr unsicher. Damit er keinen Aufschub nicht mehr bekommen konnte, wurde er besonders zügig um sein Leben gebracht. In seinem Fall war lediglich eine Belastungszeugin vorhanden - dabei sagte bereits Mose, daß so etwas nicht für die Tötung eines Menschen reichen kann und darf. (Vgl. Anhang.) Um Gary Graham vor der der Ermordung durch die Staatsgewalt zu retten, hätte also das Alte Testament völlig ausgereicht.

Gerold Korbus

Quellen und Kontakte:

http://www.amnesty.de, http://www.mumia.de,

amnesty international - Gruppe Oldenburg

3. Welt-Laden Oldenburg, Auguststraße 50, Tel. 776 777

http://www.stachel.de - Ausgabe 2/1999. Nach der Papierversion bitte im STACHEL fragen.

Gedenk-Veranstaltung zu Hiroshima: Wer sich in irgendeiner Form daran beteiligen möchte, wende sich bitte an den Arbeitskreis Friedenswoche, Telefon 0441,37691 oder an die Ortsgruppe Oldenburg der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen - DFG-VK, Tel.; 04407,424 (Q/Fax).

Auszüge aus der Bibel:

1 Mose 18.25: Fern sei es von dir, so etwas zu tun, den Gerechten mit dem Ungerechten zu töten, so daß der Ungerechte w¤re wie der Gerechte; fern sei es von dir!

2 Mose 20.13: Du sollst nicht töten. -

4 Mose 35.30: Für jeden, der einen Menschen erschlägt, ÄgiltÜ: auf die Aussage von Zeugen soll man den Mörder töten; aber ein einzelner Zeuge kann nicht gegen einen Menschen aussagen, daß er sterben muß.

Sprüche 19.18: Züchtige deinen Sohn, solange ÄnochÜ Hoffnung da ist; aber laß dich nicht dazu hinreißen, ihn zu töten!

Auszug aus der Bergpredigt:

Matthäus 5.21: Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber töten wird, der wird dem Gericht verfallen sein. ...

Mattäus 5.38 Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Auge um Auge und Zahn um Zahn. 39 Ich aber sage euch: Widersteht nicht dem Bösen, sondern wenn jemand dich auf deine rechte Backe schlagen wird, dem biete auch die andere dar; 40 und dem, der mit dir vor Gericht gehen und dein Unterkleid nehmen will, dem laß auch den Mantel. 41 Und wenn jemand dich zwingen wird, eine Meile zu gehen, mit dem geh zwei. 42 Gib dem, der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir borgen will. 43 Ihr habt gehört, daß gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. 44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde, und betet für die, die euch verfolgen, 45 damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist; denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte. 46 Denn wenn ihr liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe? 47 Und wenn ihr allein eure Brüder grüßt, was tut ihr Besonderes? Tun nicht auch die von den Nationen dasselbe?

Römer 13.9: Denn das: "Du sollst nicht ehebrechen, du sollst nicht töten, du sollst nicht stehlen, du sollst nicht begehren', und wenn es ein anderes Gebot ÄgibtÜ, ist es in diesem Wort zusammengefaßt: "Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst'.

 

 
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